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14. Juli 2012 / 11:03 Uhr

Zwangsanleihen: Enteignungsdebatte nun auch in Österreich

Auf manchen Internetseiten ist bereits seit Jahren davon zu lesen, dass die Eurokraten am Höhepunkt der Eurokrise auch vor Maßnahmen wie Zwangsanleihen oder Zwangshypotheken nicht zurückschrecken würden. Man war geneigt, diese Warnungen ins Reich der Verschwörungstheorien zu verschieben. Doch nun wir die Theorie zur Realität. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat die Debatte um einen entsprechenden Vorschlag „bereichert“. Im linken Lager wird er positiv bis begeistert aufgenommen – nun auch in Österreich.

Würde man Zwangsanleihen im Ausmaß von zehn Prozent aller 250.000 Euro übersteigenden Vermögen einheben, so wären rund acht Prozent der Deutschen betroffen. Gleichzeitig würde man aber 92 Prozent des Vermögens mit einer solchen Abgabe belegen, rechnet das DIW vor. Damit ließen sich Einnahmen für den Staat in der Höhe von 230 Milliarden Euro erzielen. Das ist nur unwesentlich mehr als die deutsche Haftungssumme für den ESM.

Rückzahlung eher unwahrscheinlich

Nachdem das Geld in Form von Anleihen eingehoben wird, ergibt sich daraus für den Staat natürlich auch eine Rückzahlungsverpflichtung. Die wird jedoch auch von den die Idee unterstützenden Politikern als eher theoretisch betrachtet. De facto läuft der Vorschlag in Richtung Enteignung. Ein Stichwort das Linke beflügelt, auch in Österreich: Es sei mit Sicherheit eine Möglichkeit, einen ausgeglichenen Haushalt zu erzielen. Und: Wohlhabende könnten ihr Geld ja „sogar“ zurückbekommen, wird Josef Cap in der Zeitung Die Presse zitiert. Immerhin will Cap das Modell erst einmal bei unseren deutschen Nachbar beobachten. Warum Cap ausgerechnet Deutschland – neben den „Ländern, die große finanzielle Probleme haben“ – als mögliches Einsatzgebiet für die finanzpolitische Kampfmaßnahme sieht, erklärt der SPÖ-Klubobmann nicht.

FPÖ sieht klaren Zusammenhang mit ESM

Auffälliges Schweigen kommt vom Regierungspartner ÖVP, der sonst eher gegen vermögensbezogene Abgaben eintritt. Empörung ist nur aus der FPÖ zu vernehmen. Vizeparteiobmann Norbert Hofer meint, Cap wolle das durch jahrzehntelange rote Regierungspolitik völlig aus dem Ruder gelaufene Budget sanieren, indem er in das Grundrecht auf Eigentum eingreife und den Bürgern vorschreibe, wie sie ihr Geld anzulegen haben. Dass die Chance, es vom Staat jemals wieder zurück zu bekommen, angesichts des Milliarden-Verschenkschirms ESM verschwindend gering sei, komme noch dazu. Und es gibt für Hofer einen zweiten Hintergrund: „Caps Vorschlag ist eine Konsequenz aus der Zustimmung zum ESM und zum Fiskalpakt. Wenn diese Verträge in Kraft treten, geht die Gestaltungsfreiheit über unser Budget gegen Null. Daher baut die SPÖ offenbar schon vor, um neue Geldquellen zu erschließen.“

Warnung vor großer Umverteilung

Anlegeexperten hatten zuletzt immer eindringlicher vor derartigen Entwicklungen gewarnt, etwa auch der deutsche Börsenmakler und Buchautor Dirk Müller, der vor einer Umverteilung von oben nach unten warnte.

Zu spät für vernünftige Lösungen?

Nach den aktuellen Vorschlägen des DIW zeigt sich auch Anlageexperte Jens Ehrhardt in der deutschen Ärztezeitung alarmiert. Selbst wenn der Staat die Zwangsanleihen zurückzahlen sollte, würde es sich für die Betroffenen mit großer Wahrscheinlichkeit für ein Verlustgeschäft handeln, weil die Inflation bereits jetzt über den Anleihezinsen liegt. Ehrhardt befürchtet weitere „unkonventionelle“ Maßnahmen, wenn er schreibt:

Da die erzielbaren Effekte aus Sparmaßnahmen oder mehr Wachstum wegen der Größenordnung der Verschuldung bei Weitem nicht mehr ausreichen, ist es für "vernünftige" Lösungen wohl zu spät.

Ehrhardt rechnet mit künstlich niedrig gehaltenen Zinsen, damit sich die Staaten im Wege der Inflation entschulden könnten. Immobilien seien für Investoren interessante Alternative, könnten aber in den staatlichen Fokus rücken, wenn es um neue Besteuerungsmöglichkeiten geht. Gold sei ebenfalls ein wichtiger Baustein, „solange kein Goldbesitzverbot droht“.

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