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19. Jänner 2010 / 12:02 Uhr

Wenn kids2kids kommen

Wir brauchen uns gar nicht der Illusion hinzugeben, dass Deutsch eine Weltsprache wird. In der wissenschaftlichen Literatur, bei Tagungen und Kongressen dominiert längst Englisch, das "neue Latein" sozusagen. Ja, auf Universitäts-Ebene müssen wir es uns gefallen lassen, dass der "magister" zum "master" wird, wobei beide Ausdrücke nichts anderes als "Meister" bedeuten. Und der "baccalaureus" ("junger Geselle" oder "der mit dem Lorbeer Geschmückte") kommt durch die englische Hintertür flugs als "bachelor" herein.

Latein, die seit fast 2000 Jahren "fixierte" Weltsprache, die sich seit Cicero, Ovid, Vergil oder Horaz nicht mehr verändert hat, verstehen seit dieser Zeit auch noch die heutigen Leser. Deutsch hingegen verändert sich fortwährend – und wenn auch nur durch eine umstrittene Rechtschreibreform. Denn wer, sieht man von studierten Germanisten ab, kann denn mit einem althochdeutschen Text noch etwas anfangen?

Also "belebe" man diese ständig im Fluss befindliche Muttersprache doch gleich mit Vokabeln aus der neuen Weltsprache Englisch, besonders im Computer-Bereich. Techniker dieser Sorte können ja auch spielerisch mit einem "Handy" umgeben, das man im Englischen gar nicht kennt, weil es "mobil phone", sprich – um wieder ins Lateinische zurückzukehren – "Mobiltelefon" heißt. Ein "Handy" ist schließlich ein Festnetzgerät auch, weil man es ja auch dieses in die Hand nimmt.

Längst müssen wir statt eines "Ausverkaufes" ein "final sale" aushalten, statt einer Wahl ein "voting" und statt der "Erinnerung" an einen Termin einen "reminder". Doch jetzt setzt man diesem "Denglisch", über das sich ja auch die Engländer wegen der Verunglimpfung ihrer Sprache aufregen müssten, die Krone auf. Und zwar mit der Erfindung und des schon heftigen Gebrauchs von Wort-Zahl-Wort-Begriffen. So liest man vielfach schon "4you", also "für dich". Dass man "für" im Englischen "for", die "vier" aber "four" schreibt, auf diese Kleinigkeit kommt s den pfiffigen Werbetextern in ihrem Bemühen um ein originelles Schriftbild wirklich nicht an.

Um die Weihnachtszeit war in einigen Geschäften eine Sammelbüchse zu sehen, davor lag ein Zettel mit dem Titel "kids2kids", also "Kinder zwei Kinder". Weit gefehlt, ihr ahnungslosen Leser(innen), war doch die Aktion "Kinder zu Kindern" gemeint, eine Zusammenführung von Jugendlichen also, die man mit einem Obolus unterstützen möge. Dass man die "2" im Englischen noch immer als "two" schreeibt, das "zu" aber als "to", ist doch Nebensache – wenn das Geld in der Büchse klingt.

Wie gesagt: Nichts gegen Fremd- und Lehnwörter, aber das Neusprech-Denglisch steckt noch in den Kinderschuhen. Dort möge es auch bleiben, auf dass den Wort- und Begriffs-Schöpfern gehörig die Füße anschwellen mögen! Oder wollen wir vor dieser Bedrängnis – pardon: "mobbing" – wirklich kapitulieren?

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