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31. Mai 2012 / 10:03 Uhr

Autorin Sarah Kuttner wegen Beschreibung einer “Negerpuppe” angezeigt

Die Mechanismen der politischen Korrektheit sind wieder einmal aus nichtigem Anlass wirksam geworden: Neues Opfer ist Sarah Kuttner, ehemalige Moderatorin beim Musiksender VIVA und nun als Buchautorin tätig. In einer Lesung hat sie es gewagt, aus ihrem neuesten Buch „Wachstumsschmerz“ eine Passage über ein Spielzeug aus ihrer Kindheit vorzulesen, das heute durch politisch korrekte Dogmen absolut verteufelt ist: Die „Negerpuppe“.

Nichts zu sagen ist allerdings gegen meine Negerpuppe. Ein riesiges Stoffungetüm, ganze achtzig Zentimeter purer, unschuldiger Rassismus mit einem obszön großen Kopf, der so schwer ist, dass er der Puppe immer wieder auf die schmalen Schultern fällt und ihr so permanent einen ergreifend niedergeschlagenen Eindruck verleiht. Als wäre das nicht schon entsetzlich genug, wird das Ganze noch von einem furchterregenden Paar praller, aufgenähter Wurstlippen getoppt. Vollkommen undenkbar, dass so etwas heute noch verkauft würde […].

Sofortige Anzeige durch äthiopisch-stämmigen Zuhörer

Deutlich wird hier die Puppe als ein Ausdruck von Rassismus erkannt. Kuttner prangert die Zeit ihrer Kindheit an, als man Puppen mit übertriebenen Merkmalen von Afrikanern produzierte, und findet diese „ekelhaft“ und rassistisch, eine klare Verurteilung des Rassismus. Ein zufällig anwesender Deutscher mit äthiopischem Migrationshintergrund verstand den Inhalt der Passage allerdings nicht korrekt und glaubte, Kuttner würde auf Schwarze schimpfen. Er zeigte die Autorin wegen Beleidigung an. Seine Begründung der Anzeige lässt deutlich erkennen, dass er auch später nicht aufgefasst hat oder auffassen will, worum es eigentlich ging: „Sie zog über diese `Negerpuppe` her, ließ sich über deren 30 Zentimeter große `Schlauchbootlippen` aus und wiederholte, wie ekelhaft sie diese Lippen fand.“  Falls Kuttner das wirklich so gesagt hat, wäre es nichts weiter als eine Verurteilung der "Negerpuppe" und damit des Rassismus.

Ex-Kollege assistiert dem Anzeiger

Der künstliche Skandal wird angeheizt von Mola Adebisi, einem ehemaligen Kollegen Kuttners bei VIVA mit nigerianischen Wurzeln, der offenbar noch eine Rechnung mit ihr offen hat. Er behauptet, Kuttner habe schon früher rassistische Witze gemacht, freilich ohne einen einzigen davon zu zitieren. Der Rassismus-Begriff von Adebisi ist außerdem extrem weit gefasst, wie ein weiterer Vorwurf von ihm an Kuttner zeigt. Als Adebisi und eine andere VIVA-Moderatorin mit ebenfalls ausländischen Wurzeln zu den beliebtesten VIVA-Moderatoren gewählt worden waren, soll Sarah Kuttner die Karte mit den Namen der beiden weggeworfen und gesagt haben: „Das kann nicht euer Ernst sein“. Auch dies ist für Mola Adebisi schon Rassismus.

Selbst hat Adebisi übrigens keine Hemmungen, andere massiv zu beleidigen. So sagt er über Sarah Kuttner, sie könne die jetzige Situation nicht reflektieren, weil ihr die emotionale Intelligenz fehle, sie sei minderbemittelt, in ihrer Entwicklung stehen geblieben. Sehr skurril ist auch der Artikel eines hypersensiblen Migrantenmagazins zum Thema. Darin wird den deutschen Medien pauschal ein „Problem mit Rassismus“ unterstellt, weil statt des „Opfers“ vor allem der „Täter“ zu Wort kommt. Es sei außerdem schon rassistisch, das Wort „Negerpuppe“ nur auszusprechen, egal in welchem Kontext. Konsequent kommt es daher in dem Artikel nicht vor, es ist nur von dem „N-Wort“ die Rede, auch auf ein Zitat von Kuttners Textstelle musste logischerweise verzichtet werden, da diese ja das „N-Wort“ enthält. Diese extreme Auslegung der Political Correctness führt sich ad absurdum, denn es ist so gar nicht mehr möglich, den Wortlaut Kuttners wiederzugeben und zu verstehen, worum es eigentlich geht.

Fesseln der Political Correctness werden immer enger

Es gibt auch Prominente, die sich für Kuttner einsetzen. Frank Spilker, Sänger der Band „Die Sterne“, war ebenfalls bei der Lesung anwesend und hat die Szene so erlebt: „Sie erzählte, dass sie die Puppe als stereotyp wahrgenommen hat und sich wunderte, warum ihre aufgeklärten Eltern ihr in den Achtzigern eine solche Puppe geschenkt haben. […] Sie hat den Altagsrassismus thematisiert, der ihr jetzt vorgeworfen wird.“ Kuttner selbst gibt auf Facebook folgendes Statement ab: „Ich bin kein Rassist. Ich habe mich auf keiner meiner Lesungen rassistisch geäußert, ganz im Gegenteil: ich habe mich über ein rassistisches Spielzeug echauffiert.“

Beängstigend, zu sehen, wie die Fesseln der „Political Correctness“ immer enger geschnallt werden. Nun gilt man schon als rassistisch, wenn man sich explizit gegen Rassismus ausspricht und dabei bloß falsch verstanden wird.

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