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10. Jänner 2011 / 00:37 Uhr

Österreichs Luxus-Vertretung in der EU

BrüsselDie Ständige Vertretung Österreichs bei der EU ist die Schnittstelle zwischen Bundesregierung und europäischen Institutionen. Ihre Aufgabe ist es, die heimischen Standpunkte in den Verhandlungen bestmöglich zu vertreten und die Entscheidungen dem Mitgliedsstaat weiterzugeben.

Aus diesem Grund gehören ihr Vertreter aller Bundesministerien, Bundesländer, Sozialpartner und Interessensvertretungen an. Der Rechnungshof überprüfte von Juni bis September 2009 die Organisation und die Aufgabenerfüllung der Ständigen Vertretung und äußerte in seinem Bericht zahlreiche Kritikpunkte. In vielerlei Hinsicht kann die Ständige Vertretung auch als österreichische Luxusvertretung bezeichnet werden.

Brüssel

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Österreichs Ständige Vertretung präsentiert sich als Fass ohne Boden.
Foto: Szilas / Wikimedia

Die Vertretungen in Brüssel beschäftigten insgesamt 219 Mitar­beiter zu jährlichen Kosten von mindestens 25 Millionen Euro. Darüber hinaus existieren hierzulande in allen Ministerien und Bundesländern eigene Organisationseinheiten zur Durchführung und Koordinierung von EU-Aufgaben mit insgesamt 165 Beschäftigten und jährlichen Personalkosten von über 8 Millionen Euro. Seit 1995 erhöhte sich die Anzahl der Mitarbeiter um 40 Prozent. Nur das Außen- und Wirtschaftsministerium verringerten in den Jahren ihren Mitarbeiterstand. Weil einzelne Abteilungen aber nur aus einem oder zwei Referenten bestehen, werden ein flexibler Personaleinsatz und das Nutzen von Synergieeffekten erschwert, kritisierte der Rechnungshof.

Millionen werden zwischen Wien und Brüssel verflogen

Weiters wurde bemängelt, dass ein Tätigkeits-, Leistungs- oder Erfolgsbericht samt Kenn­zahlen fehlen würde, um die Leistungen und den Beitrag der Ständigen Vertretung transparent darzustellen. Auch der Internetauftritt zur Präsentation der Aufgaben sei mangelhaft. Dass die Referenten (Attaches) der Ständigen Vertretung nahezu nach Belieben an den Sitzungen teilnahmen, wurde ebenfalls gerügt. Die Schwankungs­breite betrug 2008 zwischen durchschnittlich 45 und 146 absol­vierten Sitzungen je Referent. 39 Prozent der Sitzungen wurden trotz der hohen Personalstände vor Ort von Wien aus beschickt. Im Landwirtschaftsministerium fielen dafür in vier Jahren 1,391 Millionen Euro an Flugreisekosten an. Das zeigt eine parlamentarische Anfrageserie des FPÖ-Abgeordneten Dr. Johannes Hübner. Das Verkehrsministerium hatte mit 456.192,11 Euro Dienstreisekosten zu den verschiedensten Gremien einen vergleichsweise geringen Aufwand verursacht

Ministerien gut beim Ausgeben, schlecht beim Kassieren

Die von den einzelnen Bundesministerien in unterschiedlicher Form und Höhe ausbezahlten Gehaltszuschläge für Öffentlichkeitsarbeit und Kontaktpflege hatten keine gesetzliche Grundlage. Ähnlich verhielt es sich mit den Wohnkostenzuschüssen und Überstundenvergütungen, die nicht immer nach den gesetzlichen Bestimmungen ausbezahlt wurden. Die Bundesministerien verzichteten sogar auf die vom Rat der EU zur Verfügung gestellte Möglichkeit zum Ersatz von Ausgaben für Auslandsdienstreisen in Höhe von 109.000 Euro, weil sie entsprechende Anträge nicht stellten.

Enorme Wohn- und Bürokosten

Auch bei den Büro- und Wohnräumlichkeiten attestierte der Rechnungshof in seinem Bericht fehlende Sparsamkeit. Einerseits entstanden durch die getrennte Unterbringung von Vertretern der Bundesministerien zusätzliche Ausgaben, andererseits waren die Betriebsausgaben für das Gebäude der Ständigen Vertretung im Vergleich zu anderen vom Bund angemieteten Räumlichkeiten überdurchschnittlich hoch. Rund 60 Prozent der Betriebsausgaben entfielen auf den Sicherheitsdienst und die Gebäudereinigung. Vom zuständigen Außenministerium wurden die Ausgaben nicht überprüft. Der Leiter der Ständigen Vertretung musste während des Umbaus seiner Residenz vom Mai 2004 bis Dezember 2005 sogar in einem Hotel wohnen, wofür Hotelkosten von rund 67.000 Euro anfielen.

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