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USA

29. April 2012 / 08:44 Uhr

Falkland-Konflikt lebt 30 Jahre nach Krieg wieder auf

In Europa kaum beachtet, schwelt im Südatlantik der Konflikt zwischen Argentinien und dem Vereinigten Königreich über die Falklandinseln, auch Malwinen (von der spanischen Bezeichnung Malvinas) weiter. Während die Inseln als Überseegebiet der britischen Krone unterstellt sind, werden sie in Argentinien als Teil der Provinz Feuerland, Antarktis und südatlantische Inseln gesehen. Anfang der 1980er Jahre kulminierte der Konflikt im Falklandkrieg, aus dem das Vereinigte Königreich als Sieger hervorging. Der dreißigste Jahrestag des Kriegsbeginns am 2. April 1982 ließ jetzt sowohl in Südamerika als auch in Großbritannien die Wogen wieder hochgehen.

200 Jahre Streit um die Inseln

Falklandinseln

Falklandinseln

Satellitenaufnahme der Falklandinseln.
Foto: NASA / Wikimedia

Der Konflikt um die 1594 von englischen Seefahrern entdeckte Inselgruppe geht auf das frühe 19. Jahrhundert zurück. Bereits zuvor hatten die Inseln mehrmals den Besitzer zwischen Briten, Spaniern und Franzosen gewechselt, im beginnenden Zeitalter des Kolonialismus keine Seltenheit. Nach der Unabhängigkeit Argentiniens von Spanien im Jahr 1816 erhob der neue Staat Anspruch auf die Falklandinseln, die 1811 von den Spaniern geräumt worden waren. 1833 vertrieben die Briten, die die Inseln seit 1765 ebenfalls beanspruchten, den argentinischen Gouverneur und nahmen sie offiziell in Besitz. Argentinien protestierte gegen das britische Vorgehen. 1843 wurde die Hauptstadt Port Stanley gegründet, Siedler vor allem aus Schottland und Nordengland kamen auf die Inseln. In den beiden Weltkriegen wurde das Seegebiet um die Falklandinseln zum Schlachtfeld zwischen deutscher und britischer Kriegsmarine.

Der Weg zum Falklandkrieg

Im Zuge der Entkolonialisierung nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auch der argentinische Anspruch auf die Inselgruppe wieder zum Thema. 1965 beschäftigte sich die UN-Vollversammlung mit dem Thema und erließ die Resolution 2065, in der die Konfliktparteien zu Verhandlungen über das weitere Schicksal der Inselgruppe aufgerufen werden. Die britischen Regierungen der 1960er und 1970er Jahre führten dementsprechende Verhandlungen mit Argentinien, an deren Ende eine Übertragung der Inselgruppe stehen sollte. Das Interesse Londons an den Falklandinseln war gering, sie wurden eher als Klotz am Bein betrachtet. Demgegenüber stand das Interesse der britischen Siedler, die einen Verbleib beim Vereinigten Königreich bevorzugten. Dies wurde zum entscheidenden Punkt der Verhandlungen, da Argentinien keinen besonderen Autonomiestatus der Inseln, wie dies die britische Regierung forderte, akzeptieren wollte. Auch Margaret Thatcher führte diese Verhandlungen nach ihrer Machtübernahme fort. Ihr Interesse an den noch bestehenden oder ehemaligen Kolonialgebieten war gering, sodass ein Rückzug aus dem Südpazifik bevorzustehen schien. Gleichzeitig verschärfte die neue Militärführung Argentiniens ihre Gangart und zog mehr und mehr eine kriegerische Lösung des Problems in Betracht. Die Führung in Buenos Aires stand bezüglich ihrer territorialen Forderungen nicht nur mit dem Vereinigten Königreich in Konflikt, sondern auch mit Chile, was sich in weiterer Folge negativ für sie auswirken sollte.

Der Falklandkrieg führt zu einer Änderung der britischen Politik

Durch seine guten Beziehungen zu den USA sowie militärische Aufrüstung entschied sich Argentinien Ende 1981, durch eine Besetzung der Falklandinseln vollendete Tatsachen zu schaffen. Wie weit London bewusst oder unbewusst Signale aussandte, die ein Eingreifen unwahrscheinlich erscheinen ließen, ist bis heute Gegenstand von Diskussionen. Am 2. April 1982 landeten schließlich argentinische Truppen auf den Falklandinseln und konnten diese ebenso wie die britische Insel Südgeorgien, ca. 1300 Kilometer südöstlich von den Falklands gelegen, besetzen.

Argentinischer Kreuzer

Argentinischer Kreuzer

Großbritannien gewann den Falklandkreg. Der argentinische Kreuzer
"General Belgrano" wurde von einem britischen U-Boot versenkt.
Foto: Teniente de fragata Martín Sgut / Wikimedia

In einer UN Resolution wurde Argentinien zur Räumung der Inseln aufgefordert; beide Seiten sollten sich auf friedlichem Weg einigen. Großbritannien war einerseits zu Verhandlungen bereit, entsandte gleichzeitig jedoch seine Flotte in den Südatlantik. Besonders schwierig war die Situation für die USA, die zwischen ihrem NATO-Verbündeten Großbritannien und dem befreundeten Regime in Argentinien wählen mussten; es setzte sich die Fraktion um Verteidigungsminister Caspar Weinberger, der sich für die Unterstützung Londons aussprach, gegen die Freunde Argentiniens um UN-Botschafterin Jeane Kirkpatrick durch, die eine drastische Verschlechterung der Beziehungen zu den lateinamerikanischen Staaten fürchtete. In Süd und Mittelamerika ergriffen außer Chile alle Staaten Partei für Argentinien.

