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Othmar Karas wird für die ÖVP zu einem Problem. Bei einer Wahlkonfrontation auf Puls 4 überzeugte er nicht genug und kam nur auf Platz 3.

29. April 2019 / 11:57 Uhr

Das Problem mit Karas bei der EU-Wahl: Landet die ÖVP auf Platz 3?

Während Othmar Karas auf Platz 3 mit 23 Prozent abgeschlagen hinter der SPÖ landete, konnte die FPÖ mit Harald Vilimsky 31 Prozent von 500 ausgewählten Zusehern überzeugen. Dieses Ergebnis der TV-Konfrontationen bei Puls 4 anlässlich der EU-Wahl hat sicher die meisten überrascht. Wenngleich dieses Ergebnis nicht 1:1 umgelegt werden muss, es ist jedenfalls ein Warnschuss für die ÖVP. Die Türkisen oder Schwarzen – so genau weiß man das nicht – brauchen nicht denken, dass die EU-Wahl eine “gmahde Wiesn” wird. Warum Karas diesmal mehr Problem als Nutzen ist, soll nun analysiert werden.

Kommentar von Unzensurix

Karas ist zwar sicherlich jener Kandidat, der am längsten in Brüssel sitzt und auch am öftesten für EU-Wahlen kandidiert hat. Vor fünf Jahren war Karas auch ÖVP-Spitzenkandidat und war somit auch Wahlsieger. Die ÖVP hat damals zwar gewonnen, aber nicht wegen Karas, sondern eher trotz Karas. Aus mehreren Gründen wird es der ÖVP bei diesem Wahlkampf anders ergehen.

Karas ist weder Zugpferd noch Sympathieträger

Es gibt zahlreiche Fernsehkonfrontationen, das Interesse an der EU-Wahl ist heuer höher als zuletzt, auch medial. Karas ist nicht jemand, der vor laufender Kamera die Massen bewegt. Er ist eher das Gegenteil von dem, was man als Zugspferd oder Sympathieträger bezeichnet. Karas wirkt eher wie jemand, der die offene Konfrontation scheut, wie der Teufel das Weihwasser. Ein Vergleich, der gerade bei Karas skurril ist, da der ÖVPler in seiner Sprache und Optik wie ein Pfarrer wirkt oder wie ein abgehobener Lehrer, der sprichwörtlich die Weisheit mit Löffeln gefressen hat. Das kommt beim Publikum nicht gut an.

Karas nicht auf ÖVP-Linie

Hinzu kommt, dass Karas – sofern er überhaupt in einer breiten Öffentlichkeit bekannt und wahrgenommen wurde – eine Linie fährt, die von einer klaren Mehrheit abgelehnt wird. Karas kritisierte die Absage der Bundesregierung am UN-Migrationspakt. Karas kritisierte das Aus für die Lehre von Asylwerbern. Karas steht für mehr Zentralismus in der EU. Karas bezeichnete die Indexierung der österreichischen Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder (für Staaten wie Rumänien bedeutet das eine drastische Anpassung nach unten an die dortige Kaufkraft) als diskriminierend. Karas wird im EU-Wahlkampf höchstwahrscheinlich nicht in Verlegenheit kommen müssen, Stellung darüber beziehen zu müssen, dass nämlich jene EU-Verordnung, die regelt, dass Familienleistungen ins Ausland bezahlt werden müssen, diskriminierend sei. Die Regelung sieht auch vor, dass ein Staat in einen anderen Staat seine volle Familienleistung überweisen muss, aber der andere Staat, in dem auch das Kind lebt, KEINE Leistung bezahlen muss. Auch gibt es Staaten, die einkommensabhängige Familienleistungen haben. Verdienen Eltern zuviel, erhalten sie kein Geld. Arbeitet ein Elternteil aber in einem anderen Mitgliedsstaat, der ein höheres Einkommen oder keine Einkommensgrenzen vorsieht, so erhalten solche Eltern sehr wohl eine Leistung. Somit werden auch hier Familien diskriminiert.

Gegensätze in der ÖVP

Wie auch immer. Bei der ÖVP werden erste Schwachstellen deutlich. Karas steht für einen Kurs, der selbst ÖVP-intern nicht populär ist. Da nützt es auch nicht, dass quasi als Nummer 2 Karoline Edtstadler steht. Sie ist einer breiten Öffentlichkeit nicht bekannt. Und selbst jene, die sie kennen, werden sie wohl als einen Gegenpart oder “Aufpasser” zu Karas bewerten. Und das kann parteiintern nie gut sein. Gegensätze ziehen sich nicht immer an.

Das nächste Problem der ÖVP ist Harald Vilimsky. Der freiheitliche Politiker ist zwar erst seit fünf Jahren auf EU-Ebene tätig. Allerdings ist ihm in dieser Zeit viel gelungen. So etwa ist auch Vilimsky einer der treibenden Kräfte, die zu einer patriotischen Allianz auf EU-Ebene geführt haben. Und diesmal geht es wirklich darum, eine Wende in der EU einzuleiten. Die EU-Bürger sind europaweit unzufrieden. Es mehren sich die EU-kritischen Kräfte. EU-Kommission als auch Parlament werden nach der Wahl komplett anders aussehen.

FPÖ hat Alleinstellungsmerkmal

Vilimsky ist auch dafür bekannt, dass er politisch einstecken und noch besser austeilen kann. Rhetorisch und inhaltlich ist er sattelfest. Bei der EU-Wahl hat die FPÖ auch ein klares Alleinstellungsmerkmal. Auf der einen Seite stehen jene, die mehr EU wollen. Und auf der anderen Seite stehen jene, die mehr Österreich wollen. Die FPÖ hat keine Konkurrenz im Wählerspektrum, es gibt durchaus das Potenzial sämtliche EU-kritische Stimmen abzuholen.

Die FPÖ mobilisiert kräftig. Die ÖVP mit Karas allerdings hat eben kein Zugpferd. Nicht einmal Sebastian Kurz könnte Karas helfen, da sie inhaltlich, wie bereits beschrieben, in vielen Punkten nicht auf gleicher Linie sind. Und Vilimsky ist jener, der den Kurs der Regierung vertritt. Es ist jener Kurs, der mehrheitlich freiheitlich geprägt ist. Denn die ÖVP war vor der “Ära Kurz” in vielen Themen anderer Meinung. Um nicht sogar meinen zu wollen, dass die ÖVP Inhalte umsetzt, die sie zuvor als rechtsextrem verunglimpft hat.

Vilimsky könnte wie Norbert Hofer gewinnen

Jedenfalls zeigt das Endergebnis der Konfrontation auf Puls 4, welcher Kandidat am Besten überzeugt hat, und auch, was möglich werden kann. Vilimsky könnte wie einst Norbert Hofer im ersten Wahlgang bei der Bundespräsidentschaftswahl als Sieger hervorgehen. Nur mit dem Unterschied, dass es nur eine Wahl gibt. Karas wiederum muss mit anderen Parteien um die Stimmen des gleichen EU-wohlwollenden Wählerteichs fischen. Die Optik nach der TV-Konfrontation liegt für die Türkisen schief. Dass die ÖVP mit Karas tatsächlich auf Platz 3 abstürzen könnte, ist angesichts der derzeitigen Lage nicht unrealistisch.

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