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23. Feber 2011 / 12:00 Uhr

Parlamentsumbau: Wie die Kosten in die Höhe schießen

Kosten des UmbausDer Parlamentsumbau ist auch nach der Präsentation einer detaillierteren Planung alls andere als entscheidungsreif. Aus Baukosten von 130 Millionen Euro werden am Ende nämlich Gesamt-Projektkosten von 540 Millionen. Hier werde ein falsches Spiel mit der Bevölkerung gespielt, erklärte der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf. Und FPÖ-Obmann HC Strache knüpfte die Zustimmung seiner Partei zum Umbau an einige wesentliche Bedingungen.

Kosten des Umbaus

Kosten des Umbaus

Kosten für den Parlamentsumbau.
Grafik: FPÖ

Die Grafik verdeutlicht, wie sich die Gesamtkosten des Parlamentsumbaus darstellen: Die Baukosten selbst betragen 129,9 Millionen Euro. Dann wird stufenweise aufgeschlagen: Nicht Erfassbares und nicht Erfasstes, Planung und Nebenkosten, Reserven und Toleranz. Daraus ergeben sich die 311,8 Millionen Euro, die Nationalratspräsidentin Prammer  als Umbaukosten vorgestellt hat, aber damit ist noch lange nicht Schluss: Dazu kommen noch die Umsatzsteuer, die Valorisierung nach dem Baukostenindex (weil erst 2014 der Baubeginn sein soll), die Kosten für die Übersiedlung in ein Ausweichquartier und – falls gewünscht – die Maßnahmen für die Effizienzsteigerung im Parlament – als etwa zusätzliche Büros und Veranstaltungsräume. Maximalbetrag: 541,4 Millionen Euro.

Reserven werden auf Reserven draufgeschlagen

Die Freiheitlichen haben auch im Detail einige Fehler gefunden. So ist im Gutachten ausgewiesen, dass sich die Reserven in der Höhe von 25 Prozent auf die Bau- und Planungskosten bewegen. Tatsächlich wurden diese 25 Prozent aber auch auf die Position „Nicht Erfassbares und nicht Erfasstes“ draufgeschlagen, die selbst eine Sicherheitsreserve ist. Alleine durch dieses Manöver wurden mehr als 9 Millionen zusätzlich einkalkuliert. „Hier werden Reserven von Reserven gebildet. Man hat den Eindruck, man plant schon im Voraus in Skylink-Dimensionen, damit man am Ende auf alle Fälle die Kosten einhält oder sogar leicht drunter bleibt“, erklärte Strache.

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Doch das ist nicht die einzige Befürchtung der FPÖ: „Wenn wir diesem Projekt jetzt zustimmen, dann bedeutet das: 540 Millionen sind bewilligt. Und wenn sie bewilligt sind, dann werden sie sicher bis auf den letzten Euro verbaut“, sagt Martin Graf.

Bedingungen: Sparsamkeit, Rechnungshof, Verwaltungsreform

Graf und Strache

Graf und Strache

HC Strache und Martin Graf forderr Sparsamkeit beim Parlamentsumbau.
Foto: Unzensuriert.at

Die Freiheitlichen knüpfen ihre Zustimmung zum Parlamentsumbau an vier Bedingungen:

  1. Die Baukosten müssen noch einmal genau kontrolliert werden, und es dürfen nur die wirklich nötigen Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden, die es braucht, um den gesetzlichen Zustand wieder herzustellen. Ein heikler Punkt etwa ist der Umbau des Nationalrats-Sitzungssaals, der zur Wiederherstellung des gesetzlichen Zustands hinsichtlich Brandschutz oder Barrierefreiheit zweifellos nicht nötig ist. Dennoch verbirgt sich ein Teil der Kosten (10 Millionen Euro unter dem Titel Denkmalschutz) in der Grundsumme. Die restlichen Kosten sind offenbar gut versteckt, denn – wie die Unzensuriert-Chronologie des Parlaments-Umbaus zeigt – wurden für den Plenarsaal im Jahr 2007 bereits 21 Millionen, im Jahr 2010 gar 70 Millionen an Kosten veranschlagt.
  2. Bevor mit dem Umbau begonnen wird, muss man auch nach Einsparungsmöglichkeiten im parlamentarischen Ablauf suchen. Das österreichische Parlament hat z.B. mehr als dreißig Ausschüsse – so viel wie kaum ein anderes in Europa. „Wenn wir die Zahl der Ausschüsse reduzieren, brauchen wir auch weniger Räume. Genauso ist zu hinterfragen, wie viele Veranstaltungsräume ein Parlament benötigt. Wir sind ja kein Kongresszentrum“, stellte Strache fest.
  3. Der Rechnungshof muss schon jetzt kontrollieren und nicht erst, wenn das Umbauprojekt startet. Die FPÖ will größtmögliche Transparenz. Wenn das mit dem derzeitigen gesetzlichen Prüfungsauftrag des Rechnungshofes nicht gedeckt ist, dann muss das Gesetz eben geändert werden.
  4. Die FPÖ besteht auf einer Gegenfinanzierung in Form einer Verwaltungsreform. Präsidentin Prammer soll mit dem Finanzminister ausloten, welche Einsparungen in der Verwaltung und in der Bürokratie rasch umgesetzt werden können. Es lägen seit Jahren Hunderte Einsparungsvorschläge des Rechnungshofs auf dem Tisch und vergammeln in den Schubladen der Ministerialbeamten. Strache: „Raus mit diesen Vorschlägen – auf den Tisch mit ihnen – und Verwaltungsreform jetzt. Die gestaltende Kraft in einer Demokratie ist und bleibt das Parlament. Zeigen wir Stärke und beauftragen wir die Regierung, die Verwaltungsreform auszuarbeiten. Es ist nicht zumutbar, den Bürgern wieder in die Tasche zu greifen, ihnen vielleicht mehr als eine halbe Milliarde aus der Tasche zu ziehen, für den Umbau eines Parlaments, das nicht einmal eine Verwaltungsreform zustande bringt.“

Projektplaner verteidigt sich mit ÖNORM

Zur Kritik meldete sich die mit dem Umbaukonzept beauftragte Arbeitsgemeinschaft zu Wort und erklärte, dass die Berechnung des Kostentrahmens auf der Basis der für solche Projekte vorgeschriebenen ÖNORM vorgenommen worden sei. Auf die konkreten Vorwürfe der „Reserve von der Reserve“ sowie des versteckten Plenarsaal-Umbaus ging Architekt Sepp Frank jedoch nicht ein.

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