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13. September 2011 / 10:31 Uhr

Spindelegger schützt Banken gegen ungarische Kreditaktion

Michael SpindeleggerDer sonst so freundliche Außenminister Spindelegger kann auch anders. „In schroffer Form“ hat er seinem ungarischen Kollegen Janos Martonyi mit allerhand Gegenmaßnahmen gedroht, wenn Ungarn seinen mit Fremdwährungskrediten belasteten Bürgern unter die Arme greifen und die Banken die Zeche für den Kursanstieg des Schweizer Franken zahlen lassen sollte.

Michael Spindelegger

Michael Spindelegger

Michael Spindelegger opfert sich für die österreichischen Banken
und legt sich mit dem Nachbarland Ungarn an.
Foto: michaelthurm / flickr (CC BY-NC-ND 2.0)

Regierungschef Viktor Orban hatte angekündigt, den arg gebeutelten Kreditnehmern eine Umwechslung ihrer Darlehen in die Landeswährung Forint zu einem Kurs anzubieten, der weit unter dem aktuellen liegt. Für einen Franken sollen die Ungarn nur den Fixpreis von 180 Forint zahlen, obwohl der tatsächliche Kurs momentan bei rund 240 Forint liegt. Auch Euro-Kreditnehmer sollen begünstigt werden, wenngleich nicht in diesem Ausmaß, zumal der Euro gegenüber den Forint nur bescheiden an Wert zugelegt hat. Auf den Kosten der staatlich verordneten Aktion blieben die Banken sitzen, viele davon sind österreichische. Vor allem die Erste Bank, aber auch Raiffeisen haben ungarischen Häuselbauern Kredite in Franken gewährt. Es geht um fünf Milliarden Euro. Der Schaden, der zur Hälfte an den Banken hängen bliebe, betrüge somit mehr als 600 Millionen Euro.

Spindelegger will einstweilige Verfügung

Spindelegger ruft jetzt nach der EU, will eine einstweilige Verfügung beim Europäischen Gerichtshof erwirken und spricht von einem „gehörigen Problem“, das es mit der ungarischen Regierung gebe.

Zweifellos ist die ungarische Vorgehensweise ungewöhnlich und ein klarer Fall von staatlichem Interventionismus. Doch wer hat damit begonnen? Die Stärke des Schweizer Franken ist eine unmittelbare Folge des europäischen Interventionismus, der ein Instrument nach dem anderen – von Transferzahlungen über Rettungsschirm bis Eurobonds – erfindet, um die Märkte daran zu hindern, das logische Urteil über die europäischen Pleite-Staaten zu sprechen, indem sie Griechenland und andere in die Insolvenz schicken. Daran sind sicher nicht die ungarischen Kreditnehmer schuld, die jetzt unverhältnismäßig bluten müssen und sich die Raten für ihre um die Hälfte gestiegenen Kredite nicht mehr leisten können.

40 Milliarden Frankenkredite in Österreich im Umlauf

Daran sind übrigens ebenso wenig die österreichischen Kreditnehmer schuld, die in fast demselben Ausmaß zu leiden haben wie die Ungarn. Der Vorstoß der Regierung Orban wäre daher ein guter Anlass, auch über das Problem in unserem Land zu reden, das wesentlich größer ist. Umgerechnet rund vierzig Milliarden Euro wurden in Österreich an Franken-Darlehen unters Volk gebracht. Die Banken können sich schon die Hände reiben, werden sie doch zahlreiche Immobilien in ihren Besitz übernehmen können, wenn sich die Kunden die Rückzahlung nicht mehr leisten können. Doch dieses heiße Eisen anzufassen – immerhin sind rund 250.000 Österreicher betroffen – wagen weder der Außenminister noch seine für Finanzen zuständige Kollegin Fekter und auch nicht der ebenfalls der ÖVP angehörige Wirtschaftsminister Mitterlehner, der in dieser Frage die Interessen der ebenfalls stark in Franken verschuldeten Unternehmen zu vertreten hätte. Denn die ÖVP kämpft lieber für die Banken – gegen die ungarischen Kreditnehmer, aber auch gegen die österreichischen.

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