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23. Oktober 2011 / 18:08 Uhr

Krankenakte: Angst vor Datenklau und Millionengrab

Stoeger Hosek Der Hacker-Angriff auf die Patienten-Daten bei der Tiroler Gebietskrankenkasse, die Beschnüffelung der ÖBB-Mitarbeiter nach Krankheiten und die „Spitzelaffäre“ um die Krankendaten der Landesbeschäftigten in Salzburg machen das Thema „Datenschutz“ hochsensibel. Dennoch startet, fast unbemerkt von der Öffentlichkeit im November ein EU-Testbetrieb mit elektronischen Krankenakten. Auch in Österreich.

Stoeger Hosek

Stoeger Hosek

Gesundheitsminister Alois Stöger (im Bild mit Frauenministerin
Heinisch-Hosek, beide SPÖ) solle aufhören, alles schön zu reden, mahnt
FPÖ-Gesundsheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein.
Foto: SPÖ Presse und Kommunikation / flickr (CC BY-ND 2.0)

Mit der E-Card gibt es den elektronischen Krankenschein in Österreich schon seit einigen Jahren. Die elektronische Gesundheitsakte ist der nächste Schritt. In dieser sollen alle Krankendaten aller Patienten digital erfasst und nicht nur innerhalb des Landes, sondern in ganz Europa verfügbar und nutzbar sein. Werden die Krankendaten dann für jedermann einsehbar sein? Diesbezügliche Befürchtungen gibt es nicht nur von Patienten, sondern auch von Ärzten. Doch der Generaldirektor für Neue Medien und Kommunikation in der EU-Kommission, Robert Madelin, entgegnet: Natürlich sei vorgesehen, dass nur die Patienten und niemand sonst, nicht einmal der Arzt, ohne Zustimmung über die Daten verfügen können.

Weitergabe von Gesundheitsdaten

Im November jedenfalls beginnen in zehn EU-Ländern, darunter auch Österreich, Tests mit der elektronischen Krankenakte und der Weitergabe von Gesundheitsdaten auf elektronischem Weg. In zwei bis drei Jahren sollten dann brauchbare Ergebnisse für die Einführung des elektronischen Gesundheitssystems in ganz Europa vorliegen.

Die Kosten für „ELGA“, wie die EU ihre Projekt nennt, sind ernorm. Nicht nur deshalb gibt es heftige Kritik vonseiten der Ärzte und der FPÖ, die den sofortigen Ausstieg Österreichs fordert. Der stellvertretende FPÖ-Klubobmann Martin Strutz bekrittelt, dass es bis zum heutigen Tag nicht einmal eine gesetzliche Bestimmung gebe, „welche die Voraussetzung für die Realisierung der elektronischen Krankenakte darstellt“. Für Entwicklungskosten seien trotzdem schon 30 Millionen Euro verbraucht worden, weitere 150 Millionen Euro sollen laut Strutz nachgeschossen werden. „So könnte ELGA zum Millionengrab werden“, befürchtet Strutz. In diesem Zusammenhang wies der FPÖ-Abgeordnete auch auf die Auftragsvergabe an Siemens hin, die womöglich unter Umgehung von Ausschreibungen widerrechtlich erfolgt sei. Dies sei vom Rechnungshof zu prüfen, fordert Strutz.

Je mehr Daten, desto gefährlicher

FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein meint, dass angesichts der fortwährenden Veröffentlichungen vertraulicher Patientendaten dem Gesundheitsminister hinsichtlich Datenschutz nicht zu trauen sei. „Es gibt kein sicheres System, je mehr Daten gespeichert werden, desto gefährlicher wird das“, sagt Belakowitsch-Jenewein gegenüber Unzensuriert.at. Mit ihrer Meinung steht sie nicht alleine da. So fürchtet der Bundesobmann der niedergelassenen Ärzte, Günther Wawrowsky: „Wo Daten gehäuft werden, dort werden sie auch gestohlen und missbräuchlich verwendet. Das sagt uns der Hausverstand.“ Ihm sei unverständlich, wie solche Monsterprojekte nicht wie in anderen Ländern auf breiter gesellschaftlicher Ebene diskutiert würden.

Der obersten Ärztevertreter, Ärztekammer-Präsident Walter Dorner, bezog ebenfalls klar gegen des ELGA-Projekt Stellung. Er sprach sich dafür aus, bestehende Datensysteme von Spitälern, Krankenanstaltenverbänden und niedergelassenen Ärzten zu vernetzen. „Die Kosten wären um ein Vielfaches geringer als für das Prestigeprojekt ELGA – und: die Gesundheitsdaten jedes Einzelnen wären auf seiner persönlichen E-Card gespeichert und nicht auf irgendeinem Zentralserver, auf den eine unüberschaubare Menge von Personen zugreifen kann.

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