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3. Juli 2011 / 23:11 Uhr

Macho-Kultur: Franzosen wollen Comeback von Strauss-Kahn

DSKErst vorverurteilt, jetzt vorschnell freigesprochen. Die Stimmung gegenüber dem ehemaligen Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, hat sich blitzartig gedreht. Zwar besteht gegen ihn nach wie vor der Verdacht der Vergewaltigung (die Anklage ist weiter aufrecht), doch bereits vor einem eventuellen Prozess gilt er als rehabilitiert. In Frankreich will man ihn gar wieder zurück, viele Franzosen sehen ihn als künftigen Präsidenten. Nicolas Sarkozy ist gewiss kein Ruhmesblatt, aber muss man ihn durch einen alten Lüstling ersetzen, der in einem New Yorker Hotel (so viel scheint gesichert) mit einem Zimmermädchen herumbumst?

Was jetzt alles an Details bekannt wird über den Sex im Hotelzimmer  – sei er nun freiwillig oder von DSK erzwungen gewesen –, macht den Mann um nichts sympathischer. Es gibt recht konkrete Hinweise darauf, dass das aus Guinea stammende Zimmermädchen in Wahrheit eine Teilzeit-Prostituierte war, die von der Gewerkschaft(!) zu diesem Zweck in das noble Hotel geschickt worden war. Anne Sinclair, die Ehefrau des einst mächtigsten Bankers der Welt, kann sich nun also aussuchen, ob ihr Mann Nafissatou Diallo – so der Name des Zimmermädchens – zum Oralsex gezwungen hat, wie sie das weiterhin behauptet, oder ob er als Freier einfach eine schlechte Zahlungsmoral hatte, wofür sich Diallo rächte. Beide Varianten lassen die geradezu provokante Rundfahrt des Ehepaares durch New York am Tag nach der Freilassung Strauss-Kahns recht eigenartig erscheinen.

DSK

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Dominque Strauss-Kahn: Die Franzosen verzeihen ihm selbst die
schmuddeligsten Sex-Abenteuer.
Foto: Wikimedia

Dass seine Ehefrau – obwohl finanziell offenbar bestens abgesichert – weiterhin zu diesem ungustiösen Typen steht, mag psychologische Ursachen haben. Dass aber eine knappe Mehrheit der Franzosen von 49 zu 43 Prozent sich ein politisches Comeback des ehemaligen IWF-Chefs wünscht, mutet recht seltsam an und kann wohl nur durch die massive Unzufriedenheit mit dem aktuellen Staatsoberhaupt Nicolas Sarkozy erklärt werden. Strauss-Kahn war vor seiner Inhaftierung als Präsidentschaftskandidat der Sozialisten gehandelt worden. Kommt er tatsächlich mit einem blauen Auge – sprich ohne Verurteilung – aus der Sache heraus, wäre er ein geradzu idealer Widersacher für Sarkozy, der es mit ehelicher Treue bekanntlich auch nicht allzu genau nimmt und 2007 seine zweite Ehefrau Cecilia durch die nicht gerade durch konservativen Lebenswandel bekannt gewordene Carla Bruni ersetzte.

So merkwürdig es ist, dass fast die Hälfte der Franzosen die Fortführung der politischen Karriere des Dominique Strauss-Kahn befürwortet, so lächerlich scheint es auch, wie davor das mutmaßliche Opfer des sexuellen Übergriffs zur Heiligen hochstilisiert wurde. Dabei hat sich nämlich nicht nur der Staatsanwalt in die Nesseln gesetzt, sondern mit ihm versuchten auch andere, an der Glorifizierung des Opfers zu partizipieren. Eine ganz besonders fromme Muslimin sei sie gewesen. „Alles, was sie gelernt hat, war der Koran“, wurde ihr älterer Bruder im Figaro zitiert. Auf islamischen Webseiten wurde sie als „muslimisches Vorbild“, als „wunderbare und fleißige Frau“ gepriesen. Und natürlich war sie auch regelmäßig in der Moschee.

Kaum zu glauben, dass es bei einem zufälligen Aufeinandertreffen zweier solcher Heiliger in einem Hotelzimmer in New York zu derartigen Szenen gekommen sein soll, die nun von Geschworenen auf ihren kriminellen Gehalt geprüft werden müssen.

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