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Das Magazin “Freilich” widmet sich intensiv der Aufarbeitung der Ibiza-Affäre aus freiheitlicher Sicht.

8. Juli 2019 / 16:49 Uhr

Freiheitliche Selbstreflexion nach Ibiza: Es war ein grober Rückschlag, doch die FPÖ lebt

Sind Sie enttäuscht von HC Strache? Hat die FPÖ von den genannten Personen Geld genommen? Wer steckt hinter dem “Ibiza-Video”? Die in den Mainstream-Medien gestellten Fragen – wobei die letztere dort eher unterbelichtet ist – kratzen an der Oberfläche. Das Magazin Freilich forscht in seiner aktuellen Ausgabe tiefer und geht der Frage nach, wie sich die Affäre auf die freiheitliche Psyche ausgewirkt hat. Zwölf Politiker, Wegbegleiter und Unterstützer der Freiheitlichen äußern sich zu “Ibiza”.

Verspekuliert? ÖVP erstmals seit 1986 nicht in der Regierung

Natürlich stehen in den Beiträgen auch die drängenden Fragen im Vordergrund, wer die Hintermänner sein könnten und warum die ÖVP – trotz anfänglicher Zusage – die Koalition nicht fortgesetzt hat.

Reinhard Teufel (NÖ-Landtagsabgeordneter und ehemaliger Kabinettchef im Innenministerium): Dennoch hat die ÖVP die Schwäche des freiheitlichen Regierungspartners missbraucht, um das Innenministerium unter fadenscheinigen Vorwänden wieder schwarz umzufärben. Ich betone: schwarz, denn hinter der freundlichen türkisen Fassade kam die alte schwarze Machtpolitik zum Vorschein. Hier haben sich Sebastian Kurz und seine Berater aber eindeutig verspekuliert.

Norbert Nemeth (Direktor des freiheitlichen Parlamentsklubs): Dass die ÖVP das Innenministerium zur Bedingung gemacht hat, ohne gleichzeitig eine andere parlamentarische Mehrheit in der Hinterhand zu haben, war ebenfalls ein Fehler von historischer Dimension. Erstmals seit 1986 gibt es keine ÖVP-Regierungsbeteiligung mehr.

Wegfall koalitionsbedingter Zwänge macht FPÖ-Position deutlicher

Ebenfalls verschmerzen kann Johannes Hübner, Vorstand des Freiheitlichen Bildungsinstituts und ehemaliger Nationalratsabgeordneter, das Ende der türkis-blauen Zusammenarbeit:

Der Wegfall der koalitionsbedingten Kompromisszwänge bereitet den Weg, das Notwendige wieder deutlich und vernehmbar zu sagen. Ein großer Teil der Bürger versteht, dass nur die FP die von allen anderen Kräften unseres Systems geleugneten, verschwiegenen oder verharmlosten Probleme und Missstände existenzieller Natur anspricht (und zumindest versucht, gegenzusteuern).

Kampf um die Herrschaft über die Begriffe

In dieselbe Kerbe schlägt auch Axel Kassegger, Nationalratsabgeordneter aus der Steiermark, und verlangt zugleich mehr Entschlossenheit im politischen Kampf um die Deutungshoheit:

Auf der Metaebene muss es uns gelingen, die Herrschaft über die Begriffe nicht gänzlich der Linken zu überlassen. Der mittlerweile unerträglichen und schlichtweg falschen De-facto-Gleichsetzung von Begriffen wie freiheitlich, rechts, rechtsextrem, national, burschenschaftlich, totalitär, homophob, ausländerfeindlich, islamophob, reaktionär, faschistisch etc. und der damit einhergehenden De-facto-Kriminalisierung von Menschen muss entschieden entgegengewirkt werden.

Die Marke Strache ist kaputt, die Marke FPÖ lebt

Was die Auswirkungen des Videos – sowohl für die FPÖ als auch für HC Strache – betrifft, wird nichts beschönigt.

Manfred Haimbuchner (Landeshauptmann-Stellvertreter und Obmann der FPÖ-Oberösterreich): Es war ein grober Rückschlag für die konservative und patriotische Kraft, die von der freiheitlich geprägten, ehemaligen Bundesregierung ausging.

Martin Hobek (Landtagsabgeordneter in Wien und Strache-Biograf): Die Marke Strache ist kaputt, aber die FPÖ (nicht zuletzt dank der Person Strache) stark. Kurz ist nicht Schüssel und Ibiza ist nicht Knittelfeld.

Axel Kassegger (Nationalratsabgeordneter aus der Steiermark): Die freiheitliche Idee ist stärker als jede Person, das hat die Bewegung bereits mehrfach bewiesen.

“Tiefer Staat” oder Intervention ausländischer Geheimdienste?

Beängstigend und schockierend sind für einige der Analytiker das Zustandekommen, das Verbreiten und schließlich auch die juristische und mediale Reaktion auf das Video:

Lothar Höbelt (Historiker): Ibiza war zweifelsohne die massivste Intervention ausländischer Dienste, Medien etc., die Österreich seit der Besatzungszeit erlebt hat.

Martin Hobek: Auch in Österreich gibt es Oligarchen, einer hält sich sogar eine Parlamentspartei. Einer von diesen griff jetzt in die Tasche und bediente die Medien.

Christian Seibert (Chefredakteur des Wochenblick): [.] Diese Anhaltspunkte zeigen auf, dass die FPÖ als Regierungspartei vom “Tiefen Staat”, der von öffentlichen Institutionen bis hin zu den Mainstream-Medien reicht, aktiv bekämpft werden sollte.            

Axel Kassegger: Wollen wir zukünftig in einer Welt leben, in der Spitzenpolitiker mit geheimdienstlicher Professionalität in einen Hinterhalt gelockt werden, um dann in vermeintlich intimer Runde Gesagtes ins weltweite Netz zu stellen? Wenn man das zu Ende denkt, wird niemand mehr in die Spitzenpolitik gehen wollen.

Johannes Hübner: Auf die beängstigende Manipulation der politischen Entscheidungen und der demokratischen Abläufe und den Umstand, dass es zehn Tage dauerte, bis die Staatsanwaltschaft endlich beschloss, zumindest “Vorerhebungen” gegen die Hintermänner aufzunehmen, wird im medialen Hauptstrom einfach vergessen.

Aus dem Selbstmitleid zurück in eine gestaltende Position

Jetzt gelte es, nach vorne zu blicken und sich nicht allzu lange mit Ibiza aufzuhalten.

Lothar Höbelt: “Jetzt erst recht” war ein passender Slogan für die EU-Wahl. Aber eben nur für jetzt. Auf die Dauer interessiert den Wähler nur eine Partei, die etwas bewirken kann, kein eingetragener Verein für kollektives Selbstmitleid, selbst wenn es noch so gerechtfertigt ist.

Der Kern der Partei hat gehalten

Die Voraussetzungen für die Fortsetzung eines konsequenten Weges stehen gut, stimmen die Autoren überein, denn:

Norbert Nemeth: Der Kern der Partei hat gehalten, von einer Erosion infolge von “Ibizagate” kann überhaupt keine Rede sein.

Die gesamten Beiträge finden sich in der aktuellen Ausgabe von Freilich. Das Magazin erscheint zweimonatlich und kann unter diesem Link abonniert werden.

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