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11. Dezember 2010 / 22:14 Uhr

Hilferuf der orientalischen Christen mit erschütternden Berichten

ChristenverfolgungDie Plattform „Solidarität mit verfolgten Christen“ machte am Freitag, dem 10. Dezember, auf das Unrecht aufmerksam, das Christen weltweit widerfährt. Am internationalen Tag der Menschenrechte informierten Vertreter verfolgter christlicher Kirchen die Bürger vor dem Stephansdom und feierten im Dom einen ökumenischen Gottesdienst. Besonders trist ist die Lage in vielen islamisch dominierten Ländern, wie Vertreter aus den dortigen Kirchen im Rahmen einer Pressekonferenz schilderten. 

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Zur Fotogalerie: Solidarität mit verfolgten Christen

Die von Christen aus Ägypten, dem Irak, dem Iran und der Türkei geschilderten Zustände sind unfassbar und hierzulande viel zu wenig bekannt. Die von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich permanent gepredigten Begriffe „Toleranz“ und „Dialog“ gibt es in diesen muslimischen Mehrheitsgesellschaften nicht. Als Christ muss man schon übers nackte Überleben froh sein.

Diskriminierung hat viele Gesichter

Die Pressekonferenz wurde durch ein Video eingeleitet, das zeigt, wie im Oktober in Ägypten eine koptische Kirche angegriffen wird. Der aufgebrachte Mob kennt keine Hemmungen, da auch uniformierte Polizisten anstatt für Ordnung zu sorgen zu Wurfgeschossen greifen.

Pressekonferenz

Pressekonferenz

Von links: Wail Yousif (Irak), Victor Elkharat (Ägypten), Johann Marte (Pro
Oriente), Elmar Kuhn (Erzdiözese Wien), Hans Rechberger (Kirche in Not).

Johann Marte, Präsident der Stiftung PRO ORIENTE, wirft die Frage nach einem vor sich gehenden religiösen Genozid auf und warnt vor der Gefahr einer Auslöschung der Christen im Nahen Osten. Er weist darauf hin, dass von 100 Menschen, die weltweit wegen ihres Glaubens getötet werden, 75 Christen sind und führt als Beispiel die systematische „Säuberung“ von Christen ganzer Stadtteile in Bagdad an. Marte nennt als Beispiele für Diskriminierung und Verfolgung die Kriminalisierung von Glaubenshandlungen durch behördliche Schikanen, den Ausschluss von öffentlichen Ämtern, die soziale Ghettoisierung, den fehlenden Schutz vor Angriffen gegen Leib und Leben sowie die fehlende Verfolgung und Aburteilung von Tätern. Es gehe nicht um Sonderrechte für Christen, sondern um jene universalen Grund- und Freiheitsrechte, die von Millionen Muslimen hierzulande eingefordert und mit großer Selbstverständlichkeit in Anspruch genommen werden.

Kopten: Massaker zu Beginn und Ende des Jahres

Victor Elkharat präsentierte eine Rückschau der Kopten auf das Jahr 2010. „Es begann mit einem Massaker und endet mit einem Massaker“, stellte er einleitend fest. Nach der orthodoxen Weihnachtsmesse am 6. Jänner 2010 wurden sechs junge Christen vor einer Kirche erschossen. Dahinter steckt evidenterweise der Parlamentarier Abd Elrehim Alghul, der für die Wahl am 28. November 2010  trotzdem wieder von Staatschef Hosni Mubarak auf die Kandidatenliste gesetzt wurde.

