So also stellt sich Verteidigungsminister Norbert Darabos sein Berufsheer vor! Bei einem Pilotprojekt am Truppenübungsplatz Seetaler Alpe in der Steiermark werden Rekruten durch Häftlinge ersetzt. Der freiheitliche Wehrsprecher Peter Fichtenbauer ortet darin einen „Skandal der Sonderklasse“.
um sein umstrittenes Berufsheer durchzuboxen.
Foto: nulleffekt.net / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)
Wie der Kurier berichtet, will Norbert Darabos (SPÖ) mit höchst umstrittenen Pilotversuchen beweisen, dass man Kasernen und militärische Liegenschaften auch ohne Rekruten erhalten kann. Nach der von Darabos geplanten Abschaffung der Wehrpflicht stünden so genannte „Systemerhalter“, die anfallende Arbeiten in den Bundesheer-Einrichtungen erledigen, nicht mehr zur Verfügung.
Darabos übt in einigen Kasernen daher den Ernstfall, also die Zeit nach der Wehrpflicht. Zu diesen Standorten gehört auch der Truppenübungsplatz Seetaler Alpe. Dort erledigen bisher 100 Rekruten alle Arbeiten vom Küchendienst bis zum Schneeschaufeln. Diese Soldaten werden jetzt durch billige Leiharbeiter ersetzt. Und durch Freigänger der Strafanstalt Leoben, was vor allem den Einheimischen der Anrainergemeinde Obdach sauer aufstößt.
Darbos-Überlegungen immer abenteuerlicher
Das läuft, laut Kurier, derzeit so ab: Vier Häftlinge fahren in der Früh mit der Bahn von Leoben nach Judenburg, wo sie mit Heereskraftfahrzeugen abgeholt werden. Am Abend müssen sie wieder in ihre Zellen einrücken.
Damit schließt sich bei Darabos eine abenteuerliche Kette von Überlegungen, um sein politisches Prestigeprojekt „Berufsheer“ durchzuboxen. Während andere Staaten in Europa, die ebenfalls das Berufsheer präferieren, ihre Rekrutierungsprobleme dadurch lösen wollen, dass die Aufnahmehürden auf Sonderschulniveau gesenkt und ausländische Söldner angeheuert werden, steckt Darabos Häftlinge in Uniformen. Eine Maßnahme, die nicht nur Berufsheer-Gegner auf die Palme bringen.
ÖVP und FPÖ kündigen Widerstand an
Der ÖVP-Landtagsabgeordnete und steirische VP-Wehrsprecher Peter Rieser meint: „Mir bleiben die Worte weg, wo führt dieser Weg hin?“ FPÖ-Wehrsprecher Fichtenbauer hat eine parlamentarische Anfrage eingebracht. Denn er kann sich einen Häftling nicht als Absperrposten vorstellen: „Der unterliegt weder den Allgemeinen Dienstvorschriften noch den Militärstrafgesetzen.“
Im Kurier nimmt auch ein Ministersprecher zu den Vorwürfen Stellung: Es sei schon länger üblich, Häftlinge in Kasernen zu beschäftigen. Diese würden keine Tätigkeiten der Rekruten übernehmen. Wie auch immer: Für das Heer bleibt es jedenfalls eine Billiglösung. Denn für Häftlinge wird nur der Kollektivvertragslohn ohne Urlaubsgeld gezahlt, und davon fließt auch der Großteil zurück in den Staatssäckel.
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