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25. Jänner 2012 / 00:26 Uhr

Betreuungsverhältnis an Unis wird immer schlechter

BildAm 20. Jänner wurde der Universitätsbericht für die Jahre 2010 – 2012 präsentiert. Er enthält wenige überraschende Neuigkeiten. Die Finanzierung der Universitäten durch den Bund wird 7,9 Milliarden Euro betragen. Das sind um 22 % mehr als die 6,85 Milliarden im Zeitraum 2007 – 2009. Die durchschnittlichen Ausgaben pro Student sind jedoch gesunken, da die Zahl der Studenten weiterhin zunimmt.

2008 lagen die Ausgaben pro Student noch bei 11.743 Euro, im Jahr 2010 nur noch bei 11.247 Euro. Kurt Grünewald, Wissenschaftssprecher der Grünen, kritisiert, die höheren Budgetmittel würden durch Inflation und Gehaltsvorrückungen zunichte gemacht. Tatsächlich erwähnt der Bericht, dass die erhöhten Mittel zum Teil für „Bezugserhöhungen ehemaliger Bundesbediensteter“ verwendet werden. Das Universitätsgesetz schreibt Zeitvorrückungen nach 6 bzw. 8 Jahren vor, es gibt einen umfangreichen Kündigungsschutz für ältere Mitarbeiter.

Betreuungsverhältnis verschlechtert sich weiter

 

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Die Situation an den Universitäten verschlechtert sich weiter.
Foto: Buchhändler / wikimedia / (CC BY-SA 3.0)

Wegen der gestiegenen Studentenzahlen hat sich auch das Betreuungsverhältnis weiter verschlechtert. Im Wintersemester 2010 kamen auf einen vollzeitbeschäftigten Lehrenden 20,5 und auf einen Professor 122,8 Studenten. Im WS 2008 lagen diese Werte noch deutlich besser bei 18 bzw. 104.

Überdurchschnittliche Verschlechterungen ergaben sich an der TU Wien, der Universität für Bodenkultur sowie an den Universitäten Linz und Klagenfurt. Am schlechtesten ist das Verhältnis weiterhin in den klassischen Massenfächern: Geistes- und Sozialwissenschaften, Journalismus sowie Wirtschaft und Jus. Hier kommen auf einen Vollzeitbeschäftigten durchschnittlich 144 Studenten.

Kunststudenten sind am besten betreut

Die schlechten Durchschnittswerte sind vor allem diesen Fächern geschuldet, während sie in allen anderen Studienrichtungen deutlich besser sind. Eine Differenzierung nach Studienfach ist also sinnvoll und findet leider viel zu selten statt. Denn während etwa bei den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technein optimales Betreuungsverhältnis zweifellos im allgemeinen Interesse liegt, kann man sich in den Geistes- und Sozialwissenschaften durchaus fragen, ob es Sinn macht, noch mehr Personal einzustellen, um weitere Heerscharen an Politologen, Ethnologen oder Germanisten hervorzubringen. Dies nützt am Ende weder dem Staat noch dem einzelnen Studenten, der nach einem solchen Studium häufig ohne angemessene Beschäftigung dasteht.

Mehr Kunstprofessoren als Naturwissenschaftler

Mehr Personal und ein günstigeres Betreuungsverhältnis gegenüber 2008 gibt es nur bei der Medizin inklusive Pharmazie. Ein traumhaftes Betreuungsverhältnis haben allerdings generell die Kunststudenten: Dort steht ein Vollzeitbeschäftigter nur 18 Studenten zur Verfügung, an allen Kunstuniversitäten des Landes gibt es insgesamt 884 Vollzeitäquivalente. Zusammen mit den Geisteswissenschaften verfügen die Künste über fast genauso viele Vollzeitäquivalente wie die medizinischen Unis und das Fach Pharmazie. Im gesamten Bereich Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik ist weniger Lehrpersonal vorhanden als an den Kunstuniversitäten. Eine eigentümliche Prioritätensetzung, vor allem, wenn man die Leistungen der modernen Naturwissenschaft mit jenen der modernen Kunst vergleicht.

Bologna-Prinzip schon fast flächendeckend

Die Umstellung auf die Bologna-Studienarchitektur ist weiter vorangeschritten: Im Wintersemester 2011 machen Bachelor- und Masterstudien bereits 84 % des ordentlichen Studienangebots aus, 10 % sind Doktoratsstudien und nur noch 6 % Diplomstudien. Es wurde beschlossen, auch Medizin und die Lehramtsstudien auf die Bologna-Architektur umzustellen.

Seit Wintersemester 2011 gibt es die Studieneingangs- und Orientierungsphase (STEOP). Innerhalb dieser müssen zwei verpflichtende Prüfungen stattfinden, die nur einmal wiederholt werden dürfen. Wer bei einer dieser Prüfungen zweimal durchfällt, ist für das betreffende Studium gesperrt. Dadurch sollen die Studierenden möglichst früh Klarheit darüber erhalten, ob das gewählte Studium tatsächlich ihren Erwartungen entspricht bzw. ob sie dafür geeignet sind. Die verpflichtende Studienberatung als Zulassungsvoraussetzung wurde hingegen nicht umgesetzt. Sie setzt eine „Verordnung des zuständigen Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur voraus, in welcher deren Ausformung näher ausgeführt wird“. In der Verordnung soll festgelegt werden, welche Formen von Beratung in Frage kommen. Wann diese Verordnung erlassen werden soll, ist allerdings noch unklar, vermutlich erst 2015.

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