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Geert Wilders wurde bei den niederländischen Parlamentswahlen zur zweitstärksten Kraft im Land. Premier Mark Rutte und vor allem die Sozialisten wurde hingegen abgestraft.

16. März 2017 / 16:02 Uhr

Niederlande: Medien bejubeln “Sieg der Gemäßigten”, obwohl Wilders gewann, Rutte und die Sozialisten hingegen teils massiv verloren

Der mediale Jubel in der europäischen Presse aufgrund des niederländischen Wahlergebnisses ist nicht nur ob der bevorstehenden, hochkomplizierten Regierungsbildung möglicherweise verfrüht, um nicht zu sagen deplatziert. Mark Rutte, der Kandidat und bisherige Ministerpräsident der bürgerlich-liberalen Volkspartei, wird von beinahe allen Medien als strahlender Sieger hochgejubelt.

Medien berichten, dass Rutte gegen Wilders gewonnen habe Unter anderem titelt der Spiegel „ein großer Dämpfer für die Rechtspopulisten“.

„Gemäßigte Populisten“ haben gewonnen

Im Nachrichtensender ntv hörten sich die Kommentare hingegen ein wenig anders an. Ist da doch die Rede vom Wahlgewinn der „gemäßigten Populisten“, was auch immer die Vertreter der RTL-Gruppe damit zum Ausdruck bringen wollen. Scheinbar möchte man das Zitat Ruttes abgewandelt wissen, in dem dieser den Wählerwillen als Abstrafung des „falschen Populisten“ interpretiert. Daraus ist im Umkehrschluss also Rutte der „richtige Populist“, möchte man schlussfolgern.

Man könnte sich allerdings auch vorstellen, dass die knapp vor den Wahlen höchst medienwirksam erfolgte Ausweisung der türkischen Sozialministerin zu dieser Einschätzung des Nachrichtensenders geführt haben könnte. Ganz ohne Zweifel dürfte dies jedoch zum knappen Wahlsieg eines Herrn Rutte beigetragen haben.

Acht Parlamentssitze verloren, dennoch frenetisch gefeiert

Die Partei Rüters (VVD) hat nach vorläufigem Ergebnis fünf Prozent und damit acht Parlamentssitze verloren, Geert Wilders (PVV) wurde zweitstärkste Kraft im Land (13,1 Prozent, 20 Sitze), dennoch wird Rutter europaweit frenetisch gefeiert. Die bisherige Koalition Ruttes mit den Sozialdemokraten (PVdA) ist allerdings hinfällig geworden. Die Sozialdemokratie im Lande der Grachten hat die schwerste Niederlage in der Geschichte der niederländischen Parlamentswahlen eingefahren.

Im Vergleich zu den letzten Wahlen 2012 stürzten sie von knapp soliden 25 Prozent auf „kaum messbare“ 5,7 Prozent der Stimmen ab. Die Grün-Linken (GL) mit ihrem bewusst auf jugendlich getrimmten Spitzenkandidaten Jesse Klaver, die Zeit titulierte ihn als den “schönen Anti-Wilders“, kamen auf knapp neun Prozent der Stimmen, im Vergleich zu 2012 mit 2,3 Prozent. Das Endergebnis wird für spätestens Freitag erwartet.

Hohe Wahlbeteiligung verhinderte Wilders Sieg?

Möchte man den „lobhudelnden“ Analysten Glauben schenken, sei es angeblich die sehr hohe Wahlbeteiligung von knapp 80 Prozent gewesen, die einen Erdrutschsieg Wilders verhindert hätte. Ein großer Erfolg Wilders wäre als weiterer Rückschlag für die Europäische Union gewertet worden. Die Angst vor dem „Jojo-Effekt“ im Superwahljahr 2017 bei den noch anstehenden Wahlen in Frankreich (April bzw. Mai 2017) und in Deutschland (September 2017) sitzt der EU im Nacken. Man hat schließlich noch am Brexit und der Wahl Donald Trumps in den USA zu „kauen“.

Verlierer schließen Gewinner Wilders aus

Nachdem Mark Rutte eine Koalition mit Geert Wilders bereits kategorisch ausgeschlossen hat, sollte sich die Regierungsbildung allerdings als höchst kompliziert entpuppen. Derzeit wird mit einer Koalition aus mindestens vier, maximal bis zu sechs Parteien gerechnet. Von Seiten Den Haags wird bereits spekuliert, dass sich dieser Prozess bis zu sechs Monate hinziehen könnte.

Allgemein ist von einer "tragfähigen Mehrheit" die Rede, ob diese allerdings dann bei so vielen Beteiligten auch eine konsensfähige sein wird, wird sich weisen. Traurig scheint nur, dass die nach dem Wählerwillen zweitstärkste Kraft in der Regierung womöglich nicht vertreten sein wird. Ob das allerdings im Sinne des Wählers ist und ob sich die Niederländer schlussendlich mit ihrer „Vielparteien-Koalition“ selbst einen Gefallen getan haben, wird sich weisen.

Wilders zufrieden – Rutte ist mich nicht los

Geert Wilders äußerte sich gegenüber der Presse wie folgt: Natürlich wäre er gerne die größte Partei geworden, es wären nicht die 30 Sitze geworden, die er sich erhofft hätte. Herr Rutte sei ihn aber nicht losgeworden, denn immerhin sei er von der dritten an die zweite Stelle in der niederländischen Parteienlandschaft aufgerückt, nächstes Mal werde er Nummer eins. Er werde weiter Opposition machen, wenn keiner mit ihm regieren wolle, er gehöre eindeutig zu den Gewinnern dieser Wahl, so Wilders.

Die Erleichterung Brüssels ist schon alleine daran zu erkennen, dass der Präsident der Europäischen Kommission Jean Claude Juncker höchstpersönliche Glückwünsche zum Wahlsieg an Rutte übersandt hat.

FPÖ-Vilimsky: Wahlkommentare grenzen an Realitätsverweigerung

Scharfe Kritik an dem medialen Jubel über die herben Stimmenverluste der Regierenden in den Niederlanden übt der freiheitliche Delegationsleiter im Europäischen Parlament, Harald Vilimsky. „Anscheinend vergessen hier einige, dass der Hauptgegner von Wilders nicht seine Umfragewerte sind, sondern die Regierungsparteien, die vom Wähler eine deutliche Watschn erhalten haben“, meint Vilimsky. Dass die Partei von Rutte und die PVdA, eine Schwesterpartei der SPÖ, gemeinsam rund 50 Prozent an Stimmen verloren haben, zeigt nach Meinung des freiheitlichen EU-Abgeordneten, dass man sich die Niederlage schönreden will.

„Sieger sehen anders aus. Sieger sind Geert Wilders und seine PVV, die von 15 auf 20 Sitze gekommen sind. Die Verlierer der Wahl sind eindeutig die etablierten Regierungsparteien unter Premier Rutte. Alles andere ist Realitätsverweigerung“, so Vilimsky.

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