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6. April 2012 / 10:12 Uhr

Irrweg staatliche Kleinstkinderbetreuung

Barbara Rosenkranz

Die bundesdeutsche Regierung ist, fraktionsübergreifend, in einem heftigen Streit über das eigentlich bereits beschlossene Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder zu Hause erziehen. Obwohl im schwarz-gelben Koalitionsvertrag steht: „Um Wahlfreiheit zu anderen öffentlichen Angeboten und Leistungen zu ermöglichen, soll ab dem Jahr 2013 ein Betreuungsgeld in Höhe von 150 Euro, gegebenenfalls als Gutschein, für Kinder unter drei Jahren als Bundesleistung eingeführt werden“, wollen mehrere Abgeordnete der Regierungsfraktionen davon heute nichts mehr wissen. Mehrheitlich aber sitzen die Gegner des Betreuungsgeldes freilich in der linken Opposition. Sie fordern, das Geld lieber in staatliche Betreuungseinrichtungen zu investieren und lehnen die direkten Förderungen von Familien seit jeher aus ideologischen Gründen ab.

Kommentar von Barbara Rosenkranz

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat zu diesem Thema einen sehr interessanten, ganzseitigen Artikel eines angesehen Kinderarztes veröffentlicht. Dr. Rainer Böhm stellt unter dem Titel „Die dunkle Seite der Kindheit“ die Gefahren verfrühter und zu langer Fremdbetreuung von Klein(st)kindern dar.

Der Mediziner verweist in erster Linie auf die größte Langzeitstudie in den Vereinigten Staaten zur frühkindlichen Fremdbetreuung von Kleinkindern (Ergebnisbericht von 2007). Das überparteiliche staatliche National Institute of Child Health and Human Development (NICHD) beobachtete seit dem Jahr 1991 über 1.300 Kinder, hauptsächlich aus der weißen Mittelschicht, von Geburt an in ihren Familien, ihren außerfamiliären Betreuungseinrichtungen und später in der Schule.

Krankhaftes Problemverhalten bei Krippenkindern

Die Studien-Ergebnisse sind erschreckend: Ein Viertel der ganztagsbetreuten Vierjährigen zeigte bereits ein krankhaftes Problemverhalten. Kinder im Alter bis 12 Jahren, die sich mindestens zehn Stunden pro Woche in Kinderkrippen aufgehalten hatten, legten in der Schule eine auffällig schwierige Wesensart an den Tag. Je länger die Kinder in Krippen erzogen wurden, desto stärker die Verhaltensauffälligkeiten: Streiten, Gewalttätigkeiten, Lügen, Sachbeschädigung, Grausamkeiten usw. Im Alter von 15 Jahren kamen schließlich Straftaten wie Drogenmissbrauch, Vandalismus und Diebstahl hinzu. Bemerkenswert ist, dass es dabei gar nicht auf die Qualität der jeweiligen Kinderkrippe ankam. Auch Kinder, die sehr gute Betreuungseinrichtungen besucht hatten, verhielten sich stark verhaltensauffällig.

Stresshormonwerte wie bei rumänischen Waisenkindern

Böhm geht in seinem Artikel auch auf weitere wissenschaftliche Untersuchungen ein, so u.a. auch auf die „Wiener Kinderkrippenstudie“, bei der Forscher den Wert des Stresshormons Cortisol im Speichel von Kleinkindern gemessen haben. Nachgewiesen wurde, dass vor allem unter zweijährige Kinder nach fünf Monaten Krippenaufenthalt unter sehr hohem Stress leiden. Die Cortisolwerte der Wiener Kinder waren vergleichbar mit denen, die bei gleichaltrigen Waisenkindern in rumänischen Heimen gemessen wurden. So führt es der Kinderarzt den Lesern drastisch vor Augen. Wissenschaftlich belegt ist ebenfalls, dass chronischer Stress im frühen Kindesalter krank macht. Depressionen aber auch Herz-Kreislauferkrankungen können die Folge sein. Böhm fasst die Erkenntnisse zusammen:

Derzeit fällt es vielen noch schwer, das Bild anzunehmen, das diese neuen, objektiven Messdaten zu erkennen geben. Aber es führt kein Weg um die Einsicht herum, dass die Mehrheit ganztagsbetreuter Krippenkinder, selbst wenn sie in schönen Räumen mit anregendem Spielzeug von engagierten Erziehern oder Erzieherinnen betreut wird, den Tag in ängstlicher Anspannung verbringt, dass sich dies bei einem Teil der Kinder in anhaltenden Verhaltensauffälligkeiten niederschlägt und dass mit dieser Form der Betreuung Risiken für die langfristige seelische und körperliche Gesundheit einhergehen.

Den FAZ-Artikel schließt der Kinder- und Jugendarzt mit einem Appell:

Kleinkinder dauerhaftem Stress auszusetzen ist unethisch, verstößt gegen Menschenrecht, macht akut und chronisch krank. Ein freiheitlicher Staat, der frühkindliche Betreuung in großem Umfang fördert, ist verpflichtet nachzuweisen, dass Kleinkinder keine chronischen Stressbelastungen erleiden. Das staatliche Wächteramt gebietet, eine Gefährdung des Kindeswohls gerade in öffentlichen Institutionen auszuschließen. Der Gesetzgeber sollte daher von seinen derzeitigen Plänen Abstand nehmen, ein Recht auf außerfamiliäre Betreuung ab dem ersten Geburtstag einzuführen.

Stattdessen schlägt Böhm vor, die Wahlfreiheit für Eltern über ein Kinder-Grundeinkommen oder ein Betreuungsgeld sicherzustellen.

Kindeswohl muss im Mittelpunkt stehen

Vor den wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen dürfen auch die österreichischen Entscheidungsträger in Politik und Praxis nicht die Augen verschließen. Es ist an der Zeit eine offene Diskussion über Kinderbetreuung zu führen. Weder dürfen Kinder als bloßes Berufshindernis für Eltern gelten, noch kann es darum gehen, starr EU-Vorgaben zum Krippenausbau zu folgen. Das Kindeswohl muss im Fokus stehen.

Barbara Rosenkranz schreibt auf www.zurueckzurvernunft.at.

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