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21. Feber 2011 / 11:14 Uhr

ÖBB-Malversationen werden im Parlament untersucht

GüterzugIn der ORF-Pressestunde hat Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) den ÖBB einen rigorosen Sparkurs verordnet. Bis 2013 soll die Bundesbahn schwarze Zahlen schreiben nach einem operativen Verlust von 350 Millionen alleine beim Gütervekehr im abgelaufenen Jahr. Das soll vor allem durch „Personalmaßnahmen“ sichergestellt werden – frühzeitige Versetzungen der älteren ÖBB-Mitarbeiter, die noch Beamtenstatus haben, in den Ruhestand sind das größtenteils. Damit liegen die Eisenbahner allerdings weiter dem Staat auf der Tasche.

Will man hier nicht bloß die Ausgaben von einem zum anderen Budgetposten verschieben, so bedarf es anderer Maßnahmen, erklärt der freiheitliche Verkehrssprecher Gerhard Deimek. Er fordert Bures auf, umgehend Verhandlungen mit Finanzminister Pröll aufzunehmen, um die Pensionsprivilegien der ÖBB-Beamten zu beseitigen: "In Wahrheit sind die Frühpensionierungen derzeit ja reine Belohnungen für ÖBB-Beamte. Das muss ein Ende haben."

Güterzug

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Der Güterverkehr ist das größte Sorgenkind der ÖBB.
Foto: greg92_09 / flickr

Doch nicht nur die ÖBB-Zukunft wird schwierig zu gestalten sein, auch aus der Vergangenheit ist noch einiges aufzuarbeiten. Deimek gehört gemeinsam mit seinen FPÖ-Kollegen Wolfgang Zanger und Roman Hader auch dem Unterausschuss des Rechnungshof-Ausschusses im Parlament an, der sich seit kurzem mit einigen groben Malversationen befasst – ein kleiner Untersuchungsausschuss sozusagen. Noch wartet man auf die nötigen Unterlagen. Der größte Arbeitgeber Österreichs steht wegen Bestechung von Regierungsbeamten, gescheiterten Spekulationsgeschäfte und einem geradezu unglaublichen Verschleiß an Mobiltelefonen in der öffentlichen Kritik. Zuletzt kritisierte der Rechnungshof auch weitere Mängel im Einkauf – etwa bei der Beschaffung von Staplern.

Wolfgang Zanger – Rechnungshofsprecher der FPÖ – will im Ausschuss vor allem aufzeigen, dass die Generalisierung der ÖBB-Bediensteten in der Öffentlichkeit keinesfalls richtig ist, sondern die Fehltritte, die den Steuerzahler teuer zu stehen kommen, auf der höchsten Managementebene passieren – und dort so gut wie keine Konsequenzen nach sich ziehen. Deshalb ist es Zangers Ziel, „den Ausschuss seriös arbeiten zu lassen, damit die Verantwortlichen klar benennt werden können und daraus die richtigen Konsequenzen folgen“. 

Lobbyist sorgte für kostenpflichtige Kontakte

Zum Einen geht es um die Übernahme der MAV Cargo, eines ungarischen Transportunternehmens, im Rahmen derer bei der Abwicklung über eine Beratungsfirma ungarische Regierungsbeamte verdächtigt werden, Bestechungsgelder angenommen zu haben.  Mitten im Geschehen steht ein berühmter ungarischer Lobbyist, der mit seiner Beratungsfirma „Geuronet“ Kontakte in höchste Regierungskreise knüpfte, damit Rail Cargo Austria der Zuschlag sicher war. Neben der Geschäftsanbahnung interessieren konkrete die Abwicklung, und die folgenden Kosten dieser Übernahme.  Der Kaufpreis von 385 Millionen Euro wirkt auf den ersten Blick moderat, doch bedenkt man die jährlichen Investitionen, die mindestens noch bis 2012 durchzuführen sind, werden sich die Kosten der Übernahme voraussichtlich mehr als verdoppeln.

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Weiters wird sich der Unterausschuss mit einem heiklen Thema von Spekulationen mit derivativen Geschäften beschäftigen müssen. Ende 2008 drohten den ÖBB Verluste in der Höhe von 578,16 Millionen Euro aus hochspekulativen Geschäften. Durch die Auflösung der Hybrid-CDO – so der klingende Name dieses Kreditprodukts der Deutschen Bank –  wurden daraus rund 295 Millionen Euro schlagend. Die Geschäfte wurden ohne Absegnung des Aufsichtsrates getätigt. Teilweise wurden Mitarbeiter ohne Vier-Augen-Prinzip und ohne betragliche Beschränkungen bevollmächtigt, eigenständig derivative Finanztransaktionen durchzuführen.

Handyverschleiß trieb Preis fürs Telefonieren nach oben

Die Skandale beschränkten sich in den letzten Jahren nicht nur auf Finanzgeschäfte, sondern werden auch auf auch durch einen eigenartig hohen Verschleiß an Mobiltelefonen sichtbar, der in der Konzernstruktur der ÖBB höher war als in anderen vergleichbaren Unternehmen.  Im Jahr 2000 unterzeichnete die ÖBB alt (vor der Strukturreform) einen Rahmenvertrag mit einem bekannten österreichischen Mobilfunkanbieter. Obwohl die Marktpreise in dieser Branche jedes Jahr kontinuierlich sanken, stiegen sie für die ÖBB immer weiter an Trotzdem hielt man an dem Vertrag fest. Es stellte sich heraus, dass rund ein Drittel der Mobiltelefone – genau 8597 Stück -, die geliefert wurden, nie ankamen und auch nie in der Konzernstruktur genützt wurden. Der Missbrauch verursachte keine direkten zusätzlichen Kosten, verlängerte allerdings die Bindung an den Anbieter. Ein frühzeitiger Ausstieg hätte Kosten von mehreren Millionen Euro verursacht. Mehrere Ausschreibungen mussten aufgrund dieses Missbrauchs zurückgezogen werden. Nach Auffliegen der Affäre wurden nur sehr zögerlich Sanktionen gegen den verantwortlichen Mitarbeiter gesetzt, eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft blieb aus. Wenn ein Ausstieg aus dem Vertrag möglich gewesen wäre, hätten sich die ÖBB pro Jahr etwa 1,5 Millionen  Euro erspart.

Diese Auflistung von vermeidbaren Fehlern macht es für den Steuerzahler umso bitterer, wenn er aus den Medien entnehmen muss, dass die Republik dieses Jahr ein weiteres Mal eine Unterstützungszahlung von mehreren hundert Millionen Euro leisten muss, um den Konzern der seine Kompetenz immer weiter überschreitet, am Leben zu erhalten.

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