Unter Mithilfe der USA und Chiles konnte das Vereinigte Königreich den Falklandkrieg am 20. Juni 1982 für sich entscheiden; die Ereignisse führten in weiterer Folge zum Sturz der argentinischen Militärjunta, die gehofft hatte, ihr Regime mit einem Sieg zu festigen. Außerdem sicherte der Erfolg die Wiederwahl Thatchers im folgenden Jahr.

Für die britische Falkland-Politik brachte der Krieg die entscheidende Wende. Ein Rückzug kam nun nicht mehr in Betracht, vielmehr wurde die Infrastruktur großzügig ausgebaut und eine größere Anzahl britischer Truppen auf den Falklandinseln stationiert. Die Bevölkerung der Falklandinseln nahm diese Umkehr mit Genugtuung auf.

Heißer Südatlantik

Zu dieser Umkehr dürften neben der Ehre Großbritanniens vor allem auch wirtschaftliche und strategische Gründe beigetragen haben. Weniger die dreiviertel Million Schafe, die auf der Insel gehalten werden, jedoch reiche Erdölvorkommen im Seegebiet um die Falklandinsel sind ein gewichtiges Motiv; die Ölvorkommen sollen jene in der Nordsee übertreffen. Die Falklandinseln sind zudem der britische Zugang zur Antarktis mit den dort vermuteten Rohstoffen. Jene Staaten, die Ansprüche auf Teile der Antarktis erheben, ließen diese im Antarktisvertrag ruhen und verzichteten bis auf weiteres auf wirtschaftliche Nutzung. Die britischen Ansprüche beruhen auf der Inselgruppe Südgeorgien, die ebenfalls von Argentinien beansprucht wird; der Weg dorthin führt über die Falklandinseln. Auf Grund der vermuteten Rohstoffe könnte sich der eisige Südatlantik in Zukunft durchaus als heiße Zone erweisen.

Argentinien bekräftigt seine Ansprüche

Cristina Kirchner

Cristina Kirchner

Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner
erhöht den Drück auf Großbritannien.
Foto: Presidencia de la N. Argentina / Wikimedia
(CC BY 2.0)

Inzwischen sind die Falklandinseln ein „britisches Überseegebiet“ mit autonomer Verwaltung und gehören damit – im Gegensatz zu den französischen Überseedepartments – nicht zur EU. Die Bewohner der Inseln sind britische Staatsbürger.

Auch nach der Niederlage im Falklandkrieg hat Argentinien seine Forderungen nach der Inselgruppe nicht aufgegeben. Der Versuch der Einflussnahme trieb dabei teilweise kuriose Blüten. 1994 bot der argentinische Präsident Carlos Menem jedem Einwohner bis zu eine Million Pfund, wenn sie auf ihre britische Staatsbürgerschaft verzichteten; die Umworbenen reagierten jedoch mit Ablehnung. Das Präsidentenehepaar Kirchner – zuerst Nestor, jetzt seine Frau Cristina – hat das Thema wieder auf die Agenda ernsthafter argentinischer Politik gesetzt. Die Ausgangsposition hat sich dabei gegenüber der Militärjunta klar verbessert. Während in Europa die Wirtschaftskrise weiter anhält, befindet sich Südamerika im Aufschwung; Argentinien weiß dabei die Unterstützung fast aller lateinamerikanischen Staaten hinter sich. Außerdem findet die Präsidentin auch in Argentinien selbst starken Rückhalt für ihre Politik, die Rückgewinnung der Falklandinseln ist für viele Argentinier zum Herzensthema geworden. London gehen dabei mehr und mehr die Unterstützer ab. US-Präsident Barack Obama forderte die beiden Kontrahenten vor zwei Wochen zum Dialog auf und unterstrich die Neutralität Washingtons in dieser Frage. Pikanterweise verwechselte er die Malvinas in seiner Rede mit den Malediven. Trotz dieses Fehlers trug der US-Präsident damit dem steigenden Einfluss Lateinamerikas Rechnung.

Diplomatische Offensive Argentiniens

Gouvereurshaus

Gouvereurshaus

Das Haus des Governeurs in der Falkland-Hauptstadt Port Stanley.
Die Bevölkerung der Inseln will bei Großbritannien bleiben.
Foto: michael clarke stuff / flickr /CC BY-SA 2.0)

Dies fällt umso mehr auf, als Argentinien gerade einen erneuten diplomatischen Vorstoß in Sachen Falklandinseln unternimmt. In den letzten Monaten verweigerten Argentinien und andere Staaten in der Region immer wieder britischen Schiffen das Anlegen in ihren Häfen, was mehr und mehr zu Versorgungsengpässen auf den Falklandinseln führt. Die Briten verlegen derzeit den Lenkwaffezerstörer HMS Dauntless in das Gebiet, was Präsidentin Kirchner veranlasste, „von einem großen Risiko für die internationale Sicherheit“ zu sprechen. Ein weiterer Waffengang ist dennoch äußerst unwahrscheinlich. Argentinien setzt auf Diplomatie, diese Offensive wird dafür mit Nachdruck geführt. Buenos Aires will das Thema jetzt wegen Militarisierung des Südatlantiks erneut vor die UNO bringen und so seinem Anliegen mehr Gewicht verleihen.

Das wichtigste Argument der Briten bisher ist das Selbstbestimmungsrecht der Einwohner, die in ihrer überwiegenden Mehrheit keinen Anschluss an Argentinien wollen; angesichts ihrer britischen Abstammung ist dies nicht verwunderlich. Ob dies allein auf Dauer reichen wird, um einem wesentlich selbstbewussteren Argentinien zu widerstehen, scheint jedoch fraglich.

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