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8. April 2011 / 10:09 Uhr

Darabos’ Lokführer hat den Zug nicht mehr unter Kontrolle

LokomotiveAm Donnerstag sitzen drei recht missmutig wirkende Herren an einem Tisch im Eck der Parlaments-Cafeteria: ein Minister, sein Kabinettschef und der Pressesprecher. Ersterer genehmigt sich schon zu Mittag ein Seidel Bier. Meist hat einer von den dreien ein Handy am Ohr. Miteinander unterhalten sie sich kaum. Die schlechte Stimmung ist erklärbar: Verteidigungsminister Norbert Darabos, sein Kabinettschef Stefan Kammerhofer und Pressesprecher Stefan Hirsch haben am Tag davor den nächsten „Bock“ geschossen. Die Hetzjagd, die sie gegen den abgesetzten Generalstabschef Edmund Entacher entfachen, kommt in den Medien nicht gut an und erst recht nicht bei den Bürgern.

Hirsch und Kammerhofer sind die rechte und die linke Hand des Chefs, der sich die meiste Zeit seiner Ressortführung für die Landesverteidigung nicht besonders interessiert und lieber den Sportminister gespielt hat. Dass er jetzt in seinen Kernbereich eindringen musste, verdankt er dem Auftrag des wahlkämpfenden Wiener Bürgermeisters – und prompt ist alles schief gegangen.

Die rechte und die linke Hand

Hirsch ist dafür zuständig, widerspenstige Journalisten zu zähmen. Ob mir Erfolg, kann nicht genau gesagt werden. Einmal jedenfalls mit spektakulärem Misserfolg, als er den Standard-Journalisten Conrad Seidl in die Nähe der Neonazis von Alpen-Donau.info zu rücken versuchte und der die letztklassige Intervention bei Standard-Herausgeber Oscar Bronner öffentlich machte und mit einem geharnischten Kommentar versah.

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"Lokführer" Kammerhofer hat den Bundesheer-Zug in einen nicht enden
wollenden Tunnel geführt.
Foto: Cha già José / flickr

Für die internen Dinge ist Kammerhofer verantwortlich, der „Lokführer“, wie er von den Offizieren hinter vorgehaltener Hand genannt wird. Das ist tatsächlich sein erlernter Beruf, ehe er im poltischen Umfeld Karriere machte. Er war im Kabinett der Sozialminister Franz Hums und Lore Hostasch, danach Referent im SPÖ-Parlamentsklub, wo er für Landesverteidigung zuständig war. Dort erwarb er sich offenbar jenes Wissen, das ihn gemeinsam mit seiner Miliz-Unteroffizierskarriere für die Tätigkeit des Kabinettschefs im Verteidigungsministerium qualifizierte. In anderen Parteien (mit Ausnahme der Grünen) wäre er da nicht als besonderer Experte aufgefallen, für die SPÖ genügte es, überragte er doch seinen neuen Chef und Wehrdienstverweigerer Darabos an militärischer Erfahrung bei weitem.

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„Ich setze auf Kooperation, ich will zeigen, dass der Mensch wichtig ist“, gab Kammerhofer gegenüber der Zeitung Die Presse im Jahr 2007, befragt nach seinem Führungsstil, zu Protokoll. Das dürfte sich in den letzten vier Jahren geändert haben, denn Kammerhofer greift nun durch, vor allem gegen die „Entacher-Partie“. 91 Seiten Schwachsinn ließ das Kabinett auf Steuerkosten zusammenstellen, um die offensichtlich im Affekt erfolgte Absetzung von General Entacher im Nachhinein zu rechtfertigen. Der Journalist Andreas Unterberger sprach gestern in der ATV-Sendung „Am Punkt“ von „etwas Letztklassigem“, das er in dieser Republik von einem Minister einem Beamten gegenüber noch nicht erlebt habe. Ähnlich kommt das sogar in den inseraten-gefütterten Medien rüber, die sonst kaum eine kritische Stimme gegen die SPÖ zu erheben wagen, etwa im Kurier, der das Pamphlet in alle Einzelheiten zerlegt und der Lächerlichkeit preisgibt.

Mit voller Kraft gegen Entacher und Freunde

Ein Lied von der Kreativität des Herrn Kammerhofer im Umgang mit jenen, die er als Gegner identifiziert hat, kann auch Andreas Scherer, der Gründer des Bunkermuseums am Wurzenpass singen. Nach einem Streit über die Kommunikationsstrategie des Ministeriums wurde er als Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit abgesetzt und seither mit Bescheiden traktiert, die ihn zwingen sollen, das vom Bundesheer zur Verfügung gestellte Gerät auf eigene Kosten zurückzubringen, und ihm nun sogar den Zutritt zu seinem eigenen Grundbesitz verwehren. Scherer vermutet Kammerhofer hinter den Manövern und will ihn wegen Amtsmissbrauch anzeigen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Der Lokführer hat, wie es scheint, den Zug nicht mehr unter Kontrolle. Er droht zu entgleisen.
 

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