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5. Jänner 2012 / 00:51 Uhr

Islands Widerstand wird zum Knackpunkt der europäischen Finanz

BildDer isländische Widerstand gegen die Finanzhaie wird in den systemkonformen Massenmedien nicht gerne gesehen. Deshalb haben wir auf Unzensuriert.at bereits im September einen schonungslosen Bericht über die isländische Krise und den tapferen Widerstand des Inselvolkes gegen seine Banker veröffentlicht, die sich in Windeseile durch das Internet verbreitet hatte und von den verschiedensten Seiten aufgrund seiner Klarheit gelobt wurde. Mittlerweile hat sich die Lage in Island verändert, die Icesave-Pleite zieht noch immer ihre Kreise:

 

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Vom Gerichtshof der Rest-EFTA soll Island nun gezwungen werden,
die von seinen Pleitebanken geschädigten Sparer zu entschädigen.

Das erste Mal in der Geschichte des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) wird die Verpflichtung zur Einlagensicherung schlagend. Sie wird sogar vor dem Gerichtshof der Europäische Freihandelsassoziation (EFTA), der nebem Island nur noch Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein angehören, verhandelt. Prinzipiell besagt diese Regelung, dass Bankkunden auch bei völligem Kollaps ihrer Bank eine gewisse Summe ihres Geldes zurückbekommen müssen. Nun versucht eine Klage der ESA (Finanzaufsichtsbehörden der EFTA) die Isländer dazu zu zwingen, das von der kollabierten Icesave verzockte Kapital zurückzuzahlen. Als EFTA-Mitglied gehört Island zwar nicht nur EU, wohl aber zum EWR.

Der Vertrag sieht vor, dass das kleine Land Island mit bis zu 20.000 Euro für die Einlagen der Anleger haftet. Die europäischen Staaten haben jedoch im Rahmen der Finanzkrise ihre Haftungsgarantien massiv aufgestockt, so auch die Niederlande und England, die den Großteil der Icesave-Anleger stellen. Sie entschädigten die Anleger ihres Landes mit jeweils 100.000 Euro bzw. 50.000 britischen Pfund. Dieses Geld fordern sie nun von Island zurück. Wie wir bereits berichtet haben, schmetterten zwei isländische Volksabstimmungen die bereits vom Parlament festgelegte Akzeptanz dieser Schulden ab.

Bank zahlt Schulden nicht schnell genug

Das Mutterunternehmen der Icesave, die Landsbanki, ist bereits im Begriff, die Schulden an England und Holland abzubezahlen – trotzdem steht die Meinung der ESA fest, Island trage als Staat die Schuld an dem Desaster. Die Rückzahlungen der Landsbanki würden die Schulden nicht bis Ende 2013 abbezahlt haben. Die Präsidentin der ESA, die Norwegerin Oda Helen Sletnes, wiederholt daher die Forderung: "Die Position der Behörden bleibt unverändert. Island muss seine Verpflichtungen unter dem EWR-Vertrag erfüllen. Es muss die Entschädigungen aller Anleger unter den Bedingungen der Einlagensicherung sicherstellen, ohne zu benachteiligen."

 

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Beim Icesave-Prozess geht es längst nicht mehr um Island alleine.
Foto: Jeff Schmaltz / Wikimedia

Bereits die Anklageschrift an den Gerichtshof beschreibt die Brisanz der Lage: Bei der Frage der Icesave-Schulden geht es nicht bloß um Kapital, sondern um ein wichtiges Prinzip des EWR: Sollte Island in diesem internationalen Verfahren schadensfrei aussteigen, also effektiv die Landsbanki dazu verpflichtet werden, die Schulden zurückzuzahlen, so würde das für jedes europäische Land bedeuten, die Einlagengarantie bloß theoretisch festlegen, nicht jedoch tatsächlich bezahlen zu müssen, was das Vertrauen der Anleger massiv erschüttern und so den Finanzsektor zum Einsturz bringen könnte.

Da im Moment erschreckend viele europäische Staaten nicht in der Lage sein dürften, die Einlagengarantie für ihre Banken zu gewährleisten, ist das nun erwartete Urteil von höchster Bedeutung für ganz Europa. Island wird jedenfalls erneut seinen Standpunkt vor dem EFTA-Gericht darlegen müssen. Bei einer Nicht-Anerkennung der isländischen Position (die wohl zu erwarten ist, da die Finanzbehörden Island nicht wegen des Geldes, sondern aus Prinzip zu verurteilen suchen) fallen die Schulden von maximal 20.000 Euro pro Sparer erneut auf das isländische Volk zurück.

Heroischer Präsident kündigt Rücktritt an

Mittlerweile hat übrigens der isländische Präsident Olafur Ragnar Grimsson, der gegen den Willen des isländischen Parlamentes zweimal die Volksabstimmung über die Staatsschulden erwirkt hat, seinen Rücktritt für Mai dieses Jahres angekündigt. Seine Weigerung, das vernichtende Gesetz zu ratifizieren, ohne das Volk zu befragen, hat vielen Isländern Kraft und Mut gegeben, gegen das Finanzdiktat aufzustehen und dient als Vorbild für die mündigen Bürger ganz Europas.

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