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Christine Weber

Die Mutter der entführten Geisel im Iran, Christine Weber, mit dem Bild ihres Sohnes Christian. Sie sagte gegenüber unzensuriert: “Ich habe zu lange den Versprechungen des Außenministeriums geglaubt.”

20. November 2023 / 08:48 Uhr

So wurde ein 27-jähriger Wiener Student zur politischen Geisel im Iran

Der Wiener Student Christian Weber, 27, sitzt seit bald eineinhalb Jahren im Iran im Gefängnis. Seine Eltern sind empört: Nacheinander gelingen Freilassungen aus dem Mullah-Regime, aber Österreich schaffte es lediglich, mithilfe eines Drittstaates zwei iranisch-österreichische Doppelstaatsbürger aus dem Gefängnis zu holen.

Aus Liebeskummer in die Fänge des Mullah-Regimes

„Ich werde dich immer lieben… Ich werde von oben hinab schauen…“ – aufgrund dieses Abschiedsbriefs an seine Freundin war Schlimmes zu befürchten. Weber setzte sich am 12. August 2022 in sein Auto und fuhr weg. Nachdem er nicht mehr auffindbar war, meldeten ihn die Eltern als vermisst. Langes Bangen.

Nachrichten aus Thailand

Erst als ein Bekannter der Mutter von Christian, Christine Weber, am 13. Oktober in einer thailändischen Zeitung von einem inhaftierten Österreicher im Iran las, erkundigte sie sich im Außenministerium, ob es sich dabei um ihren Sohn handeln könnte. Tatsächlich: Es war Christian, ihr Sohn. Gegenüber unzensuriert sagte Christine Weber:

Das gesamte konsularische Protokoll funktioniert aufgrund der katastrophalen – nicht der Neutralität entsprechenden – Außenpolitik Österreichs nicht. Der Iran hätte drei Tage nach der Inhaftierung an Österreich Meldung machen müssen, hat es aber nicht getan.

Christian Weber befindet sich seit fast 17 Monaten als politischer Gefangener im Iran in Haft. Foto: Z.V.g.

Kurz nach der Grenze wartete die Staatspolizei

In der Zeit zwischen August und Oktober 2022 ist Abenteuerliches passiert, wie Christine Weber jetzt nachvollziehen konnte: Ihr Sohn fuhr über Bulgarien und reiste mit einem Touristen-Visum in die Türkei ein – trotz Interpol-Vermissten-Meldung. In der türkischen Stadt Erzurum suchte Christian Weber dann – wieder ohne Probleme – um ein Visum in den Iran an, das er auch ausgestellt bekam. Sein Reiseziel soll Indien gewesen sein, durch den Iran wollte er nur durchreisen.

Allerdings: Kurz nach dem Übertritt über die iranische Grenze wurde der Wiener Student am 25. August 2022 verhaftet und kam ins Gefängnis der Staatspolizei in Urum im Norden des Iran. Dort soll er versucht haben, sich das Leben zu nehmen, Christian Weber wollte demnach jenen Selbstmord verüben, den er bereits in seinem Abschiedsbrief angekündigt hatte.

Wegen Spionage zu 20 Jahren Haft verurteilt

Grund der Verhaftung: Im Auto führte er „gefährliche Gegenstände“ mit. Darunter auch seine legal in Österreich registrierte Pistole samt Munition.

Schließlich wird Christian Weber am 19. oder 20. Februar 2023 in Abwesenheit und ohne Anwesenheit seines Anwalts – ACHTUNG: wegen langjähriger Spionage für den amerikanischen und britischen Geheimdienst – zu 20 Jahren (!) Haft verurteilt. Grundlage dafür: Der somalische Geheimdienst übermittelte angeblich entsprechende Informationen an den Iran. Dieser lächerliche Vorwurf wurde bald fallengelassen, die Haftstrafe auf viereinhalb Jahre reduziert.

Unmenschliche Haftbedingungen

Von ihrem örtlichen Anwalt im Iran erfuhr Christine Weber, dass Christian schlechte Haftbedingungen hat: Er muss gemeinsam mit 48 weiteren Inhaftierten ohne Matratze am Boden schlafen, klagt daher über Rückenschmerzen, und er darf nur zwei Mal in der Woche Bewegung in der frischen Luft machen.

Belgien bekam österreichisch-iranische Doppelstaatsbürger frei

Der schwarz-grünen Regierung gelingt es bislang nicht, Christian Weber aus dem iranischen Gefängnis zu holen. Das verwundert umso mehr, als sich ÖVP-Kanzler Karl Nehammer und ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg am 2. Juni dafür feiern ließen, zwei österreichisch-iranische Doppelstaatsbürger nach 2.709 beziehungsweise 1.586 Tagen in iranischer Haft (wegen angeblicher Spionage) freibekommen zu haben. Der ORF berichtete damals. Allerdings hatten hier Belgien und der Oman vermittelt, es erfolgte ein Austausch mit einem in Belgien inhaftierten Iraner.

Andere Staaten erfolgreich

Christine Weber versteht die Welt nicht mehr: Doppelstaatsbürger werden freigelassen. Amerikaner, Spanier, Franzosen – warum ihr Sohn nicht? Aus der Sicht der Mutter:

In Wahrheit sind wir beim Iran unten durch, weil sich der Außenminister in monatlichen Abständen daran ‚weidet‘, neue Sanktionen gegen den Iran zu befürworten.

Van der Bellen lud iranischen Botschafter aus

Zu guter Stimmung von Verhandlungen wird zudem nicht beitragen, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei seiner Angelobung ausgerechnet den iranischen Botschafter in Wien ausgeladen hatte.

Nicht zuletzt deshalb findet am Donnerstag, 23. November, von 15 bis 17 Uhr, beim Sitz des Bundespräsidenten vor der Hofburg eine Mahnwache für die Befreiung von Christian Weber als politische Geisel im Iran statt. Zudem hat Christine Weber eine Petition gestartet, die man unter diesem Link für die Befreiung ihres Sohnes unterzeichnen kann: https://www.openpetition.eu/at/petition/online/befreiung-fuer-christian-weber

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