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3. November 2011 / 08:27 Uhr

Aufstieg der Piratenpartei belebt linke Planspiele für Rot-Rot-Grün

BildDie Piratenpartei, die bei der Berlin-Wahl 8,9% erzielte, wirbelt die politische Landschaft in der Bundesrepublik Deutschland durcheinander: Laut einer aktuellen Umfrage von Emnid (30. Oktober 2011) kommt sie bundesweit auf stolze 10 Prozent – und das ohne flächendeckend ausgebaute Parteistrukturen. Eine Folge dieses überraschenden Umfragehochs ist die Erschütterung rot-grüner Koalitionsträume, denn Sozialdemokraten (28%) und Grüne (17%) erreichen nun nicht mehr die erforderliche Mehrheit. Insbesondere der Höhenflug der Grünen, die von der Reaktorkatastrophe in Japan profitieren konnten, scheint endgültig vorbei: die Partei gab um 3 Prozentpunkte nach.

Piratenpartei

Piratenpartei

Die Piraten bringen mit ihren Erfolgen die
LINKE zürück ins bundesweite Koalitionsspiel.
Foto: towo™ / flickr (CC BY 2.0)

Auch wenn die Entwicklung der Piratenpartei längst noch nicht abgeschlossen ist, konkurriert sie trotz der Mobilisierung von Nichtwählern auch um linke Wähler. Es wird langsam eng im linken politischen Spektrum, während rechts auch durch die anhaltende politische Schwindsucht der FDP (konstant bei 3 %) riesige Lücken klaffen. Der Aufstieg der Piraten ist nicht jedem bundesdeutschen Linken recht, denn die verlockende Option eines nahen Machtwechsels 2013 durch Rot-Grün besteht nun nicht mehr, man benötigt eine dritte Partei, um Angela Merkel (CDU) abzulösen. Die Piraten, zu hipp, zu wenig linkspolitisch durchgeformt und damit vielen linken Politprofis erst einmal suspekt, scheiden für nicht wenige von vorneherein aus.

Deshalb erhalten jene Aufwind, denen schon immer an einem "guten Verhältnis" mit der Linkspartei gelegen war: "ein gutes Verhältnis" – hinter diesem harmlosen Chiffre verbirgt sich das Bestreben, eine harte linke Agenda mit der SED-Nachfolgepartei durchzusetzen. Insbesondere die Parteilinke innerhalb der SPD, darunter Generalsekretärin Andrea Nahles und der Juso-Vorsitzende Sascha Vogt, machen nun mobil. Der aktuelle Juso-Vorsitzende hatte letztes Jahr Franziska Drohsel abgelöst, die unter anderem durch ihre Mitgliedschaft in der Hilfsorganisation "Rote Hilfe" in die Schlagzeilen geraten war. Die "Rote Hilfe" setzt sich für ehemalige Terroristen der "Roten Armee Fraktion" (RAF) ein. Vogt, der unbeirrt den politischen Kurs Drohsels fortsetzt, möchte  "zwei Jahre vor der Bundestagswahl" die "Tür für die Linkspartei nicht zu machen", wie Der Spiegel zitierte

Ypsilanti als Linksverbinderin

Auch Andrea Ypsilanti (SPD) aus Hessen gehört zu diesen Kreisen. Sie gründete 2010 unter dem schmucklosen Namen "Solidarische Moderne" ein "Institut", an dem Katja Kipping (LINKE) und Franziska Drohsel als Gründungsmitglieder beteiligt sind. Bei dieser "Programmwerkstatt" handelt es sich um eine akademisch gewandete Kontaktbörse, ein Diskussionsforum zur Etablierung von Rot-Rot-Grün, natürlich unter Einbindung "außerparlamentarischer" Kräfte. Es dürfte bald wieder verstärkt aktiv werden.

Besondere Brisanz kommt der Debatte zu, da der viel beachtete Parteitag der Linken in Erfurt auf eine Radikalisierung innerhalb der Partei schließen lässt. So erzielten die dezidiert linke Programmatik der Parteitagsbeschlüsse (Verstaatlichung von Unternehmen, Freigabe von harten Drogen, Forcierung der Masseneinwanderung), die Rückkehr Oscar Lafontaines sowie die gestärkte Stellung der Kommunistin Sahra Wagenknecht mediales Aufsehen.

Rechter SPD-Flügel unter Beobachtung

Die Diskussion, die nach dem politischen "Piratenüberfall" entbrannt ist, dürfte die kommenden Jahre kaum abebben. Sie wird gerade innerhalb der Sozialdemokratie zu weiteren Auseinandersetzungen um den Kurs der Partei führen. Seit der Ära Schröder (1998 – 2005) steht eine dezimierte Parteirechte einer bestimmenden Parteilinken gegenüber. Letztere beobachtet den sich warm laufenden und von Altkanzler Helmut Schmidt unterstützten Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück argwöhnisch, weiß aber nur zu gut, dass dieser Stimmen in der Mitte zu binden vermag. Mit dem Auftauchen der Piraten ist allein durch gute Umfragewerte Bewegung in die politische Landschaft geraten, das Ende rot-grüner Träume dürfte nur ein Vorgeschmack auf kommende Verwerfungen sein, falls die Piratenpartei in erste Landtage oder in den Bundestag einzieht.

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