Kommentar von Andreas Mölzer, Mitglied des Europäischen Parlaments
Doch Brüssel hat offenbar kein Interesse daran, diesen haarsträubenden Zuständen ein Ende zu setzen. Zwar gründete die EU-Kommission die Transparenzinitiative „Alter EU“ und schuf ein Register für Lobbyisten, jedoch nur auf freiwilliger Basis. Dass die professionellen Interessensvertreter, wenn sie obendrein noch mit Samthandschuhen angefasst werden, so wenig wie möglich über sich und ihre Auftraggeber preisgeben wollen, war von Anfang an klar. Und so überrascht es auch nicht, daß sich laut jüngstem Bericht von „Alter EU“ nur knapp 40 Prozent der in Brüssel tätigen Lobbying-Unternehmen in das das freiwillige Register der Kommission haben eintragen lassen.
Damit wird deutlich, dass die Transparenzinitiative der EU-Kommission in erster Linie dazu diente, den verärgerten Bürgern eine Beruhigungspille zu verabreichen. Nicht nur, dass die Freiwilligkeit ein völlig untaugliches Mittel ist, um den Lobbyisten zum Offenlegen ihrer Hintermänner zu bewegen, vielmehr wurde der Begriff der Lobbying-Unternehmen wohlweislich so eng gefasst, dass gerade einmal 286 einschlägige Firmen für das Register in Betracht kommen. Internationale Großkonzerne, egal welcher Branche, sowie die Hochfinanz, sollen also in der Europäischen Union Gehör finden, während die Bürger, die zu Recht mehr Transparenz fordern, an der Nase herum geführt werden.
Wenn die EU verhindern will, dass sich künftig noch mehr Bürger mit Grausen vor ihr abwenden, dann wird ein grundlegendes Umdenken erforderlich sein. Vor allem gilt es, die Brüsseler Lobby-Sümpfe endlich trockenzulegen, was nur durch eine möglichst weite Auslegung des Begriffs des Lobbyings und der Pflicht zur Eintragung in ein Register geschehen kann. Und wenn sich Lobbyisten weigern, ihre Pflichten zu erfüllen, dann muss es harte Sanktionen bis hin zu einem Verlust der Akkreditierung geben.
Andreas Mölzer schreibt regelmäßig in der Wochenzeitung "Zur Zeit".