Die Entführung minderjähriger Koptinnen ist etwas Alltägliches. Mal werden sie zum Islam zwangsbekehrt und zwangsverheiratet, mal geht es um Erpressung von Lösegeld. Dass auch in den renommiertesten Zeitungen Ägyptens das Christentum herabgewürdigt wird, trug sicher dazu bei, dass es während des Ramadan in  verschiedenen Landesteilen zu insgesamt 21 Demonstrationen gegen den Kopten-Papst Schenuda kam. Das Gerücht, dass ein Kopte eine Beziehung zu einer Muslimin unterhalte, dient immer wieder gern als Anlass für lokale Pogrome. Am 24. November 2010 kam es schließlich zu Übergriffen von 5000 Polizisten gegen die Kopten in Talibya. Der Vorwurf lautete, ein Gebäude in eine Kirche umfunktioniert zu haben, obwohl der Gouverneur noch am Vortag die Pfarrgemeinde zur Kirche beglückwünschte. Bei diesem Angriff, der mittels Telefonkamera dokumentiert werden konnte, kamen fünf koptische Jugendliche und ein koptisches Kind ums Leben. 300 Kopten wurden schwer verletzt, 1000 eingekerkert.

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Victor Elkharat appelliert eindringlich, der Christenverfolgung in Ägypten die ihr gebührende Aufmerksamkeit zu schenken und verweist auch auf die beiden informativen Internetseiten www.koptisch.wordpress.com und www.kopten.at.

Mag. Herbert Rechberger von „Kirche in Not“ skizziert die Zustände im Iran, wo der Übertritt zum Christentum das größte Verbrechen darstellt. Es wird der anonyme Brief eines Iraners verlesen, der die Sippenhaftung für seine noch im Iran lebenden Angehörigen fürchten muss.

Zahl der Christen im Itak auf ein Drittel geschrumpft

Dipl.-Ing. Wail Yousif, Obmann des irakisch-christlichen Kulturvereins „Stern des Ostens“ muss berichten, dass die Zahl der Christen im Irak in den letzten sieben Jahren von 1,5 Millionen auf ein Drittel zurückgegangen ist. Die Gewaltkampagne islamischer Fundamentalisten begann am 1. August 2004 mit Bombardierung einiger Kirchen und Dutzenden Toten. Den letzten Höhepunkt stellte die Geiselnahme in einer chaldäisch-katholischen Kirche in Bagdad am 31. Oktober 2010, am Vorabend von Allerheiligen, dar. 58 Geiseln, darunter Kleinstkinder, wurden getötet, 75 schwer verletzt.

Aber auch in Mosul, einer der größten Städte des autonomen Irakisch-Kurdistan, mehren sich die tödlichen Übergriffe. Auch Wail Yousif bittet eindringlich um Berichterstattung in Medien und um Unterstützung der im Irak verfolgten Christen.

Morde an Christen in der Türkei

Den Abschluss bildet Mag. Musa Islek. Er gibt einen Einblick in die Lage der Christen in der Türkei, eines Staates, der der Europäischen Union beitreten will. Islek wurde durch seine eigene Familiengeschichte mit der brutalen Verfolgung der letzten Christen in der Türkei besser vertraut, als es ihm lieb ist. Vor 50 Jahren besetzten Muslime große Teile des Landes seiner Familie. Als sein Großvater das Gericht bemühte, wurde er ermordet. Das Verfahren um den Grund und Boden der syrisch-orthodoxen Familie dauert übrigens immer noch an. Im Laufe der Jahrzehnte wichen viele Christen der Repression in der Türkei durch Auswanderung.

Auch Musa Isleks Frau musste Schreckliches erleben: Als ihr ausgewanderter syrisch-orthodoxer Onkel nach 25 Jahren noch einmal die alte Heimat sehen wollte, wurden er und seine Freunde knapp vor Erreichen ihres Geburtsdorfes angehalten und auf offener Straße erschossen. Musa Islek ist Zeuge, wie sein christlicher Religionslehrer entführt und erst nach acht Monaten Gefangenschaft aufgrund eines hohen Lösegeldes freigelassen wurde. Dann wurde der Dorfpriester entführt. Erst als europäische Politiker protestierten, wurde ihm die Chance zur Flucht gegeben.

Erdogan will Kloster Mor Gabriel auflösen

Kulturgeschichtlich besonders tragisch ist die von örtlichen Vertretern von Erdogans Regierungspartei AKP angestrebte Enteignung und Auflösung des Klosters Mor Gabriel, das bereits im Jahr 397 gegründet wurde und in dem es noch das Aramäische, die Sprache Jesu, gibt.

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