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Othmar Karas hat seine eigenen, aus dem EU-Budget finanzierten Mitarbeiter für seine private Doktorarbeit eingesetzt.

23. Mai 2019 / 22:04 Uhr

Hat sich ÖVP-EU-Spitzenkandidat Othmar Karas den Doktortitel erschwindelt?

Erneut gerät die Dissertation eines heimischen Spitzenpolitikers ins Zwielicht. Diesmal trifft es niemand geringeren als Othmar Karas, den ÖVP-Spitzenkadidaten für die anstehende EU-Wahl. Nachforschungen haben ergeben, dass Karas seine eigenen Mitarbeiter für Recherchen einsetzte, was zumindest eine fragwürdige Praxis im wissenschaftlichen Betrieb darstellt.

Mitarbeiter leisteten Recherchen für Doktorarbeit

Seit vergangenen Juni ist die 711 Seiten starke Doktorarbeit des ÖVP-Delegationsleiters im EU-Parlament beim Verlag Österreich für stolze 119 Euro erhältlich. Der Titel lautet: “Die europäische Demokratie – Grenzen und Möglichkeiten des Europäischen Parlaments”. Im Begleittext wird die Dissertation unter anderem als “sorgfältig konzipierte politikwissenschaftliche Arbeit” angepriesen. Ob dem tatsächlich so ist, zieht die in Sachen politische Transparenz tätige NGO Transparency International nun in Zweifel.

Denn Karas hat für die durchaus umfangreichen und zeitintensiven Recherchetätigkeiten einer Dissertation kurzerhand seine eigenen, aus dem EU-Budget (!) finanzierten Mitarbeiter abkommandiert. Für deren Beitrag zu seiner Arbeit bedankt sich Karas überdies im Vorwort, konkret für deren “Einsatz bei den Recherchearbeiten, bei der kritischen Prüfung der Texte und der grafischen Gestaltung der Arbeit”.

EU-Gelder für private Bereicherung von Karas?

Der Vorwurf reicht aber nicht nur bis zur fragwürdigen Wissenschaftlichkeit der Arbeit, da offensichtlich bei der Erstellung nachgeholfen wurde, sondern auch hin zur privaten Bereicherung des ÖVP-Politikers mithilfe von EU-Geldern. Denn Karas, so die Kritik von Transparency International, verwendete seine Assistenten in Brüssel und Wien, um etwas voranzutreiben, das klar ein privates Unterfangen ist – umso mehr, als es Einkünfte (119 Euro pro Stück) abwirft. 

Gegenüber der Presse erklärte Karas hingegen, seine Doktorarbeit habe ihm nur Kosten verursacht und keinerlei Geld eingebracht. Bei einer Summe von 119 Euro und diversen Auflagen in Bibliotheken ist diese Aussage jedenfalls schwer zu glauben. Viel eher sei die Arbeit für Karas im Rahmen seiner “politischen Tätigkeit” entstanden und habe zudem einen Mehrwert für das EU-Parlament. 

Auch Universität Wien sieht “zweifelhafte Handlung”

Gemäß Artikel 33 der Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut des Parlaments ist es hinsichtlich der Zulagen für Assistenten so geregelt, dass mit ihnen “unter keinen Umständen Kosten gedeckt werden, die dem Privatbereich des Abgeordneten zuzuordnen sind”. 

Und auch Professor Peter Lieberzeit, Studienpräses der Universität Wien, sieht in dem Vorgehen von Karas eine zumindest zweifelhafte Handlung. Denn bei der Begutachtung einer Dissertation muss klar ausgewiesen sein, wer welchen Anteil daran hatte, immerhin stellt sie keine Kollektivleistung sondern eine Eigenleistung dar.

Nicht der erste Patzer des “Spesenritters” Karas

Es wäre nicht die erste zweifelhafte Situation, in die Othmar Karas gerät. Wie “EU-Rebell” Hans-Perter Martin im EU-Wahlkampf 2004 gemeinerweise aufdeckte, soll Karas Taggelder für EU-Parlamentssitzungen für Tage verrechnet haben, an denen gar keine Sitzungen stattfanden. 1990 musste er den Nationalrat verlassen, weil aufflog, dass er neben seinem Abgeordnetengehalt eine Versehrtenrente bezogen hatte. 1999 wurde der treue Parteisoldat dann ins EU-Parlament weggelobt, wo es ihn bis heute hält.

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