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23. Juli 2012 / 06:00 Uhr

Saudi-Arabien: Internet als Gefahr für das Regime

Dass die Führungsschicht im Königreich Saudi-Arabien Schwierigkeiten hat, Regierungsfähigkeit zu demonstrieren, hat der erste Teil der Analyse des in Washington ansässigen „Zentrum für Demokratie und Menschenrechte in Saudi-Arabien“ gezeigt. Folglich ist es nicht überraschend, dass auch Zensur, auf die sich ein derart weltfremd angelegter Staat stützen muss, nicht mehr lückenlos funktioniert. Die Menschen in Saudi-Arabien wissen längst, was die Welt über ihre Monarchen denkt.

Saudi-Zensur wird immer stärker durchlöchert

Seit der Gründung des saudi-arabischen Staates im Jahre 1932 unterlag die saudische Gesellschaft einer strengen Zensur, was damit zusammenhängt, dass in Saudi-Arabien schon immer eine traditionelle Stammesherrschaft herrschte, die sich nunmehr als autoritär geführte absolute Monarchie etablierte. Mit Hilfe von westlichen Technologien und Know-How und aufgrund ihrer totalen Kontrolle über die heimischen Medien war die saudi-arabische Regierung imstande, die eigene Bevölkerung jahrzehntelang vom Rest der Welt zu isolieren.

Die saudi-arabische Regierung störte den Empfang von vielen unzensurierten Radiostationen wie BBC, Arab Voice und die arabischsprachigen Radioprogramme aus Israel. Zeitungen und Zeitschriften, die andere als schmeichelhafte Nachrichten über die saudi-arabische Regierung, ihre Politik und ihre Beamtenschaft brachten, wurden von den Zensoren der Regierung beschlagnahmt und – zumindest solange es noch keine geeigneten Einrichtungen zum Einstampfen des Papiers gab – einfach im Roten Meer oder im Persischen Golf versenkt.

Einige Leute kamen dahinter, als die Flut Überreste von Zeitungen und Zeitschriften, welche von der Zensur beschlagnahmt und ins Meer geworfen wurden, wieder ans Land spülte. Die Nachricht von dieser Entdeckung verbreitete sich wie ein Lauffeuer und viele Neugierige strömten daraufhin an die Strände, um den feuchten Papierüberresten einige Informationen über die Außenwelt, die man ihnen vorenthalten wollte, entnehmen zu können. Dies ging gelegentlich sogar so weit, dass Leute mit Booten hinausfuhren, um im tiefen Wasser nach Nachrichten zu suchen.

Nachrichten wurden aus Nachbarländern importiert

Mit zunehmender Ausbildung der Saudis wuchs auch ihre Begierde, zu weiteren Informationen über Ihre Regierung, über die arabische Welt und über die internationale Gemeinschaft zu gelangen. Da der Nachrichtenfluss nach wie von der Zensur geregelt wurde, ersannen die Saudis kreative Möglichkeiten, indem sie einfach in die Nachbarländer fuhren, um dort aktuelle Nachrichten aus der Welt und über ihre eigene Gesellschaft zu erfahren. Der Kontrast zwischen dem, was die Saudis im Ausland erfuhren und dem, was die Nachrichtenagenturen ihres Landes berichteten, machte viele Saudis zu Zynikern gegenüber ihrer eigenen Regierung, da sie sich zugleich machtlos, entfremdet, isoliert und mit Misstrauen behandelt fühlten. Daran änderte sich erst etwas, als auch die Saudis endlich Zugang zu den neuen Technologien erhielten, welche Grenzen mühelos überwinden konnten.

Die anhaltende Zensur und der Mangel an jeglichen Unterhaltungsformen führte dazu, dass die Saudis zu frenetischen Nutzern dieser modernen Technologien wurden; dies betrifft vor allem YouTube, aber auch das Internet im Allgemeinen. Wenn man die Kommunikation beobachtet, welche von Saudis aus allen Teilen des Landes über das Internet gepflegt wird, wird deutlich, welche dramatische Veränderung in Saudi-Arabien vor sich geht, was Änderungen der persönlichen Einstellung, Selbstwertgefühl und kritische Hinterfragung der autokratischen und theokratischen Behörden anbelangt.

Erst das Internet konnte die saudi-arabischen Bevölkerung beider Geschlechter sowie unterschiedlicher ethnischer, regionaler und religiöser Gruppen dazu aktivieren, miteinander zu kommunizieren und ließ sie erkennen, dass sie von der eigenen Regierung in vielen Punkten nicht richtig informiert wurde. Insbesondere wurde es Menschen jetzt aber klar, dass es eben dieses System ist, das gesellschaftliche Spaltung, Unterdrückung und Uneinigkeit geschaffen hatte.

Lesen Sie morgen: Der Kampf gegen den Terror als Drohung gegen die eigene Bevölkerung

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