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18. Feber 2011 / 11:14 Uhr

China – die Supermacht von morgen?

ChinaGeneralmajor Heinrich Winkelmayer war langjähriger Verteidigungsattaché an der österreichischen Botschaft in Peking und konnte dort tiefe Einblicke in die wirtschaftliche, militärische und politische Situation Chinas gewinnen. In einem Vortrag an der Landesverteidigungsakademie (LAVAK) in Wien berichtete er über die „Supermacht von Morgen“. Ausgangspunkt seiner Ausführungen war die Kernfrage, ob China überhaupt eine „Super-, Welt- und Großmacht“ darstelle. Und diese Frage wurde schon vorweg mit einem deutlichen Ja beantwortet, wenngleich mit gewissen Einschränkungen.

Heinrich Winkelmayer

Heinrich Winkelmayer

Winkelmayer berichtete über China.
Foto: KK

„Die Fähigkeit eigene Interessen gegen Widerstände durchzusetzen, stellt die Grunddefinition einer Großmacht dar und wird durch die Analyse verschiedener Messkriterien dann deutlich sichtbar“, erklärte Winkelmayer. Alleine die Fläche des Landes sei 114 Mal größer als die von Österreich und auch die Population von knapp 1,4 Milliarden Menschen zeige bereits, mit welchen Dimensionen man es hier zu tun habe. Über die chinesische Bevölkerungsstatistik ließ Winkelmayer gewisse Skepsis aufkommen, da man bei offiziellen Daten eine kritische Sichtweise nicht außer Acht lassen sollte. Mittlerweile zeigen sich auch die Konsequenz der „Ein-Kind Politik“, welche zu einer deutlichen  Überalterung der Gesellschaft führe. Auch das gesellschaftliche Stadt-Land-Gefälle sei sehr deutlich, ebenso das Entstehen einer neuen Mittelschicht in den Städten. Grundbausteine der chinesischen Gesellschaft wie Harmonie und das Streben nach Glück würden derzeit wieder vermehrt im Trend liegen.

Einparteiensystem steht nicht zur Diskussion

Seit der Ausrufung der Volksrepublik durch Mao Zedong am 1.10.1949 hält China am Einparteiensystem unter dem jetzigen kommunistischen Staatspräsidenten Hu Jintao und Regierungschef Wen Jiabao fest und sieht keinerlei Bedarf, sich an Europa oder Amerika zu orientieren. Das Kollektiv sei der bestimmende Wert, und das werde bei jeglichen Festivitäten wie Militärparaden oder den Olympischen Sommerspielen sichtbar. 

China

China

Chinas Regierung sieht keinen Bedarf sich am Westen zu orientieren
– die amerikanischen Fastfood-Ketten hat man trotzdem.
Foto: flickr.Marcus / flickr

Die Weltwirtschaftskrise wurde von China relativ gut gemeistert. Mit Hilfe hoher öffentlicher Investitionen in Wirtschaft und Infrastruktur und einer deutlichen Ausweitung der Kreditvergabe sowie Preissubventionen für langlebige Konsumgüter wie KFZ, Elektronik- und IT-Produkte wurde zuletzt ein Wirtschaftswachstum von 8,7 Prozent erzielt. Auch wenn damit nicht mehr die zweistelligen Zuwachsraten der Vergangenheit erreicht wurden, sei das Wachstum angesichts wegbrechender Nachfrage nach chinesischen Exportprodukten und steigender Rohstoffpreise beachtlich. Damit gehöre China nach wie vor zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften weltweit. Die Volksrepublik zählt zwar nach dem Bruttonationalprodukt pro Kopf zu den Entwicklungsländern, bildet aber zusammen mit anderen ostasiatischen Staaten wie den Republiken Korea und Taiwan sowie Hongkong und Singapur die nach wie vor bedeutendste Wachstumsregion der Welt. Mit einem Bruttonationaleinkommen von 4,327 Billionen US-Dollar (2009) ist China – in absoluten Zahlen – inzwischen die drittgrößte Wirtschaftsmacht der Welt nach den USA, Japan und erstmals vor Deutschland. Chinas wirtschaftliche Stärke zeigt sich auch darin, dass es mittlerweile als größter Entwicklungsgeldgeber – größer sogar als die Weltbank, fungiere und es auch Ziel der chinesischen Währungspolitik sei, den US-Dollar als Leitwährung abzulösen. Das Verhältnis Chinas zur EU werde durch die Aussage des chinesischen Intellektuellen Pan Wei sehr deutlich: „Die EU braucht China und nicht umgekehrt!“

Militärbudget in schwindelerregender Höhe

Militärisch halte China am sogenannten Volkskrieg fest und betreibe eine aktive Verteidigung. Das Militärbudget bewege sich seit Jahren im zweistelligen Prozentbereich und bringe die Militärindustrie in gewaltige Höhen. „Vor allem mit welcher Geschwindigkeit neue Technologien und Entwicklungen vorangetrieben werden, ist beachtlich“, so Winkelmayer. Erst kürzlich wurde der neue Tarnkappenbomber präsentiert, und der Bau eines Flugzeugträgers werde emsig vorangetrieben. Darüber hinaus verdichten sich die Gerüchte, dass an einer Interkontinentalrakete mit beachtlicher Reichweite gearbeitet werde, was vor allem den Amerikanern erhebliche Kopfschmerzen bereiten soll. Auch in der Raumfahrt habe man enorme Fortschritte erzielt. Obwohl als oberste Maxime gelte, niemals Vorherrschaft und militärische Expansion zu betreiben, zähle die Volksrepublik seit Jahren zu den führenden Atommächten und nütze diese Rolle am internationalen Parkett sehr gekonnt aus.

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Als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen habe sich China durch die häufige Argumentation mit Einmischung in die inneren Angelegenheit einen Namen gemacht. Vor allem bei der Durchsetzung von eigenen Interessen wurde diese Karte geschickt gespielt. Durch die Teilnahme an verschiedenen internationalen Programmen zeige der Staat seinen Willen zum globalen Engagement. Auch auf der Klimakonferenz von Kopenhagen konnte China seine Interessen durchsetzen, und so kam es zu keinen Verhandlungsergebnissen. Der Verhandlungsverlauf führte letztlich zur chinesischen Verweigerung, quantifizierbare Zielgrößen in das Abschlussdokument des Gipfels aufzunehmen.

Außenpolitik als Hemmschuh auf dem Weg zur Supermacht

„Die Außenpolitik wird vermutlich wohl die eigentliche Zerreißprobe auf dem Weg zur Supermacht sein“, erklärte Winkelmayer. Mit Japan sei China wirtschaftlich eng verflochten, aber die Aufarbeitung der Kriegsgeschehnisse gehe nur zögerlich voran. Mit Russland seien die alten Konflikte zwar nur großteils gelöst, die ersten wirtschaftlichen Kooperationen würden aber zu fruchten beginnen. Sehr problematisch sei nach wie vor das Verhältnis zu Taiwan, aber auch zu Indien. Auch die Haltung der Volksrepublik zu Nordkorea und zum Iran stelle eine Gefahr für den internationalen Frieden dar.

Für Winkelmayer ist die Tatsache, dass Chinas Bestreben, globale Verantwortung zu übernehmen noch nicht wirklich ausgeprägt sei, der eigentliche Pferdefuß auf dem Weg zur Supermacht. Dennoch spiele China schon jetzt eine zentrale Rolle in der globalen Welt und werde sie in Zukunft noch viel stärker spielen.

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