Österreichs Haftungen für marode Eurostaaten wie Griechenland sollen erheblich steigen. Grund dafür ist die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms EFSF von 440 auf 700 Milliarden Euro. Österreichs Anteil daran beträgt 21,639 Milliarden anstatt bisher 12,241 Milliarden. Der Nationalrat muss dieser Ausweitung zustimmen und das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz ändern, weil dort bisher eine Obergrenze von 15 Milliarden an Haftungen festgeschrieben ist. Die Regierungsparteien wollen dazu nun eine Sondersitzung des Nationalrats, um den Beschluss noch vor dem Votum in der Slowakei Anfang Oktober durchzupeitschen, wo man der Haftungsübernahme ablehnend gegenüber steht.
Regierungsparteien ziehen alle parlamentarischen Register
Bisher haben SPÖ und ÖVP die Materie weitgehend unter der Decke gehalten. Im heutigen Finanzausschuss des Nationalrats stand die Regierungsvorlage zunächst gar nicht auf der Tagesordnung. SPÖ, ÖVP wollten sie dennoch behandeln, fanden dafür allerdings keine Zweidrittelmehrheit. Somit kann der Beschluss nicht in der nächsten Nationalratssitzung am 21. September fallen. Die Regierungsparteien wollen jedoch möglichst schnell eine Zusage aus Österreich erwirken, damit das Thema vom Tisch ist. Die EU-freundlichen Regierungspareteien befürchten offenbar einen Sturm der Entrüstung, insbesondere wenn in der Bevölkerung durchdringt, dass es auch Alternativen gibt. Kolportierter "Plan B" von SPÖ und ÖVP: In der nächsten Sitzung könnte man mit einem Fristsetzungsantrag eine schnelle Behandlung erzwingen, die dann in einer eigens einberufenen Sondersitzung des Nationalrats stattfinden müsste.
wiell die Euro-Rettungspakete zu Fall bringen.
Foto: Pavol Frešo / Wikimedia (CC BY 2.0)
Rot und Schwarz haben insbesondere Angst vor dem Beispiel des Nachbarlands Slowakei. Parlamentspräsident Richard Sulik hat dort heute angekündigt, dass sein Land der Ausweitung des Rettungsschirms jedenfalls nicht zustimmen werde. Regierungschefin Iveta Radicova ist zwar dafür, kann sich aber in der von ihr geführten Vierparteienkoalition nicht durchsetzen, denn Suliks liberale SaS-Partei hat sich bereits festgelegt. "Man muss Griechenland pleite gehen lassen", sagt Sulik ganz unverblümt. Er will sowohl die Ausweitung des EFSF als auch den danach geplanten permanenten Rettungsschirm ESM verhindern. Eine negative Entscheidung in der Slowakei wäre trotz deren geringen Anteils am Volumen des Rettungsschirms weit mehr als symbolisch. Bei der Ablehnung durch nur ein einziges Euroland ist das Rettungspaket gefallen, weil alle sich dafür aussprechen müssen.
Dass es überhaupt noch einer Zustimmung der nationalen Parlamente bedarf, könnte bald der Vergangenheit angehören. Im Vertragsentwurf für den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM ist dies nicht mehr vorgesehen. Die einmal installierten Gremien sollen dann Ausweitungen des Schirms und den Abruf von Kapital der Mitgliedsstaaten selbständig beschließen können, ohne dass der Gesetzgeber dabei etwas mitzureden hat.
Unzensuriert-Magazin: Wie der ESM die Demokratie ausschaltet
Wie durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus alle Staatsgewalten – Gesetzgebung, Vollziehung und Rechtssprechung – ausgeschaltet werden sollen, lesen Sie im nächsten Unzensuriert-Magazin zum Schwerpunktthema Eurokrise, das Anfang Oktober 2011 erscheint.
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