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28. Dezember 2011 / 09:32 Uhr

Steirischer ÖVP-Glücksspiellobbyist musste den Hut nehmen

BildDas österreichische politische System kennt ein Spezifikum, das politische Kulturen in anderen mitteleuropäischen Demokratien in dieser Ausprägung nicht kennen: den Multifunktionär. Obwohl das Land und seine Politik einigermaßen überschaubar sind, tummeln sich darin seit vielen Jahrzehnten zahlreiche Multifunktionäre als Paradebeispiele des roten und schwarzen Parteien-, Kammern- und Verbändestaats. Nicht zuletzt die über Jahrzehnte herrschende große Koalition aus SPÖ und ÖVP hat durch Proporz, Parteibuchwirtschaft und Postenschacher den Typ des Multifunktionärs geradezu gefördert. Einer dieser Multifunktionäre war lange Zeit Wolfgang Kasic von der steirischen ÖVP.

Wolfgang Kasic, ÖVP-Politiker und Unternehmer

Glücksspielautomat

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ÖVP-Politiker Kasic war am Ende der Verlierer.
Foto: stahlkocher / wikimedia (CC-BY-SA-3.0)

Bereits mit 20 Jahren wurd Kasic Spitzenfunktionär der Jungen ÖVP in der Steiermark. Parallel zu seinem BWL-Studium, dem Aufbau einer Werbeagentur sowie der Herausgabe einer Regionalzeitung engagierte sich Kasic in der Tourismus- und Kommunalpolitik seiner Heimatgemeinde Frohnleiten. Dort brachte er es bis zum Vizebürgermeister und Vorstand des Tourismusverbandes. Ab der Wirtschaftskammerwahl 1995 war Kasic dann Fachgruppenobmann der Freizeit- und Sportbetriebe und ab 2005 auf Bundesebene stellvertretender Fachverbandsobmann in der Wirtschaftskammer Österreich. Zudem vertrat er die steirische ÖVP seit dem Jahr 2000 als Abgeordneter zum Landtag, wo er unter anderem Wirtschaftssprecher des ÖVP-Landtagsklubs war. Dazu kam die einflussreiche Stellung als Vorsitzender des Glücksspielausschusses.

Zeitungsherausgeber, Landtagabgeordneter und Glücksspielfunktionär

Genau diese Massierung aus verschieden Funktionen und der Repräsentanz unterschiedlichster Interessen trieb den aufstrebenden Landespolitiker zunehmend in die Enge. Im  Frühjahr 2011 tauchten Medienberichte auf, wonach es zu einer unzulässigen Interessenskollision bei Kasic gekommen sei. So würde dieser einerseits in seiner Regionalzeitung Inserate der Glücksspielwirtschaft abdrucken, andererseits vertrete er als Standesvertreter in der Wirtschaftskammer deren Interessen – und zudem wäre er als Vorsitzender des Glücksspielausschusses im Landtag auch für die gesetzlichen Rahmenbedingungen zuständig. In dieser Causa übernahmen in weiterer Folge auch die Strafbehörden Ermittlungen betreffend Unvereinbarkeiten und einem möglichen Amtsmissbrauch.

Unvereinbarkeiten führten zum Ende der Politiker- und Funktionärskarriere

Als der Druck der Öffentlichkeit immer größer wurde, trat Klasic im August 2011 von allen Funktionen zurück. Glücksspielausschussvorsitz und Landtagsmandat wurden zurückgelegt, und nach mehreren Monaten Ermittlung durch die Staatsanwaltschaft legte auch diese die Ermittlungen gegen den ehemaligen ÖVP-Multifunktionär zurück. Die Strafbehörden sahen eine politische, aber keine strafrechtliche Kollision der Interessen beim ÖVP-Politiker. Eine Causa begleitete Klasic allerdings noch weiter, so interessierte sich die Justiz auch für die Finanzierung des privaten Gartenzaunes des ÖVP-Vizebürgermeisters durch die Gemeinde Frohnleiten. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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