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27. Juli 2012 / 10:56 Uhr

Beschneidungsdebatte: Empörung über Muzicant-Vergleich

In der Beschneidungsdebatte gehen die Wogen hoch. Nach einem Urteil des Landgerichts Köln, das die Beschneidung eines minderjährigen Knaben als Körperverletzung qualifiziert hatte, griff die Diskussion auch auf Österreich über. Gestern meldete sich auch der ehemalige Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Ariel Muzicant, zu Wort und zog einen empörenden Vergleich: Das Verbot der rituellen Beschneidung von Buben „wäre dem Versuch einer neuerlichen Shoah, einer Vernichtung des jüdischen Volkes, gleichzusetzen – nur diesmal mit geistigen Mitteln“, so Muzicant in der Kleinen Zeitung. Kaum weniger scharf hatte sich am Tag davor Muzicants Nachfolger Oskar Deutsch geäußert. Die Kultusgemeinde werde gegen jeden, der Beschneidungen verbieten will, vorgehen – wenn nötig auch mit Anzeigen wegen Wiederbetätigung oder Gesetzesbruch, kündigte er an.

Die von jüdischer Seite ständig stattfindenden Versuche, die Debatte über die Zulässigkeit der Beschneidung Minderjähriger mit Nationalsozialismus- und Holocaust-Vergleichen zu führen, sorgen für energischen Widerspruch. Der Obmann der Vorarlberger Freiheitlichen, Dieter Egger, hält dazu fest:

Es ist legitim darüber zu diskutieren, ob ein medizinischer Eingriff an Kindern, der aus medizinischer Sicht nicht notwendig ist und den Betroffenen ein Leben lang sichtbar prägt und begleitet, erlaubt sein darf oder nicht. Dies mit der ‚Vernichtung des jüdischen Volkes’ zu vergleichen ist ungeheuerlich und in Wahrheit auch eine unzulässige Verharmlosung des Holocaust. Im Sinne einer offenen und demokratischen Diskussionskultur sind derartige Äußerungen auf das Schärfste zu verurteilen.

Egger fordert nun auch Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) auf, sich klar von derartigen Äußerungen zu distanzieren. Wallner hatte den Vorarlberger Ärzten empfohlen, keine religiös motivierten Beschneidungen mehr durchzuführen, und sprach in Zusammenhang mit der Kölner Entscheidung von einem „wegweisenden Urteil“. Nach der Diktion der beiden IKG-Präsidenten ist er nun Wegbereiter einer neuen Shoah und ein Fall für den Staatsanwalt.

Muzicants Äußerungen „mit Holocaustleugnung gleichzusetzen“

Scharf reagierte auch der in Israel geborene und als Jude aufgewachsene Eytan Reif, Mitbegründer und Vorstandsmitglied der „Initiative Religion ist Privatsache. Für ihn sind Muzicants Äußerungen „mit Holocaustleugnung gleichzusetzen“, weil er den Holocaust „für den Zweck der Legitimierung einer religiös motivierten physischen sowie psychischen Körperverletzung von Babys“ instrumentalisiere.

Moderne Juden gegen barbarische Praxis

Reif wunderte sich auch „über die angebliche Befugnis Muzicants Aussagen zu treffen, die für alle Juden Gültigkeit haben sollten“. Tatsächlich gehen Initiativen gegen eine religiös motivierte Beschneidung nicht selten von Juden selbst aus. In den USA besteht bereits seit Jahren die Initiative „Jews against Circumcision“ (Juden gegen Beschneidung), die sich selbst in einem Satz vorstellt: „Wir sind eine Gruppe von gebildeten und aufgeklärten Juden, die erkennen, dass die barbarische, primitive, unerlaubte und verstümmelnde Praxis der Beschneidung keinen Platz im modernen Judentum hat.“ Den Penis eines kleinen Jungen zu verstümmeln, sei keine akzeptable Praxis in modernen Zeiten.

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