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4. Dezember 2011 / 20:07 Uhr

Aggressive Regierung lässt jeden Plan vermissen

Faymann und SpindeleggerAm Freitag war Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann zur Befehlsausgabe in Berlin. Angela Merkel erklärte ihm die Fiskalunion und überzeugte ihn von der Notwendigkeit einer EU-Vertragsänderung, damit die Europäische Kommission die Budgets der Mitgliedstaaten überwachen kann. Am Abend berichtete Faymann in der Zeit-im-Bild 2 brav über den wichtigen Termin und die Wünsche seiner deutschen Kollegin („Sie hat uns gesagt, dass…“, „Was sie zusätzlich möchte, ist…“, „Ich weiß von der deutschen Bundeskanzlerin, dass…“, „Ich würde genauso wie die deutsche Bundeskanzlerin…“). Das Wort Volksabstimmung kam ihm dabei nicht über die Lippen, Moderatorin Lorenz-Dittlbacher fragte höflicherweise auch gar nicht danach.

Volksabstimmung erst in drei oder vier Jahren

Gegenüber der Kronen Zeitung, der er im Jahr 2008 eine Volksabstimmung bei einer Änderung der EU-Verträge versprochen hatte, meinte Faymann, dass es „mindestens drei, vier Jahre dauern“ werde bis zu einer Abstimmung, wenngleich bereits jetzt Maßnahmen nötig seien, um den Euro zu stabilisieren. Faymann will also das Volk in dieser Legislaturperiode nichts mehr entscheiden lassen.

Faymann und Spindelegger

Faymann und Spindelegger

Langer Bremsweg: Faymann und Spindelegger wollen ab 2017 keine
neuen Schulden, bis dahin jedoch haben sie wenig vor.
Foto: SPÖ Presse und Kommunikation / flickr / (CC BY-ND 2.0)

Ähnlich „zukunftsorientiert“ ist die Politik des Kanzlers in der Frage des österreichischen Budgets. Die angekündigte Schuldenbremse soll erst 2017 wirken. Bis dahin ist an Maßnahmen geplant: nichts. Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (FPÖ) sprach daher in der Parlamentssendung Hohes Haus von einem „Bremsweg von sechs Jahren“ und „einer Überschrift“: „Es wird ja nicht dazu gesagt, welche Belastungen dann eingezogen werden. Das überlässt man künftigen Regierungen, das ist verantwortungslos.“

Dass der Regierung jeder Begleitplan zur Schuldenbremse  fehlt, wurde auch aus den Ausführungen des Rechnungshof-Präsidenten Josef Moser in der ORF-Pressestunde klar. Man müsse das strukturelle Defizit bis 2017 von neun auf maximal 1,3 Milliarden Euro zurückführen: „Wenn man die Schuldenbremse tatsächlich ins Leben rufen will und gleichzeitig auch mit Leben erfüllen will, muss man in allen Bereichen dafür Sorge tragen, dass der Abbau der Schulden bis zum Jahr 2017 auch erfolgreich sein kann.“ Zu diesem Zweck hat der Rechnungshof zuletzt 599 Sparvorschläge auf den Tisch gelegt, die jedoch „die Regierungsparteien nicht einmal entfernt tangieren", wie FPÖ-Rechnungshofsprecher Wolfgang Zanger beklagte.

BZÖ wird der Regierung die Zweidrittelmehrheit sichern

Trotz der Delegation jeder Verantwortung auf kommende Politiker-Generation ist das BZÖ offenbar entschlossen, den Regierungsparteien die für eine Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung nötige Zweidrittelmehrheit im Parlament zu beschaffen. Am Sonntag trafen die Orangen mit Vertretern der Koalition zu Gesprächen zusammen.  Die Parteichefs von SPÖ und ÖVP versuchten, mit ungewohnter Aggressivität das Fehlen eines Konzepts zu kaschieren. ÖVP-Obmann Michael Spindelegger beschuldigte die FPÖ gegenüber der Tageszeitung Österreich, das Land zu verraten und es den Finanzspekulanten überlassen zu wollen, weil sich die Freiheitlichen gegen die Schuldenbremse in der von der Regierung vorgeschlagenen Form aussprechen. Ähnlich Faymann bereits am Freitag in der Krone: „Dass die FPÖ uns ausgerichtet hat, wir sollen einmal aus dem Euro austreten, dann könnten wir weiterreden, das ist so absurd und zeigt, wie unseriös diese Partei ist.“

Zustimmung zu Euro-Bonds "nimmt die Dimension von Hochverrat an"

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky wies die Vorwürfe zurück und kritisierte im Gegenzug, dass Faymann nun – im Gegensatz zu seiner deutsche Kollegin Merkel – auch Euro-Bonds etwas abgewinnen kann: „"Die EU-Hörigkeit von SPÖ und ÖVP hat schon ein unerträgliches Ausmaß angenommen und beginnt die Dimension von Hochverrat anzunehmen, weil die beiden Parteien die letzten Reste österreichischer Souveränität und österreichischen Wohlstands für ein massiv gescheitertes europäisches Währungsprojekt zu opfern bereit sind."

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