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Auf Terroristenjagd mit US-Militärdrohnen: Ein ehemaliger “Special Forces”-Soldat erzählt seine Geschichte.

30. Jänner 2019 / 08:28 Uhr

Buchrezension: Wie die US-Army mit Drohnen den IS in die Flucht geschlagen hat

Brett Velicovich war ein typischer amerikanischer Jugendlicher, aufgewachsenen in dem texanischen Nest Katy, dort in die Schule gegangen und schließlich am College in Houston gelandet, wo er brav lernte, Partys feierte, Drogen- und Alkoholkonsum frönte und Mädchen nachstieg. Schließlich wollte er später einmal Aktienhändler, Finanzdienstleister oder Anwalt werden, genauso wie auch seine Freunde. Bis zum 11. September 2001.

Hausbackenes Weltbild bekommt erste Risse

Die Zerstörung des World Trade Centers in New York durch zwei entführte Flugzeuge verpasste seiner bisher heilen Welt erste Risse, und er begann, sich in Bibliotheken über Terrorismus und seine Ursachen und Protagonisten zu informieren. Immer öfter sagte er deshalb Partys ab, brach sein Studium ab – und meldete sich schließlich, zum völligen Unverständnis bei Familie und Freunden, freiwillig zur US-Army.

Zur Armee statt ins College

Er wollte etwas tun, um sein Land gegen feige mordende Terroristen zu verteidigen. Und er bekam reichlich Gelegenheit dazu. Nach der üblichen Grundausbildung meldete er sich für nachrichtendienstliche Tätigkeiten und zeigte dort großes Talent. Nach einem ersten scharfen Einsatz im Irak trat man seitens der “Special Forces” an ihn heran und offerierte ihm die Ausbildung als Techniker an einer damals noch ganz jungen Superwaffe: den Drohnen.

Militär-Drohnen sind ein wenig anders

Wir Zivilisten kennen Drohnen als relativ kleine, surrende Plastik-Hubschrauber mit vier Propellern aus dem Baumarkt, mit denen wir spielen, über Dächer fliegen und Nachbarn nerven können. Amerikanische Kriegsdrohnen hingegen kosten pro Stück Millionen von Dollars, sind so groß wie Flugzeuge (14 Meter Spannweite, acht Meter Länge), können mehr als 20 Stunden in der Luft bleiben, dabei viele hundert Kilometer zurücklegen und sind mit allerneuester Technologie bestückt, etwa hochsensiblen Infrarot-Kameras, die auch bei Nacht gestochen scharfe Bilder liefern. Je nach Modell haben sie auch die berüchtigten “Hellfire”-Raketen oder Bomben dabei, mit denen sie bei Bedarf jedes Ziel präzise ausschalten können, ohne dass auch nur ein Soldat am Boden sein Leben riskiert.

Erstmals Einblicke in die geheimen Strukturen des Terrors

Und Ziele gab es ab 2005 genug im Mittleren Osten, wo sich gerade der sogenannte “Islamische Staat” (IS) zunächst im Irak und später auch in Syrien ausbreitete. Diese Terroristen operierten äußerst skrupellos, ohne Rücksicht auf Zivilisten und extrem gut vernetzt. Die Nachrichten-Übermittlung erfolgte oft über geheime Kuriere, die sich mehrmals ablösten, bevor sie ihr Ziel erreichten. Kam nur einer der Boten zum Treffpunkt zu spät oder gar nicht, wurde die ganze Kette aufgelöst und neu installiert. Die Drohnen gaben den US-Soldaten erstmals Gelegenheit, ihre bisher kaum zu lokalisierenden Ziele buchstäblich am linken Fuß zu treffen: weil der Feind, den sie nun Tag und Nacht bis in die entlegensten Gebiete überwachen konnten, sie einfach nicht sah und sich in Sicherheit wähnte.

Das Anti-Terror-Netz wird immer dichter

Velicovich schildert, wie ihn die neue Art der Kriegsführung immer stärker in ihren Bann zog. Zunächst ging es um Informationsbeschaffung durch Kontaktleute und/oder Gefangene. War ein Verdächtiger erst einmal lokalisiert, wurden er und sein Fahrzeug in jeder Lebenslage von oben überwacht, ohne dass er das in den meisten Fällen mitbekam. Die größeren Drohnen haben eine Einsatzhöhe von mehreren hundert Metern und liefern trotzdem gestochen scharfe Bilder.

Keine Gnade für erkannte Terroristen: gefangennehmen oder töten

In der sogenannten “Box”, einem fensterlosen Bunker, in den jede Menge an Technik und Bildschirmen gestopft ist, sitzen Tag und Nacht die Spezialisten und verfolgen ihre Ziele, gestützt auf ständig wachsende Tabellen mit Listen Verdächtiger, deren Standorten, Fahrzeugen, Versorgung und potentiellen Einsatzorten. Bei Gefahr eines Anschlages oder eines konspirativen Treffens mit gesuchten Terroristenführern wird das Ziel mittels Laserstrahl von der Drohne aus fixiert und dann per Hubschrauber oder Humvee eine Einheit von “Operators” herangeführt, meist bewährte Navy-SEAL- oder Ranger-Teams. Die machen dann kurzen Prozess, landen punktgenau am Ziel, nehmen Verdächtige gefangen und bringen sie zum Verhör. Gelingt das nicht, werden die Zielpersonen getötet, entweder vom Operators-Team oder schon vorher durch eine “Hellfire”-Rakete.

Cyber-Krieg kennt keinen Tag und keine Nacht

Velicovich beschreibt anschaulich, wie ihn diese neue Art der Kriegführung immer mehr in ihren Bann zieht, wie Tag und Nacht im ewig dunklen Bunker immer mehr verschwimmen, er nur noch sporadisch irgendwann ein paar Stunden schläft, sich fast nur noch von Energy-Drinks und Fast-Food ernährt, sich kaum noch wäscht, immer abgemagert – aber dennoch einer der erfolgreichsten und hochdekoriertesten Terroristenjäger wird.

Schwere Rückkehr ins Zivilleben

Daheim hält er es nach seiner Rückkehr kaum aus, seine langjährige Beziehung geht kaputt, und erst nach einer langen, qualvollen Phase der Selbsterkenntnis und mit einer neuen Frau an seiner Seite findet er ins Leben zurück. Heute hat er sein eigenes Drohnen-Unternehmen und unterstützt afrikanische Tierschützer und Reservate im Kampf gegen Wilderer.

Digitalisierung kann Menschen nicht ganz ersetzen

Ein wirklich spannendes und informatives Werk über die Digitalisierung, die längst auch in der Kriegstechnologie Einzug gehalten hat. Trotz aller Erfolge damit sind es aber nach wie vor noch die Bodentruppen, die die Erkentnisse der Drohnenkrieger umsetzen müssen und dabei ihr Leben riskieren. Weil gerade Terroristengruppen wie der IS oder die Taliban sich in der Regel gut getarnt inmitten der Bevölkerung verstecken oder diese in Geiselhaft nehmen.

Brett Velicovich/Christopher S. Stewart. Drohnen-Krieger – Ein Elitesoldat enthüllt die Geheimnisse der neuen Art der Kriegsführung. Das Buch ist um 20,60 Euro über die Buchhandlung Stöhr zu beziehen.

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