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23. März 2011 / 01:51 Uhr

Buchtipp: Verräter wie wir – John le Carré über Mafia, Geld und Politik

BildSeit seinem Welterfolg “Der Spion der aus der Kälte kam” zählt John le Carré zu den bekanntesten und beliebtesten Autoren von Spionageromanen  ein Ruf, den der Altmeister des Geheimdienstthrillers nicht umsonst hat. Immer wieder verstand er es, dem Genre viel Tiefe zu verleihen und tiefgründige Fragen nach Moral, Staatsräson und der menschlichen Natur in seinen Romanen über eine Welt im Zwielicht zu stellen. Mit “Verräter wie wir” liegt nun sein neuestes Werk vor und beweist einmal mehr, dass ein Spionageroman durchaus aktuelle Themen unserer Zeit kritisch aufgreifen kann. Nachdem sich le Carre in seinem letzten Werk “Marionetten” mit dem internationalen Terrorismus auseinandergesetzt hat, thematisiert er jetzt die Verstrickungen zwischen Organisiertem Verbrechen, Wirtschaft und Politik.

Verräter wie wirDima, der Chefgeldwäscher der “Diebe im Gesetz” – der russischen Mafia -möchte die Seiten wechseln. Der mächtige Gangster steht auf der Abschussliste seiner eigenen Leute und will seine Haut retten, indem er seine Geheimnisse über Geldflüsse und Hintermänner an den britischen Auslandsgeheimdienst MI6 verkauft. Sein Preis dafür ist sein Leben und das seiner Familie. Als Mittelsmann wählt Dima einen jungen britischen Literaturprofessor in der Sinnkrise und dessen Frau, eine aufstrebende Anwältin, denen das Abenteuer ihres Lebens bevorsteht. Ihr Weg führt sie im Auftrag des MI6 über Frankreich in die Schweiz.

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Le Carre lässt sich viel Zeit, um seine Charaktere zu entwickeln, die Handlung selbst kommt erst im letzten Drittel des Buches so richtig in Fahrt. Dabei ist es vor allem der Mafioso Dima, der im Zentrum der Erzählung steht. Anhand seiner Geschichte, die größtenteils indirekt erzählt wird, wird der Leser in eine fremde Welt eingeführt.  Aus den Schilderungen Dimas gemeinsam mit den Ergänzungen der Geheimdienstmitarbeiter zeichnet le Carre nicht nur ein lebendiges Bild der russischen Mafia, sondern auch von deren Arbeitsweisen und Verstrickungen in die internationale Politik. Dimas Aufstieg zum “Dieb im Gesetz” in den sowjetischen Gulags wird ebenso glaubhaft beschrieben wie dessen Tätigkeit als Geldwäscher. Le Carre hat sich mit der Thematik eingehend beschäftigt und lässt dies in seinen Roman einfließen.

John le Carré

John le Carré

John le Carré wirft mit seinem neueste Roman quälende
Fragen nach der Kraft der Demokratie auf.
FotO. Krimidoedel / Wikimedia

Der Schriftsteller hat sich in seinem Roman auf das für ihn Wesentliche konzentriert, was teilweise unbefriedigend erscheinen mag. Die Frage, warum Dima auf der Abschussliste seiner Organisation steht, wird nicht geklärt, das Ende kommt sehr abrupt und lässt viele Fragen offen. Das Wesentliche ist dabei jedoch umso beängstigender. Welchen Einfluss hat das mit scheinbar unbegrenztem Kapital ausgerüstete Organisierte Verbrechen auf die Politik, besonders in einer scheinbar gefestigten Demokratie? Was passiert, wenn ein maroder Finanzplatz den Verlockungen des Geldes aus dunklen Kanälen erliegt? Was taugen demokratische Kontrollmechanismen, wenn doch fast jeder vom Minister bis zum Abgeordneten käuflich ist?

Das Schmierentheater um einen dummdreist gierigen Dilettanten, das derzeit in Österreich die Gemüter erhitzt, scheint le Carre in seinem Pessimismus über die Anfälligkeit demokratischer Einrichtungen für Korruption Recht zu geben. Wie weit sind Verbrecher bereits in unsere demokratischen Apparate eingedrungen? Kann man dieses Übel, das an den Wurzel unserer Demokratie nagt, überhaupt aufhalten? Auf spannende und anschauliche Weise greift John le Carre dieses Thema auf; eine Antwort kann er nicht geben. Lesenswert ist sein Buch allemal.

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