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18. Juni 2011 / 08:13 Uhr

Für Wahlbetrug sind weiter Tür und Tor geöffnet

Wer glaubt, dass nur in Ländern wie Weißrussland, Tschetschenien oder Pakistan bei Wahlen geschummelt wird, kennt die vielen aufklärungsbedürftigen Betrügereien in Österreich nicht. Aktuell gerichtsanhängig sind die Vorkommnisse bei den Wirtschaftskammerwahlen, und im Burgenland hat ein Bürgermeister nachweislich Manipulationen bei der Briefwahl vorgenommen. Jetzt wurde im Nationalrat das Wahlrecht reformiert, doch laut FPÖ gibt es die Möglichkeit des Betrugs immer noch.

Zustimmung für das neue Wahlrecht kam von SPÖ, ÖVP, BZÖ und auch von den Grünen, die im Ausschuss noch dagegen waren. Im Grunde ging es darum, die Briefwahl missbrauchsicherer zu machen, den Habsburger-Paragrafen aufzuheben und die Wahlausschließung Strafgefangener neu zu regeln. Tatsächlich bringt das „Wahlrechtsänderungsgesetz 2011“ eine Reform, die das „Schummelwählen“ bzw. „taktische“ Wählen nach vorliegendem vorläufigen Ergebnis und die missbräuchliche Verwendung einer „fremden“ Wahlkarte unmöglich macht. Darüber gibt es Einigkeit. FPÖ-Verfassungssprecher Harald Stefan behauptet dennoch: „Die Regierungsparteien haben die Möglichkeit des Wahlbetrugs einzementiert.“

Manipulationen gerichtlich bestätigt

Weiterhin sei es möglich, auf Briefwähler Druck auszuüben, ihre Stimme für eine bestimmte Partei abzugeben und dies auch zu kontrollieren. „Das ist Wahlfälschung. Der Wähler muss wissen, dass das Ergebnis, welches ihm am Wahlabend präsentiert wird, möglicherweise nicht den tatsächlichen Willen des Souveräns abbildet", erklärt Stefan in Übereinstimmung mit den Aussagen des renommierten Verfassungsrechtlers Prof. Heinz Mayer.

Der Staat müsse sicherstellen, dass sämtliche Prinzipien des Wahlrechts eingehalten werden, dies sei nicht der Fall, sagt Stefan: „Die Lösung des Problems kann daher nur sein, die Möglichkeit der Briefwahl außer für Auslandsösterreicher komplett zu streichen. Wir haben schon eine viel zu lange Experimentierphase und wissen genau, dass Manipulationen, die zum Teil auch bereits gerichtlich bestätigt sind, zuhauf vorkommen. Daraus müssen endlich die richtigen Konsequenzen gezogen werden.". Die Grundsätze des Wahlrechts seien nicht evaluierbar, wie Experte Dr. Eike Lindinger im Verfassungsausschuss des Nationalrats klar ausführte, sondern müssten zu jeder Zeit garantiert sein.

Fast scheint es so, als wollten die Regierungsparteien sich ein Hintertürchen für die nächste Wahl offen halten. Bei schlechten Umfragewerten etwa könnten panische Wiener SP-Funktionäre bettlägrigen Bewohnern von Seniorenheimen beim richtigen Ankreuzen behilflich sein.

Grüne wollen Verbrecher wählen lassen

Die Grünen stimmten dem zu und waren dennoch unzufrieden. Warum? Man glaubt es kaum: Sie sind nämlich völlig gegen den Ausschluss Strafgefangener vom Wahlrecht. Dass darüber überhaupt diskutiert wurde, ist einem gewissen Helmut Frodl zu verdanken. Der Ex-ORF-Mann, wegen Mordes ursprünglich zu lebenslanger Haft verurteilt, beschwerte sich beim Europäischen Gerichtshof, weil er nicht wählen durfte. Ihm wurde zum Teil recht gegeben, weshalb die Grünen aufgeschreckt reagierten und gleich alle Verbrecher zur Urne schicken möchten.

Davon hält Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) allerdings gar nichts: Man könne „Straffällige nicht mit dem Recht auszeichnen, auch noch wählen zu gehen", es müsse „ein klarer Unterschied zwischen kriminell Gewordenen und Anständigen und Fleißigen sein“.

Sarkastischer Cap beleidigt Habsburger

Zu Spannungen zwischen SPÖ und ÖVP-Innenministerin Mikl-Leitner führte die Diskussion über die Streichung des Habsburger-Kandidaturverbots bei Bundespräsidentenwahlen. SPÖ-Klubobmann Josef Cap stand zwar dazu, konzentrierte sich in seiner Rede aber über weite Strecken auf kritische Anmerkungen zur Monarchie und zur Familie Habsburg – um schließlich anzumerken, dass es ihn nicht stören würde, wenn Habsburger wieder im Schloss Schönbrunn aufträten, indem sie tourismusfördernd am Balkon ein bisserl winken.

Das empörte nicht nur Abgeordnete der ÖVP, des BZÖ oder der FPÖ, auch die Innenministerin tadelte Cap: Dieser „Sarkasmus" habe im Hohen Haus „nichts verloren", der SPÖ-Klubobmann sollte sich bei der Familie Habsburg entschuldigen. „Sie brauchen hier nicht als Oberlehrerin auftreten", konterte darauf der SPÖ-Abgeordnete Peter Wittmann, „wir sagen hier, was wir wollen und Sie brauchen sich für niemanden entschuldigen".

Auf der Galerie des Sitzungssaales folgte auch ein direkt Betroffener der Debatte – Ulrich Habsburg, der als (an den nötigen Unterstützungserklärungen gescheiterter) Kandidaturwerber bei der Bundespräsidentenwahl 2010 auch für die Abschaffung des Habsburger-Paragrafen eingetreten war.

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