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Am 21. Oktober wird der neue Landtag in Südtirol gewählt. Laut Umfragen muss die regierende Volkspartei mit deutlichen Verlusten rechnen (Symbolbild: Laurin-Brunnen in Bozen).

5. Oktober 2018 / 13:25 Uhr

Landtagswahl in Südtirol: Am 21. Oktober stellen sich 14 Listen den Wählern – ein Überblick

In Südtirol herrscht Wahlkampf. Am 21. Oktober wird der neue Landtag gewählt. Der Wahlkampf verläuft ruhig und die Fronten sind abgesteckt – wie eh und je.

Partei “CasaPound” will Südtirol säubern – von wem?

Einen kurzen Aufreger gab es um das Wahlplakat der neofaschistischen Partei “CasaPound”, laut Eigendefinition die “Faschisten des dritten Jahrtausends”. Auf dem Plakat prangt in der Mitte das Parteilogo, darüber ist die Südtiroler Landesregierung, und darunter sind afrikanische Männer abgebildet. Bei den Köpfen der Landesregierung steht die italienische Aufschrift: “Ripulire l Alto Adige”, bei den Einwandererköpfen das gleiche auf Deutsch: “Südtirol säubern”. Die Botschaft ist durchdacht und mehrgleisig: Das Land von den jetzigen Politikern und ihrer Politik säubern, das Land von Ausländern säubern. Das Plakat lässt aber auch noch anders lesen: Alto Adige von den Deutschen säubern. Dass diese Interpretation nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigen die Vertreter der Partei selbst: Sie positionierten sich mit diesem Plakat vor einem Tirol-patriotisch dekorierten Haus im Passeiertal.

Die CasaPound tritt zum ersten Mal bei einer Landtagswahl in Südtirol an. In der Stadt Bozen sind die italienischen Neofaschisten seit Jahren sehr aktiv und erfolgreich. So verfügen sie über drei Sitze im Bozener Gemeinderat und über einen vierten auf einer anderen Rechtsliste. Ob der CasaPound der Sprung in den Landtag gelingt, ist nicht ausgeschlossen, muss aber nicht gelingen. Es gibt ausreichend gemäßigtere, seriösere Angebote auf italienischer Seite. Wenn, dann punkten die “Neofaschisten des dritten Jahrtausends” im Milieu der “linken Rechten”, die es in Bozen in der faschistischen Arbeiterschaft immer gab. Die besser situierten werden Urzi, Biancofiore und vor allem der Lega zuneigen.

Lega auf Stimmenfang der italienischen Rechtsstimmen

Die italienische Wählerschaft ist mehrheitlich rechts (das hat Tradition), und entscheidend ist letztlich, was die Italiener in der Stadt Bozen wollen. Auf der italienischen Rechten bieten sich vier Listen an, wobei die Lega zweifelsohne zur stärksten italienischen Kraft aufsteigen wird. Laut Umfrage dürfte sie zwei Landtagsmandate erringen.

Ihr trauen die italienischen Nationalisten (und das ist im Zweifelsfall die eindeutige Mehrheit der italienischen Rechtswähler) zwar nicht über den Weg, allerdings regiert sie in Rom und leistet zu manchen Themen wie der Einwanderung gute Arbeit. Und in Bozen könnte sie wiederum schaffen, was bisher keine italienische Rechtspartei schaffte, nämlich den Sprung in die Landesregierung. Um diese Stimmen abzuholen, hat sich die Lega brav gegen die angestammte österreichische Staatsbürgerschaft für die Südtiroler ausgesprochen. Das wollen die italienischen Wähler hören, obwohl es sie gar nicht betrifft. Sie denken aber, nicht zu Unrecht, sofort und immer an die Brennergrenze.

Alessandro Urzis Liste im Rennen

Daneben kandidiert Alessandro Urzi. Seine Familie kam im Zuge des faschistischen Kolonialisationsprogrammes nach Südtirol, dessen Ziel die Italienisierung des Landes und die Verdrängung der Südtiroler war. Sein Vater schrieb in jungen Jahren Treueschwüre auf Benito Mussolini und wurde dann – und das sagt alles über das Verhältnis Italiens zu Südtirol aus – höchster Staatsvertreter in Südtirol und damit erster Grenzwächter am Brenner. Der Sohn trat geistig in die Fußstapfen von Vater und Großvater und wurde Mitglied der postfaschistischen Partei “Alleanza Nazionale” (AN). Man weiß in der Familie schließlich, wem man die Anwesenheit in Südtirol zu verdanken hat. Urzi kandidiert für seine Liste “Alto Adige nel cuore”, was der ORF völlig sinnwidrig in ein niedliches “Südtirol im Herzen” umdichtete. Mehr Schwindel geht ja kaum noch.

Mit Urzi kandidieren die “Fratelli d Italia” von Giorgia Meloni, die kleine Rechtspartei als letzter Rest der einstigen neofaschistischen Partei “MSI” bzw. deren Nachfolgepartei “Alleanza Nazionale”. Weiters wirbt noch Forza Italia der notorischen Südtirol-Hasserin Michela Biancofiore um die Gunst der italienischen Wähler. Sie selbst sitzt im römischen Parlament und lässt andere kandidieren.

Angebote für linke Italiener

Auf der italienischen linken Seite stellen sich Partito Democratico (PD), Die Linke, ein christdemokratischer Miniableger sowie die Fünf-Sterne-Bewegung der Wahl. Sie werden wohl nur Ein-Mann-Fraktionen im neuen Landtag stellen können. Wer das Los zieht, lässt sich schwerlich vorhersagen, das könnte im Kommabereich entschieden werden.

Klar ethnisches Parteienspektrum

Das Parteienspektrum in Südtirol bildet die ethnischen Fronten deutlich ab. Die Lega hat keine deutschen Kandidaten, und die Fünf-Sterne-Bewegung ist faktisch wieder eine italienische Partei, seit ihr einstiger einziger Vertreter in Südtirol, Paul Köllensperger, mit einer eigenen, faktisch deutschen Liste den Wiedereinzug anstrebt. Gemischt sind wieder einmal nur die Grünen.

Die Südtiroler Volkspartei (SVP) hält derzeit 17 der 35 Mandate im Landtag. Die SVP unter Landeshauptmann Arno Kompatscher muss mit schweren Einbußen in der Wählergunst rechnen. Umfragen sagen nur noch 39 Prozent Zustimmung voraus – nach 45,7 Prozent im Jahr 2013. Davor hatte die SVP sogar die absolute Mehrheit. Die Freiheitlichen kämen laut Umfragen derzeit auf 16 Prozent, die Süd-Tiroler Freiheit auf elf Prozent.

Reizthema österreichische Staatsbürgerschaft

Der Wahlkampf verläuft ruhig. Das spannendste Thema ist damit die Forderung nach Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft für die Südtiroler.

Die Freiheitlichen haben sechs Mandate zu verteidigen, wobei fünf Mandatare erneut kandieren und der neue Landesobmann Andreas Leiter-Reber und der neue Generalsekretär Florian von Ach und andere Neue ins Bozner “Hohe Haus” streben.

Die Süd-Tiroler Freiheit verteidigt vier Mandate. Auf Platz vier kandidiert der promovierte Sprachwissenschaftler Cristian Kollmann, langjähriger Toponomast am Südtiroler Landesarchiv, womit die Süd-Tiroler Freiheit eine intellektuelle Speerspitze in ihren Reihen anbieten kann.

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