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17. Mai 2012 / 11:59 Uhr

Internationale Gemeinschaft in Mazedonien gescheitert

Die Republik Mazedonien ist ein kleiner Binnenstaat im Zentrum der Balkanhalbinsel mit einer Fläche von fast 26.000 Quadratkilometern und ca. 2 Millionen Einwohnern. Die Bevölkerung Mazedoniens setzt sich gemäß Volkszählung 2002 aus rund 64% ethnischen Mazedoniern, 25 % Albanern (nicht unumstritten) und einem kleineren Anteil an Türken, Roma, Bosniern, Serben, Walachen und anderen Nationalitäten zusammen. Die Religionszugehörigkeit unterteilt sich in orthodoxe Christen (70 %), Muslime (29 %), Sonstige (1 %). Also ein multi-ethnischer Mix mit stark religiöser Komponente.

Kommentar von Harald W. Kotschy

Zufolge dieses ethnisch-religiösen bipolaren Bevölkerungsgemenges eskalierten bereits im Winter 2001 an der Grenze des westlichen zum islamischen Kulturkreis die latenten mazedonisch-albanischen, also christlich-muslimischen Animositäten zu einem Bruchlinienkonflikt ganz im Sinne des Huntingtonschen „Clash of Civilizations“. Samuel Huntingtons Definition zufolge sind Bruchlinienkonflikte „Konflikte zwischen Gemeinschaften, die Staaten oder Gruppen aus unterschiedlichen Kulturen angehören“. Unter der Vorspiegelung einer angeblichen Benachteiligung der albanischen Volksgruppe brachen – von der kosovarischen UCK initiierte – bewaffnete Auseinandersetzungen in Nordwestmazedonien aus. Diese wurden mit dem von NATO, EU, OSZE und USA den Mazedoniern aufoktroyierten „Ohrider Rahmenabkommen“ vom 13.8.2001 beendet. Die Republik Mazedonien wurde de facto zweistaatlich und zweisprachig, die Albaner wurden dadurch in der Praxis zum zweiten konstituierenden Staatsvolk, wenngleich dies in der Verfassung nicht so formuliert wurde. Ihnen wurde ein proportionaler Anteil an der Regierungsmacht und bei der Polizei gesetzlich eingeräumt. Die de facto ethnische Teilung wurde formalisiert und international garantiert, was zur Folge hatte, dass Mazedonien zum institutionell labilsten Staat der Region wurde. Mit ihrer Rolle beim Ohrider Abkommen ist die Republik Mazedonien faktisch  zum Protektorat von NATO, EU, OSZE und USA geworden. Keine wesentliche staatliche Entscheidung erfolgte fortan ohne Billigung dieser „internationalen Gemeinschaft“.

Kein Miteinander von Mazedoniern und Albanern

Während staatsrechtlich die vorgespiegelten Benachteiligungen in der Folge in eine „umgekehrte Diskriminierung“ der albanischen Bevölkerungsgruppe mündeten, haben sich die Gegensätze in der  Bevölkerung erst richtig etabliert. Hat es zuvor noch viele multiethnische Berührungspunkte gegeben leben seit 2001 Mazedonier und Albaner wirklich nebeneinander und nicht miteinander.

Seit Anfang 2012 glimmt wiederum die Lunte in diesem Land. Rapid angestiegen sind die Übergriffe von Albanern auf Mazedonier. Bei gewalttätigen Zwischenfällen – von Brandschatzungen in orthodoxen Kirchen über Überfälle von Passagieren in öffentlichen Verkehrsmitteln bis zu Straßenkämpfen – wurden in den ersten drei Monaten des Jahres  38 Personen zum Teil schwerst und mit Dauerfolgen verletzt.

Stillschweigen in den Medien über Albaner-Verbrechen

Die „internationale Gemeinschaft“, die sofort geharnischte Proteste deponiert, sobald ein mazedonisches Sicherheitsorgan einen albanischen Kriminellen einmal nicht mit den gebotenen Glacéhandschuhen anfasst, zeichnet sich hinsichtlich dieser Vorfälle durch Stillschweigen aus. Kein Wort des Bedauerns für die Opfer. Wer den Bankräuber nicht Bankräuber nennt, schlagt sich de facto auf seine Seite. Wie schon 2001.

Die Protektoren scheinen auch alles zu unternehmen, um die Verbreitung von Informationen über diese neuen ethnischen Konflikte insbesondere in den internationalen Medien zu unterbinden. Und sie scheinen recht  erfolgreich zu sein. Von wenigen Ausnahmen abgesehen (etwa in Schweizer Tageszeitungen), finden die albanischen Übergriffe und nicht einmal Ereignisse wie eine politisch-religiös motivierte Hinrichtung von fünf Menschen nur 1000 Kilometer von Wien entfernt Eingang in die Medien. Fast könnte man an die Lenkfähigkeit der Nachrichtenagenturen, Rundfunkanstalten und Zeitungsredaktionen denken. 

Internationale Gemeinschaft steht vor Scherbenhaufen

Die Geheimhaltung ist nur allzu verständlich. NATO  Das ist nur allzu verständlich. NATO, EU, OSZE und USA müssten sich eingestehen, dass sie vor dem Scherbenhaufen ihres hochgelobten Ohrid-Abkommens stehen und dass sich ethnisch-religiöse Bruchlinienkonflikte nicht durch politisch korrekte „umgekehrte Diskriminierung“ mittels Bevorzugung des Aggressors, eindämmen lassen.

Dr. Harald W. Kotschy war von 1997 bis 2002 Botschafter in der Republik Mazedonien und seither dort regelmäßig als OSZE-Wahlbeobachter tätig. Der promovierte Jurist war danach bis 2011 Referatsleiter im Außenministerium für Europarat und OSZE. Kotschy gilt auf Grund seiner diplomatischen Karriere als ausgewiesener Balkan-Experte. Unter anderem war er Österreich Geschäftsträger zur Zeit des Ende des Kommunismus in Jugoslawien 1992 sowie Leiter der "KSZE-Langzeit-Beobachtermission in Kosovo, Sandschak und Vojvodina“.

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