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29. Jänner 2010 / 10:12 Uhr

Das Doppelspiel der Volksparteien in der Südtirol-Frage

Es waren an die 400 interessierte Zuhörer in die kleine Gemeinde Villanders im Eisacktal gekommen, um der Podiumsdiskussion mit dem provokanten Titel „Südtirol ohne Italien?“ zu folgen. Sogar die Saaltüren mussten geöffnet werden, um dem starken Andrang einigermaßen Herr zu werden. Vertreter der Südtiroler Landtagsparteien und die Südtirolsprecher der Parlamentsparteien setzten sich mit der Verankerung der Schutzmachtrolle Österreichs in der Bundesverfassung auseinander. Zudem wurde über die Möglichkeit einer Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler diskutiert.

Bekannte Positionen bezog die FPÖ, vertreten durch ihren Südtirolsprecher Werner Neubauer, der sich für die Schutzfunktion im Verfassungsrang aussprach, „um alle derzeitigen und zukünftigen österreichischen Regierungsmitglieder zu verpflichten“. Weniger eindeutige Stellungnahmen gab es von den beiden Volksparteien ÖVP und SVP. Sie empfahlen eine „Politik der kleinen Schritte“.

Sven Knoll von der Süd-Tiroler Freiheit bekannte sich zur Selbstbestimmung und zog einen Vergleich mit dem Fall der Berliner Mauer, der lange Zeit unmöglich schien. Sepp Kusstatscher, Sprecher der Grünen, sprach sich stattdessen gegen die Autonomie aus. Daraufhin entgegnete Neubauer unter großen Beifall des Saales, dass die Grünen nicht ständig Patriotismus mit Rechtsextremismus verwechseln sollen.

Politisch brisant wurde es dann nach der Veranstaltung. Es folgten völlig unterschiedliche Stellungnahmen von verschiedenen Politikern der Südtiroler Volkspartei und der Österreichischen Volkspartei zur Südtirol-Frage. Landeshauptmann Alois Durnwalder war für eine Verankerung der Schutzmachtrolle, aber gegen eine doppelte Staatsbürgerschaft, für die sich wiederum die Parlamentarier Karl Zeller und Siegfried Brugger (ebenfalls SVP) aussprachen. Das sei in Istrien und Dalmatien für Italiener nämlich geschehen.

ÖVP-Südtirolsprecher Hermann Gaar bekannte sich zur österreichischen Schutzmachtrolle, zweifelte aber an der Sinnhaftigkeit der Doppelstaatsbürgerschaft. Auch ÖVP-Seniorenobmann Andreas Kohl erklärte, dass eine solche Doppelstaatsbürgerschaft „Italien provozieren würde“.

Während sich einige SVP-Abgeordnete aufrichtig um die Südtiroler Anliegen annehmen, spielt die ÖVP gemeinsam mit anderen SVP-Politikern ein unehrliches Spiel kurz vor der Gemeinderatswahl im Mai. Eine von der SVP initiierte Unterschriftenaktion für den Erhalt einer zusätzlichen österreichischen Staatsbürgerschaft für ladinische und deutsche Südtiroler soll vom verhinderten gleichlautenden Landtagsbeschluss ablenken. Damals hatte Landeshauptmann Durnwalder die entsprechende Forderung des Landtages blockiert.

Nun scheint es so, dass sich die beiden Volksparteien nur zum Schein als Patrioten verkaufen, aber innerlich längst als verlängerte Arme des italienischen Außenministers und Günter-Platter-Freundes Franco Frattini gelten. Dieser äußerte sich in der italienischsprachigen Südtiroler Zeitung „Alto Adige“ zum Thema Selbstbestimmung wie folgt: „Sie wird nie ein Thema für Italien sein, und – wie wir wissen – auch nie ein Thema für Österreich.“ Davon können auch die Volksparteikollegen Außenminister Spindelegger und Khol ein Lied singen. Schon 2006 wurde ein Entschließungsantrag im Nationalrat dank vorzeitiger Auflösung der Gesetzgebungsperiode nichtig. An einen Initiativantrag zur Überwindung des Diskontinuitätsprinzips dachte die ÖVP schon damals (absichtlich) nicht. Die Südtirol-Frage wird also auch künftig von übler Inszenierung und medialem Theaterdonner begleitet werden.

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