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Carles Puigdemont wird nicht wegen Rebellion ausgeliefert. Ein Wendepunkt auch für die anderen Separatisten in Spanien?

6. April 2018 / 19:30 Uhr

Puigdemont-Urteil: Moralischer Sieg für Katalanen, Schlappe für Spaniens Justiz

Die deutsche Regierung unter Angela Merkel (CDU) wollte im Streit um die Unabhängigkeitsbewegung Kataloniens in Spanien nicht vermitteln, schon gar nicht eingreifen. Jetzt hat es Deutschland “unfreiwillig” doch getan, denn das Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein in der Causa “Carles Puigdemont” ist ein großer moralischer Sieg für die Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien.

Auf Tankstelle im Norden Deutschlands festgenommen

Der frühere Regionalpräsident der Katalanen, Carles Puigdemont, wurde am 25. März von der Autobahnpolizei Schleswig-Holstein bei der Einreise aus Dänemark an einer Tankstelle im Norden Deutschlands festgenommen. Grund: Die spanischen Behörden stellten gegen Puigdemont einen europäischen Haftbefehl aus. Nun im Gefängnis, forderten die Spanier die Auslieferung Puigdemonts, vor allem wegen des Tatbestands der Rebellion.

“Rebellion” kein Auslieferungsgrund

Diesem Begehren folgten das Oberlandesgericht Schleswig-Hostein aber nicht. Am Donnerstag dann das überraschende Urteil und die Schlappe für die spanische Justiz: Carles Puigdemont wird freigelassen, zwar unter Auflagen – er muss sich jede Woche bei der Polizei melden und jeden Ortswechsel anzeigen – und einer Kaution von 75.000 Euro hinterlegen, doch die viel wichtigere Entscheidung ist, dass Puigdemont wegen Rebellion nicht nach Spanien ausgeliefert wird.

Urteil mit weitreichenden Folgen

Einzige Möglichkeit, die Hauptfigur der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung, doch noch nach Spanien auszuliefern, wäre das Delikt der Veruntreuung spanischen Vermögens. Aber auch da kann Puigdemont Einspruch erheben.

Das Urteil in Deutschland hat aber weitreichende Folgen. Carles Puigdemont kann jetzt auch in Spanien nicht mehr wegen Rebellion angeklagt werden. Auf “Rebellion” stehen in Spanien bis zu 30 Jahre Gefängnis, der Vorwurf der Untreue wiegt weit weniger schwer, hier drohen bei einer Verurteilung bis zu acht Jahre Haft.

Wendepunkt im Strafverfahren gegen Separatisten

Außerdem könnte das deutsche Gericht mit seinem Urteil einen Wendepunkt im Strafverfahren gegen die separatistische Führungsriege bedeuten. Zeit-Online zitiert dazu den Verfahrensrechtler Jordi Nieva von der Universität Barcelona:

Das ist ein sehr korrektes Urteil, das den obersten spanischen Gerichtshof desautorisiert.

Die Causa falle damit komplett in sich zusammen. Man könne nun schlecht die anderen Politiker, die in Spanien in Untersuchungshaft sitzen, wegen Rebellion richten, dem Chef aber nur wegen eines geringeren Deliktes den Prozess machen. “Ich bin der Auffassung, dass nun auch die anderen Politiker aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen”, so Nieva.

Rebellion sehe im spanischen Strafrecht die Anwendung oder Androhung von Gewalt vor – und die habe es laut Nieva im heißen katalanischen Herbst so nicht explizit gegeben.

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