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22. Feber 2010 / 20:02 Uhr

Neuer Verhetzungs-Paragraf erwartet Prammer, Rauscher und Freunde

Kaum hat die ÖVP ein neues – wenngleich reichlich verworrenes – Modell für sie Abwahl von Amtsträgern präsentiert, kann die blutrote Nationalratspräsidentin Barbara Prammer die Füße nicht mehr still halten. Prompt schreitet sie zum Interview im berüchtigten "Standard". Der setzt schon durch die Reihenfolge der Fragestellung die Prioritäten: Ganz wichtig sind der Dritte Nationalratspräsident und der WKR-Ball, mittel-wichtig das Asylzentrum Eberau und das Ausländer-Thema insgesamt, unwichtig die Probleme des Parlaments von mangelnder Anfragebeantwortung bis verpfuschtem Umbau.

Man kann ihre Enttäuschung richtig spüren: Wieder hat die ÖVP versagt und nur so eine Halblösung angeboten. Wieder reicht es nicht, um ihren ungeliebten Kollegen Martin Graf loszuwerden. Flugs präsentiert Prammer das Gegenmodell: Die Hälfte der Abgeordneten sollen einen Abwahlantrag unterschreiben und zwei Drittel dann zustimmen – so ließe sich das Problem viel einfacher und ohne den lästigen Verfassungsgerichtshof lösen.

Dabei war Prammer längst nicht so kreativ wie die bekannt scharfsinnige Zeitung "Österreich". Dort wird erklärt, wie man Graf auch mit den weichen ÖVP-Regeln loswerden kann. Einfach wegen Verhetzung anzeigen, ausliefern, verurteilen lassen – und weg mit ihm. Welche Verhetzung konkret Martin Graf begangen haben soll, bleibt unerwähnt – ist aber auch nicht so wichtig. Der Frau Prammer wird schon etwas einfallen.

Aber Achtung: Verhetzung kann zum Bumerang werden! Im umstrittenen Gesetzesentwurf der Justizministerin zur Terrorismus-Prävention heißt es in § 283, dass zu bestrafen ist, wer zu Gewalt oder Hass gegen eine – unter anderen – nach dem Kriterium der Weltanschauung definierte Gruppe aufruft oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft oder verächtlich zu machen versucht.

Eine solche Gruppe ist zweifellos auch eine Burschenschaft. Prammer sollte sich also künftig zurückhalten. Voll in die Falle getappt wäre – wenn das Gesetz schon gälte – Standard-Kolumnist Hans Rauscher mit seinem "Einserkastl" zum Thema: Burschenschaftern Zerstörung von demokratischen Werten und Humanität vorzuwerfen, riecht stark nach Verhetzung im Sinne des Bandion-Ortner schen Entwurfs.

Wobei gegen Prammer diese neue juristische Wunderwaffe vielleicht gar nicht nötig wäre: Wenn sie beim Parlamentsumbau weiter so pfuscht, unterschreiben wohl auch so bald die Hälfte der Abgeordneten ihren Abwahlantrag und zwei Drittel stimmen zu.

Foto auf der Startseite: Franz Gstaettner

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