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20. November 2011 / 20:51 Uhr

Freiwilligenarmeen in Europa – Bilanz einer Krise

BundeswehrNeben Österreich halten derzeit mit Finnland, Estland, Griechenland und Zypern nur noch vier weitere EU-Staaten an der Wehrpflicht fest. Die letzten beiden Staaten, die ihr Wehrsystem von einer Wehrpflichtigenarmee auf eine Freiwilligentruppe umgestellt haben, waren 2010 Schweden und 2011 Deutschland. Inzwischen zeigen sich die großen Probleme, die eine Freiwilligenarmee mit sich bringt.

Zu wenige Rekruten

Rekruten

.Bundeswehr

Findet die Bundeswehr genug Freiwillige?
Foto: Jollyroger / Wikimedia

Selbst unter den Vorzeichen sinkender Mannschaftsstärken haben die Armeen Probleme, genügend Rekruten zu finden. Schweden – laut dessen Aussagen Vorbild für die Pläne von Verteidigungsminister Norbert Darabos – konnte bis Jahresbeginn 2011 von geplanten 5300 Rekruten nur 2400 anwerben und lag damit unter der Hälfte des Solls. Ähnlich ergeht es den Deutschen, die im Juli 2011 die ersten Soldaten der neuen Freiwilligenarmee rekrutierten

Im Zeitraum zwischen Juli und Ende September quittierten 780 der 3459 neuen Freiwilligen ihren Dienst vorzeitig, immerhin 22,5 Prozent der Rekruten. Bereits zuvor hatten hochrangige deutsche Offiziere vor einem drohenden Soldatenmangel, der die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr beeinträchtigen könnte gewarnt. Generalleutnant Werner Freers warnte bereits im Februar vor einem Personalnotstand und sah das Engagement in Afghanistan im derzeitigen Ausmaß gefährdet. Andere Staaten wie die USA, Großbritannien oder Spanien werden bereits seit längerem von Rekrutenschwund geplagt.

Rekruten mit geringer Qualifikation und Ausländer

Nicht nur die Quantität, auch die Qualität der Rekruten ist im Sinkflug begriffen. Dies betrifft nicht so sehr die Offiziere und Unteroffiziere, denen in den meisten Armeen eine längere Karriere offensteht. Vor allem die Mannschaften, die nur auf begrenzte Dauer rekrutiert werden, stellen dabei ein Problem dar. Notorisch sind inzwischen Beispiele, in denen nicht nur wenig bis gar nicht qualifizierte Personen, sondern auch Kriminelle oder Ausländer angeworben werden. Zwischen 2004 und 2007 stieg die Quote von Rekruten mit Vorstrafen in den USA um 64 Prozent, Schätzungen gehen von bis zu 40 Prozent funktionellen Analphabeten aus; auch im Vereinigten Königreich werden mehr und mehr Vorbestrafte angeworben. Sowohl die beiden Vorgenannten als auch Spanien werben inzwischen einen Teil ihrer Soldaten im Ausland. Mit diesem Gedanken trägt man sich auch Deutschland, wie aus einem internen „Maßnahmenpaket zur Steigerung der Attraktivität der Bundeswehr“ der Bundeswehr vom Februar dieses Jahres hervorgeht. Die Bundeswehr sollte vermehrt für in Deutschland lebende Ausländer geöffnet werden, in Ausnahmefällen ist dies bereits möglich. Während die Unionsparteien und die FDP diesem Ansinnen skeptisch gegenüberstanden, hatte die Opposition aus SPD und Grünen keine grundsätzlichen Einwände.

Ein weiterer Vorschlag aus dem Maßnahmenpaket ist die gezielte Rekrutierung von „jungen Menschen mit unterdurchschnittlicher schulischer Bildung beziehungsweise ohne Schulabschluss“. Nicht soziales Engagement, sondern die demographische Entwicklung wird als Grund für diese Vorschläge genannt.

Konsequenzen für Österreich

Auf Verteidigungsminister Darabos scheinen derartige Probleme keinen Eindruck zu machen, hält er doch unbeirrt an seinem Vorhaben, der Umstellung des Wehrsystems hin zu einer Freiwilligenarmee, fest. Die freiheitliche Opposition hingegen kritisiert diese Pläne scharf. Schon aus grundsätzlichen Erwägungen lehne man die Einführung einer Freiwilligenarmee ab. „Wir sehen die Möglichkeit der Landesverteidigung als Bürgerrecht und demokratische Errungenschaft an“, erklärt dazu der freiheitliche Abgeordnete Elmar Podgorschek, Mitglied des Landesverteidigungsausschusses. Die Probleme anderer Staaten mit diesem Wehrsystem seien weitere gute Gründe, die Einführung einer Freiwilligenarmee abzulehnen, so Podgorschek.

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