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25. April 2011 / 09:56 Uhr

Frohnleiten: Das Corleone in der Steiermark?

SparbücherGerichts- und Anwaltskosten von mehr als 100.000 Euro und der Verlust eines beträchtlichen Erbes (eine Million Euro Bargeld, ein Haus und eine unbebaute Liegenschaft) – das ist die Bilanz für Helmut L. nach einem sieben Jahre dauernden Prozess. Nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Graz ist aber noch nicht Schluss: Denn jetzt hat Helmut L. auch noch Anzeige bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft erstattet. 

Briefmarken

Briefmarken

Helmut L. blieb vom großen Erbe der Tante nur die Briefmakensammlung.
Foto: Rufin Schullian / pixelio.de

Laut L. soll es im kleinen, malerischen Ort Frohnleiten wie in der Mafia-Stadt Corleone zugegangen sein. Im Mittelpunkt seiner Verdächtigungen stehen Angestellte örtlicher Banken, die mit Geldabhebungen Dritter zu leichtfertig umgegangen sein sollen, und ein Kriminalbeamter, der Befragungen einfach nicht durchgeführt haben soll. In den Gerichtsprozessen wurde keiner dieser Personen belangt – ein Umstand, der das Vertrauen von Helmut L. in die Justiz schwer erschüttert. Mit der Anzeige bei der Korruptionsstaatsanwalt ist sein Kampf aber noch nicht zu Ende. 

Falschaussage blieb ohne Konsequenzen 

Der Fall ist klassisch und könnte genau so gut Thema eines Kriminalromans sein. Eine Bedienerin kümmert sich um eine 87-jährige, zu einem späteren Zeitpunkt demente Frau. Nach und nach wird Geld von den Sparbüchern der alten Dame abgehoben, die Bedienerin bekommt Geldgeschenke und wird nach dem Tod der Frau per Testament als Alleinerbin eingesetzt. Helmut L., der Neffe, bekommt nur die Briefmarkensammlung. Er beginnt zu recherchieren und stößt auf Unregelmäßigkeiten vor allem bei den Geldabhebungen, die – so bringt er bei Gericht vor – mittels Unterschriften-Fälschungen und ohne Wissen seiner Tante erfolgt sein sollen.

Sparbücher

Sparbücher

Das Geld auf den Sparbüchern wurde immer weniger. Das Gericht glaubte
der Bedienerin und rechtfertigte sogar ihre Falschaussage.
Foto: N.Schmitz / pixelio.de

Als diese im Oktober 2003 verstarb, klagte Helmut L. die Bedienerin auf Erb-Unwürdigkeit. Der Richter in Frohnleiten wollte diese Klage aber nicht zulassen, weshalb erst nach Jahren der Oberste Gerichtshof zu Gunsten des Klägers entschied. Jetzt durfte Helmut L. seine Verdächtigungen darlegen, blitzte aber nach sieben Jahren Prozessführung sowohl beim Erstgericht als auch in der Berufungsinstanz beim Oberlandesgericht Graz ab. In der 22 Seiten starken Begründung des Gerichts wird unter anderem auch die Glaubwürdigkeit der Bedienerin behandelt – da heißt es:

Tatsächlich findet sich in einem Vermerk vom 5. November 2003 […] der Hinweis auf eine Erklärung der Beklagten, wonach sie von keinem Sparbuch Abhebungen gemacht habe und sie […] nie Sparbücher ausgehändigt erhalten hätte. […] Die Beklagte gestand unumwunden zu, damals selbst gegenüber ihrem Rechtsvertreter unwahre Aussagen gemacht zu haben, weil sie einst von – der damals bereits verstorbenen – […] aufgetragen erhalten habe, niemandem von der Schenkung zu erzählen. Das Informationsdefizit des eigenen Rechtsvertreters führte dann zu wahrheitswidrigem Tatsachenvorbringen […]. Das Erstgericht verschwieg das ungünstige Verhalten der Beklagten bei der Würdigung der Beweise keineswegs. Es glaubte der Beklagten nicht einmal, dass sie den Erhalt der Sparbücher nur deshalb verschwiegen habe, um über den Tod […] hinaus deren Bitte zu erfüllen. Es erklärte vielmehr das Verhalten der Beklagten mit deren Sorge, sobald sie von Schenkung berichte, werde sie bezichtigt werden, die Sparurkunde unrechtmäßig an sich genommen zu haben […]. Es ist dies ein Gedanke, der große Lebensnähe des Erstgerichtes zeigt; immerhin konfrontierten die Kläger die Beklagte später genau mit dahin lautenden Vorwürfen.

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Selbst eine nachgewiesene Falschaussage der Beklagten konnten die Gerichte also nicht davon überzeugen, dass diese erb-unwürdig sei. Es ist nur einer von vielen Punkten in der abenteuerlichen Geschichte um ein gewaltiges Erbe, die ein Buch füllen könnte. Die Enscheidung des Gerichts muss schließlich akzeptiert werden, auch wenn für Helmut L. die alte Weisheit, dass Urteile und Wahrheiten zwei Paar Schuhe sind, bestätigt wurde. 

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