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7. Feber 2011 / 07:50 Uhr

Filmtipp: Habermann – ein Schicksal im Sudetenland

HabermannMit “Habermann” versucht der slowakisch-jüdische Regisseur Juraj Herz das Schicksal der Menschen im Sudetenland, Deutscher und Tschechen, in den Jahren 1937 bis 1945 darzustellen. Ein schwieriges Thema, das noch immer auf allen Seiten für Emotionen sorgt.

Habermann Premiere

Habermann Premiere

Der tschechische Ex-Präsident Vaclav Havel bei der Premierenfeier in Prag
mit Habermann-Regisseur Juraj Herz.
Foto: www.habermann-film.com

Die Hauptfigur des Filmes ist der deutsche Unternehmer August Habermann (Mark Waschke), ein angesehenes und beliebtes Mitglied seiner Gemeinde. Habermann heiratet die schöne Tschechin Jana (Hannah Herzsprung), die, wie sich bereits zu Beginn des Filmes herausstellt, einen jüdischen Vater hat, was aber nur Habermann selbst, sein bester Freund, der Tscheche Jan Brezina (Karel Roden), selbst mit einer Deutschen verheiratet, und der Bürgermeister Hans Hartel (Andrej Hryc) wissen. Deutsche und Tschechen leben reibungslos miteinander, ein Bild das sicher hinterfragt werden kann, es ist eine dörfliche Idylle. Habermann, seine Frau und Brezina bilden den positiven Part des Filmes, treu, selbstlos, einfach gut.

Gleichzeitig mit der Geburt der Tochter kommt das Sudetenland als Folge des Münchner Abkommens an das Deutsche Reich. Obersturmbannführer Kurt Koslowski (Ben Becker) betritt die Bühne. Koslowski ist der Archetypus des bösen SS-Mannes, eine Rolle die Becker nicht zum ersten Mal spielt. Dabei wirkt er genau, wie es das Klischee verlangt: begierig auf die schöne Halbjüdin Jana, sadistisch, grausam und feige. Während Habermanns Bruder Hans (Wilson Gonzales Ochsenknecht) den Anschluss begrüßt, sind die Tschechen – in Habermanns Sägemühle arbeiten vor allem Tschechen – empört und besinnen sich ihrer Identität. Untereinander sprechen sie jetzt hauptsächlich tschechisch.

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Unter den Tschechen beginnt sich Widerstand zu formieren, doch Habermann steht weiter hinter seinen Arbeitern, selbst als er von ihrer Betätigung erfährt. Koslowski geht immer härter gegen die Tschechen vor, Habermann kommt immer mehr unter Druck von beiden Seiten. Sein Bruder wird indes zum begeisterten Hitlerjungen und meldet sich zur Wehrmacht, von seinem Einsatz kommt er schwer verletzt zurück. Als zwei deutsche Soldaten erschossen werden, überlässt Habermann Koslowski seinen Familienschmuck, um möglichst viele Tschechen vor der Vergeltung zu retten. Jana wird vom Bürgermeister als Halbjüdin denunziert und festgenommen. Am Ende steht die grausame Vertreibung der Deutschen. Auch Jana, obwohl halb Tschechin und halb Jüdin, entgeht diesem Schicksal nicht.

Eindringliche Bilder und starke Charaktere

Herz setzt in seinem Film auf eindringliche Bilder. Die Vertreibung wird schonungslos dargestellt, ebenso Habermanns endgültiges Schicksal. Er stellt in seiner Symbolik das Leid der Deutschen neben das der Juden, besonders eindringlich sichtbar wird dies an Janas Figur. Daneben zeichnet er durchaus interessante Charaktere: Habermann als sympathischen und selbstlosen, aber eher unpolitischen Deutschen, der trotz seiner Aufopferung seinem Schicksal nicht entgeht. Seine Frau und sein Freund Jan, die ihm kaum nachstehen, runden dieses Bild der “Guten” ab. Der Bürgermeister als gnadenloser Opportunist, der grausam und schonungslos jede Situation für sich ausnutzt. Habermanns Bruder Hans, begeistert und verführt, begreift kaum, was sich um ihn herum abspielt. Dazu kommen der dumme und ignorante Arbeiter Masek (Radek Holub) und natürlich der SS-Mann Koslowski, der einfach nur böse ist. Vor allem letzterer wirkt in seiner Klischeehaftigkeit doch etwas übertrieben. Das Thema des Verhältnisses zwischen Tschechen und Deutschen wird nicht nur als Konflikt zwischen zwei Völkern dargestellt. Missgunst, Neid, Habsucht und Rachsucht werden gegen Ende des Filmes eindringlich dargestellt.

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Habermann ist ein Film, der versucht, viele Punkte anzusprechen, was nicht immer gelingt. Dennoch wird er über weite Strecken seinem Anspruch gerecht, ein facettenreiches Bild zu präsentieren, ohne dabei Verbrechen gegeneinander aufzurechnen. Die schauspielerischen Leistungen sind größtenteils gut, nur Ochsenknecht agiert recht hölzern und kann nicht überzeugen. Becker stellt den SS-Mann fast schon zu routiniert dar, was an seinen vorhergehenden ähnlichen Rollen liegen mag.

Gewalt gegen Deutsche sorgt für schlechte Kritiken

Interessant sind die vielen Kritiken aus Deutschland, die kaum ein gutes Haar an dem Film lassen. Insgesamt sagen diese aber weniger über den Film, denn über die Befindlichkeit ihrer Verfasser aus. Dass die Darstellung der Grausamkeiten an Deutschen sehr an manche Holocaustfilme erinnere, kann kaum ein Kritikpunkt sein, liegt dies doch in der Natur der Sache. Empfindsameren Naturen sei vom Besuch des Filmes eher abgeraten, die Gewaltszenen sind eindringlich, nichts wird dabei ausgelassen. Anderen kann der Besuch des Filmes durchaus empfohlen werden, wenngleich man über gewisse Schwächen hinwegsehen muss.

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