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29. August 2012 / 07:00 Uhr

Inseraten-Affäre: Faymann darf ungestraft Unwahrheit sagen

Müssen Bundeskanzler Werner Faymann und sein Staatssekretär Josef Ostermayer (beide SPÖ) ins Gefängnis, werden sie vorbestraft, zu einer saftigen Geldstrafe verdonnert oder kommen sie fein raus? Das sind die zentralen Fragen in der so genannten Inseraten-Affäre, in der die beiden roten Politiker von der Staatsanwaltschaft als Beschuldigte geführt werden. Der Vorwurf: Untreue. Peinlich: Jetzt kam heraus, dass Faymann und Ostermayer bei der Einvernahme „Schutzbehauptungen“ von sich gaben, also die Unwahrheit gesagt haben.

So sieht es jedenfalls ­– laut profil-Bericht – die Staatsanwaltschaft Wien, die die Aussagen von Faymann und Ostermayer folgendermaßen bewertet: „Dass sich diese Verantwortungen als Schutzbehauptungen darstellen, ergibt sich nicht nur aus der Vielzahl der gleichgelagerten Fälle, sondern auch aus Zeugenaussagen.“

Skurril und für viele unverständlich: Faymann und Ostermayer dürfen als Beschuldigte ungestraft die Unwahrheit sagen. Im Gegensatz zu Zeugen, die die Wahrheit sagen müssen. Mag sein. Aber stehen einem Kanzler der Republik Österreich in so einer brisanten Affäre Schutzbehauptungen zu? Tatsächlich wirft die Causa ein unglaublich schlechtes Bild auf die beiden Herren, die eigentlich ein Vorbild für die Bürger sein sollten. Die Vorwürfe gegen den Kanzler und das für ihn wichtigste Regierungsmitglied liegen seit einem Jahr auf dem Tisch: Faymann soll in seiner Amtszeit als Verkehrsminister ab 2007 wie auch sein damaliger Kabinettchef Ostermayer an bestimmte Printmedien wie der Tageszeitung Österreich, der Kronen Zeitung und dem Magazin NEWS lukrative Inserate von den staatlichen Unternehmen ASFINAG und ÖBB vermittelt haben.

Erdrückende Indizien für strafbare Handlung

Die Indizien für die strafbare Handlung der Untreue sind erdrückend. Da hilft es wenig, wenn Faymann und Ostermayer jede Schuld zurückweisen und mit der Sache nichts zu tun haben wollen. Und sogar eher belastend wirken die Aussagen des heutigen ÖBB-Chefs Christian Kern, der seine Karriere den Genossen verdanken kann, wonach es bereits vier Gutachten gebe, die die Unschuld von Faymann und Ostermayer beweisen würden. Für beide gilt natürlich die Unschuldvermutung. Komisch nur, dass das Verkehrsministerium, dessen Chef Faymann damals war, drei Leasingmitarbeiter für die Bearbeitung der ÖBB-Inserate, die in der Kronen Zeitung geschalten wurden, bezahlt haben soll. Weiters soll Ostermayer bei einem Treffen mit dem damaligen ÖBB-Chef Martin Huber gesagt haben: „Ich brauche ein paar Millionen für den Werner.“ In einer ZiB2-Sendung gelang es Ostermayer nicht, diesen Vorwurf gänzlich auszuräumen. Außerdem gibt es belastendes Material (darunter ein verräterisches Mail) des früheren Pressesprechers der ASFINAG, Marc Zimmermann, das der Staatsanwaltschaft vorliegt und die SPÖ-Politiker ins schiefe Licht rückt.

Anzeige kam von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky

Dass die Causa überhaupt zum Gericht wanderte, ist FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky zu verdanken. Er zeigte Faymann und Ostermayer im Juni 2011 wegen des Verdachts der Untreue an. Für die Opposition ist ohnehin so gut wie erwiesen, dass der damalige Staatssekretär als Diener seines Herrn mittels ÖBB- und ASFINAG-Schaltungen Meinungskauf in Boulevard-Medien betrieb. Die Annahme kommt nicht von ungefähr: Man braucht sich nur die Berichterstattung zur Inseraten-Affäre in den begünstigten Medien anschauen. Sie findet einfach nicht statt. Ein zum Schweigen verpflichteter Kartäuser-Mönch ist noch eher zum Reden zu bringen, als dass die Journalisten in den Faymann-freundlichen Zeitungen über die möglichen Verfehlungen kritisch schreiben.

Gespannt wartet die Öffentlichkeit jedenfalls, wie die Oberstaatsanwaltschaft Wien entscheiden wird. Anklage oder nicht? Tut sich das Gericht das wirklich an, gegen die Regierungsspitze vorzugehen? Fest steht: Im September müssen sich Faymann und Ostermayer wegen dieser Affäre vor dem Untersuchungsausschuss verantworten. „Da herrscht Wahrheitspflicht. Da können sich die beiden nicht wie bei einer Beschuldigtenvernehmung in Halbwahrheiten oder so genannte Schutzbehauptungen flüchten“, sagte U-Vorsitzende Gabriele Moser (Grüne). Allerdings könnten sich Faymann und Ostermayer der Aussage entschlagen, was ihnen rechtlich unter Berufung auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen möglich wäre. Das wäre zwar peinlich und politisch brisant, doch zuzutrauen ist es ihnen schon.

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