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3. Jänner 2012 / 08:57 Uhr

Das Scheitern roter Zentralisten im Bundesland Vorarlberg

BildHeute ist die Bezeichnung des „Wutbürgers“ in aller Munde. Der Wutbürger ist aber keineswegs eine Erscheinung unserer Zeit. Vor mehr als 37 Jahren trat das Phänomen auch in Österreich auf. Und dies im sonst eher als besonnen geltenden westlichsten Bundesland Vorarlberg.Ein SPÖ-Verkehrsminister und ein rotes ÖBB-Direktorium hatten den heiligen Zorn der Allemannen hervorgerufen. Grund war die Namensgebung für ein Schiff. Die Vorgangsweise der roten Zentralisten in Wien in dieser Sache spiegelt aber eine grundsätzliche Geisteshaltung der Wiener Bürokratie gegenüber den Bundesländerinteressen wider.

Bodenseeschiff als Streitobjekt zwischen Wien und Bregenz

Bundesminister Otto Propst

Bundesminister Otto Propst

Verkehrsminister Otto Probst bootete die
Vorarlberger aus.
Foto: Parlamentsdirektion

Die ÖBB als Staatsbetrieb hatten die Vorarlberger Landesregierung bereits 1955 aufgefordert, für ein zukünftig zu bauendes Bodenseeschiff einen Namensvorschlag zu machen. Diese beschloss den Namen „Vorarlberg“. Jahre vergingen, und man hörte von den Wiener Bahnzentralisten im Verkehrsministerium bzw. den ÖBB nichts mehr zum Schiffsbau und zur Namensgebung. Erst 1963 wurde in der Korneuburger Werft mit dem Bau des Bodenseeschiffs durch die ÖBB begonnen. Die Vorarlberger Landesregierung erneuerte daraufhin den Beschluss zur Namensgebung. Im Frühjahr 1964 tauchten dann erste Gerüchte aus Wien über einen anderen Namen aus. SPÖ-geführtes Verkehrsministerium und ÖBB hatten hinter dem Rücken der Vorarlberger beschlossen, das Schiff nach dem verstorbenen SPÖ-Bundespräsidenten Karl Renner zu benennen. Die Vorarlberger erklärten, dass seit dem Ende der Monarchie zur Vermeidung eines Personenkultes keine Schiffe mehr auf Personennamen getauft worden waren und man es bei dieser Vorgangsweise belassen wolle.

Bundespräsident Renner oder Bundesland Vorarlberg

Entgegen dieser Vorbehalte der Vorarlberger gab der zuständige SPÖ Verkehrsminister Otto Propst am 1. Oktober 1964 offiziell bekannt, dass das Schiff auf den Namen Karl Renner getauft würde. Neuerliche Interventionen der Vorarlberger Landesregierung blieben ungehört. Nun schalteten sich die Vorarlberger Nachrichten (VN) als Landeszeitung ein und starteten eine Initiative gegen die Schiffstaufe. Am 17. November 1964 beschloss die Landesregierung, keine offiziellen Vertreter zu entsenden, dem schlossen sich viele andere öffentliche Stellen an. Am 20. November 1964, einen Tag vor der offiziellen Schiffstaufe, kam es zu einem Demonstrationsaufruf der VN . Auch die zweite landesweite Zeitung, das Vorarlberger Volksblatt, mobilisierte gegen die Schiffstaufe. Am frühen Morgen des 21. November hatten sich schon mehr als 1000 Demonstranten am Bahnhof Bregenz versammelt, um die Festgäste zu empfangen. Gleichzeitig hatten sich nach und nach in der Gemeinde Fußach, der Anlegestelle für die Schiffstaufe, sogar 20.000 Demonstranten eingefunden. Die Festgäste mussten einen Spießrutenlauf hinter sich bringen. Unter den Sprechchören „Obst für Propst“ wurden Tomaten und Eier auf die Festgäste geworfen und diese auf ihrem Fußmarsch zur Anlegestelle attackiert. Die Gäste mussten sich auf einem zweiten bereitstehenden Schiff names Österreich Deckung suchen. Der rote Verkehrsminister musste schlussendlich mit einem Motorboot flüchten.

Propst verliert gegen selbstbewusste Vorarlberger

In weiterer Folge versuchte der SPÖ-Spitzenpolitiker die beiden Tageszeitungen Vorarlberger Volksblatt und Vorarlberger Nachrichten wegen „Aufforderung zum offenen Aufruhr“ beschlagnahmen zu lassen. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch lehnte dies aber ab. Es kam im Nationalrat zu einem Schlagabtausch zwischen SPÖ auf der einen sowie ÖVP und FPÖ auf der anderen Seite über die Vorkommnisse in Fußach. Als die Vorarlberger Nachrichten in einem Artikel den rechtlich verfolgten Rädelsführern Tipps für die Vernehmungen gaben und Justizminister Broda "Verhörmethoden” vorwarfen, führte dies zur Beschlagnahme der Ausgabe.

Am 3. April 1965 demonstrierten  bis zu 40.000 Personen auf dem Bregenzer Kornmarktplatz für den Schiffsnamen "Vorarlberg”. In weiterer Folge kam es zu Voruntersuchungen gegen die Rädelsführer, es wurde unter anderem wegen Aufwiegelung gegen einen Redakteur und den Herausgeber der Vorarlberger Nachrichten ermittelt. SPÖ-Bundespräsident Franz Jonas schlug schlussendlich aber das eingeleitete Strafverfahren nieder, und auch die SPÖ musste  in der Frage der Schiffstaufe klein beigeben. Am 30. Juli 1965 taufte SPÖ-Verkehrsminister Probst in der Korneuburger Werft im Rahmen eines Festakts das Bodenseeschiff offiziell auf den Namen „Vorarlberg“, während sich das Schiff bereits auf dem Bodensee befand. Vor Ort wollte der gescheiterte rote Verkehrsminister die Feierlichkeiten aus Angst vor neuerlichen Kundgebungen nicht abhalten. Das Schiff  „Vorarlberg“ ist heute noch auf dem Bodensee im Einsatz.

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