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17. Feber 2010 / 15:19 Uhr

ÖVP-Wirtschaftsbund kämpft mit allen Mitteln um den Machterhalt

Das erste Alarmsignal kam schon vor knapp zwei Wochen von der FPÖ pro Mittelstand: Rund 70 Kandidaten wurden unter dubiosen Umständen von der Wahlkommission von den Listen für die Wiener Wirtschaftskammerwahl gestrichen. Tonangebend ist dort der ÖVP-Wirtschaftsbund. Jetzt beschwerte sich auch der rote Wirtschaftsverband über schwarze Keilertrupps, die den Unternehmern die Wahl angeblich "erklären" und dann gleich den Stimmzettel mitnehmen. Und die FPÖ pro Mittelstand kündigte eine Wahlanfechtung an, weil alle Beschwerden auf taube Ohren stießen.

Für den allmächtigen Wirtschaftsbund wird s bei der Wahl von 27. Februar bis 2. März vor allem in Wien eng. Bei zuletzt 50,5 Prozent der Stimmen sitzt ihm die Angst vor dem Verlust der absoluten Mehrheit im Nacken. Zu Hilfe kommt da das völlig skurille und demokratiepolitisch bedenkliche Wahlsystem der Kammer. Ein Beispiel: Die Fachgruppe der Seilbahnen hat in Wien nur einen einzigen Mitgliedsbetrieb, daher auch nur einen Wähler, der automatisch Mandatar ist und dessen Mandat genauso wie alle anderen – besser mit Stimmen unterfütterten – für die Zusammensetzung des Wirtschaftsparlamanets herangezogen wird. In einigen Fachgruppen lässt sich also viel gewinnen, wenn man einer Liste einen Kandidaten "ausspannt" und ihn einer anderen Liste zuschlägt, wie dies vielen Bewerbern der FPÖ pro Mittelstand passiert ist. Und bei der geringen Wahlbeteiligung bewegen auch einige wenige Stimmen viel im Wahlergebnis. So gesehen könnten sich die von den Roten behaupteten Keilertrupps für den Wirtschaftsbund bezahlt machen. Auch die Grüne Wirtschaft ortet ähnliche Praktiken, schließt aber die Sozialdemokraten in die Kritik ein.

Die Wahlkommission schaltet angesichts der Beschwerden der FPÖ pro Mittelstand auf stur, die Kandidatenlisten sind mittlerweile amtlich. Menschen, die die Standes- und Wirtschaftspolitik in der Kammer aktiv mitgestalten wollen, werden verhöhnt und gegen ihren Willen auf fremde Listen geschrieben. Mittlerweile sind auch Fälle bekannt, in denen die Wirtschaftskammer Unternehmern die Ausstellung einer Wahlkarte veweigert, obwohl sie Kandidaten sind, das passive Wahlrecht also zweifelsfrei haben. Es entsteht der Eindruck einer bizarren Melange aus Chaos und Manipulation. Die Aufsichtsbehörde der Wirtschaftskammer – Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner – hatte seltsamerweise auch erst am Tag nach Fixierung der Kandidatenlisten Zeit, sich über die Dinge zu unterhalten.

Karl Baron, Spitzenkandidat der FPÖ pro Mittelstand, hat angekündigt, im Interesse seiner bevormundeten Kollegen die Wahl anzufechten. Auch die Sozialdemokraten haben bereits damit gedroht. Grundsätzlich hat der Wirtschaftsbund in der Kammer ein System gezimmert, das den Machterhalt begünstigt. Neue Listen bekommen weder Akteneinsicht noch Zugang zu den Wählerlisten. Die etablierten Mitbewerber haben sich mit den Schwarzen arrangiert und teilen mit ihnen die Posten oft nach Gutdünken auf. Wo möglich vermeidet man sogar die Wahl, macht eine Einheitsliste und verteilt schon vorher die Mandate.

"Dieses System wollen wir aufbrechen", sagt Karl Baron, "und deshalb fürchten uns die Schwarzen wie der Teufel das Weihwasser." Denn von der Interessenvertretung für kleine und mittlere Unternehmer hätten sich die Wirtschaftskammer-Funktionäre schon meilenweit entfernt. Kein Wunder, bekommen sie doch dafür auch nicht mehr Geld. Die Zwangsbeiträge fließen auch so in Millionenströmen.

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