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19. Oktober 2009 / 16:20 Uhr

Der Wikipedia-Ermittler

Der Linzer Kriminalpolizist Uwe Sailer fristet ein seltsames Dasein. Er hat keinen eigenen Dienstcomputer, seine Dienst-Mailadresse kann kaum größere Datenmengen transportieren, sodass er auf private Behelfe zurückgreifen muss. In seiner Dienststelle geht er kaum jemandem ab, wie aus den Befragungen im U-Ausschuss hervorgeht, und so flüchtet er sich offenbar gerne in eine virtuelle Welt, in der es von rechtsextremen Bedrohungen nur so wimmelt.

Seltsam wie sein ganzes Berufsleben sind auch Sailers Ermittlungsmethoden. "Man könnte ihn als Wikipedia-Ermittler bezeichnen", stellt FPÖ-Ausschussmitglied Walter Rosenkranz fest. So hat er über ein rechtsextremes "Thiazi-Forum" große Grundlagenforschung betrieben und zur Herkunft des Namens folgendes herausgefunden:

"Thiazi ist ein Riese, oft näher bezeichnet als Sturmriese oder Frostriese in der germanischen Mythologie (…) Eines Tages verwandelte sich Thiazi in einen großen Adler und flog nach Midgard, da angekommen sah er Hönir, Loki und Odin, welche gerade einen Ochsen über dem Feuer brieten. Er bot seine Hilfe bei der Zubereitung an und nahm sich nach Fertigstellung der Mahlzeit die besten Stücke. Loki, darüber verärgert, schlug mit einem Stock nach ihm…"

Wer die Geschichte spannend findet, kann sie zur Gänze und wortident mit Sailers Enthüllungen bei Wikipedia nachlesen. Wenig spannend findet das allerdings der oberösterreichische Landespolizeikommandant Andreas Pilsl, der auf Rosenkranz Frage festhielt, dass das Lesen und Abschreiben von Wikipedia-Artikeln in seiner Auffassung von Polizeiarbeit keine kriminologische Bedeutung habe. Kein Wunder, kann doch dort jeder etwas schreiben und dann selbst zu Beweiszwecken zitieren.

Doch Uwe Sailer hat auch andere bemerkenswerte Dinge herausgefunden, zum Beispiel über die Bedrohung der Kommunisten aller Welt durch einen Eispickel. So soll nämlich jemand mit dem Decknamen "Eispickel" in einem rechtsextremen Forum der oberösterreichischen Grün-Landtagsabgeordneten Gunther Trübswasser mit dem Tod bedroht haben. Eispickel – so recherchiert Sailer – ist ein Synonym für die Waffe, mit der der sowjetische Revolutionär Trotzki 1940 ermordet wurde. Der Eispickel sei somit für die Rechtsextremen offenbar ein Symbol für die weltweite Vernichtung des Kommunismus. Zu so manchem Kommunisten dürfte die Bedrohung durch Eispickel allerdings noch nicht durchgedrungen sein. So ruft etwa die Internet-Zeitung "Jungleworld" unter dem Titel "Hammer, Sichel, Eispickel" die Kommunisten aller Länder im Europaparlament dazu auf, sich zu vereinigen.

Für Walter Rosenkranz lassen die bisherigen Befragungen zu Öllinger und Sailer einen klaren Schluß zu: "Da haben einander zwei große Verschwörungstheoretiker gefunden.

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