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24. Feber 2011 / 11:38 Uhr

Westliche Träumereien über arabische Revolten

BildDie Aufstände in der arabischen Welt verursachen auch hierzulande einen nicht zu unterschätzenden Eifer: Deutsche Zeitungen jubeln mit den Rebellen und beschwören den Anbeginn einer Revolution, die hervorbringen soll, was der Westen unter Freiheit versteht. Die deutsche "Zeit" bildet auf ihrer Titelseite symbolträchtig eine strahlende Kopftuchträgerin mit einer Friedenstaube ab – "Die Chance für uns" steht groß daneben. Ist die vom Islam ausgehende potentielle Gefahr für unsere Kultur so groß, dass der Zeitpunkt derer vorübergehenden Zerrüttung für eine Eroberung genutzt werden muss?

Kairo 2011 wird im gleichen Atemzug mit dem Prager Frühling und dem Fall der Berliner Mauer genannt – Ereignisse, in denen die westliche Demokratie über den damaligen Feind, den Kommunismus, triumphierten. Tatsächlich wird ein amerikanischer Politwissenschaftler zitiert, der das amerikanische Gesellschaftsmodell als "glückliche Verbindung zwischen Demokratie und Kapitalismus" zum Sieger kürt und die Ära der Kriege für beendet erklärt: Die Welt würde "frei und demokratisch" werden.

 

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Ob die arabischen Revolten wirklich die Werte des Westens tragen?
Scan: unzensuriert.at/Die Zeit

Wie weit es in diesem Gesellschaftsmodell mit der Freiheit her ist, wird in dem Tenor deutlich, der sich durch die gesamte Berichterstattung zieht. Zwar wird auch ein anderer Politikwissenschaftler erwähnt: Dessen "pessimistische" These besagt, dass Übergeordnete Systeme – wie z.B. die Menschenrechte – nur in dem Kulturkreis Geltung finden, aus dem sie stammen. Dies nennt er den immerwährenden "Kampf der Kulturen". Da ein deutsches Medium in einer amerikanischen Gesellschaft dies jedoch nicht im Raum stehen lassen kann, wird die Kulturdifferenz rasch verleugnet: Die Demonstrationen zeigen schließlich, dass doch die ganze Welt die westlichen Werte teilt.

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Nach dem Herunterbeten des amerikanischen Dogmas wird flugs abgelenkt – es soll ja nun wirklich niemand darüber nachdenken -, indem angebliche Missstände in Europa angesprochen werden: "Demokratiemüdigkeit" mache sich hier breit, es wird auf Italien (mit dem "gefährlichen Clown" Berlusconi) und Ungarn (das die "Axt an den Rechtsstaat" lege) verwiesen. Doch zum Glück führen uns die arabischen Länder durch ihre Revolten in die Demokratie zurück. Auch die Tatsache, dass die rebellierenden Massen auf den Straßen das Bild der Muslime in den Berliner Problembezirken zum Positiven verändert, wird dem deutschen Zeitungsleser eingebläut. Und um es nicht zu vergessen: Natürlich möchte jeder deutsche Bürger, dass die Türkei in die EU kommt. Schließlich wird der radikale Islamist Erdogan "die europäischen Vorstellungen und Interessen" in der arabischen Welt zur Geltung bringen.

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