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Barcelona

In Barcelona gehen die Uhren, was die Maßnahmen gegen das Coronavirus betrifft, ganz anders. Dort darf man in Restaurants dicht gedrängt nebeneinander sitzen, muss aber im Freien Maske tragen.

6. April 2021 / 12:38 Uhr

Brief aus Barcelona: So entging ein Wiener mit dem Zigarren-Trick dem Maskentragen

Politiker und Experten in der Europäischen Union haben offenbar verschiedene Ansichten darüber, in welchen Lebensbereichen das gefährliche Coronavirus zuschlagen kann. Während nämlich bei uns Wirtshäuser geschlossen haben, sitzen in Barcelona die Gäste dicht gedrängt in den Restaurants. Dafür gibt es eine strenge Maskenpflicht im Freien.

Coronavirus: Jedes Land huldigt seinem eigenen Fetisch

Ronald S. hat der Unzensuriert-Redaktion eine Mail aus Barcelona geschickt, worin er seine Erlebnisse in der katalanischen Metropole schildert. Er schreibt:

Das Schöne an der Vielfalt unserer geliebten Europäischen Union ist unter anderem, dass angesichts der totbringenden Coronaseuche jedes Land seinem eigenen Fetisch huldigt. So ist in Barcelona die Manie des Abstandhaltens offenbar gänzlich unbekannt; Bars und Wirtshäuser halten fröhlich ihre Gaststuben offen und locken mit üppigstem Angebot. Die Gäste sitzen dicht an dicht, jeder Platz ist ausreserviert, nicht weil man dies ob des Corona-Regimes müsste, sondern einzig, um noch einen Platz zu bekommen. Der kulinarischen Fete aber ist eine zeitliche Grenze gesetzt. Um 17:00 Uhr, also dann, wenn der normale Spanier – pardon, Katalane – sein Mittagessen beendet hat, ist Sperrstunde. Freilich kann man über die Gasse Speis und Trank erwerben und dann, dicht an dicht in fröhlichen Gruppen im Freien konsumieren. Hotels dürfen allerdings ihren Gästen auch ein Abendmahl bieten, und wenn man kein Hotelgast ist, aber sich rechtzeitig anmeldet, hält einen der Gastronom für einen Hotelgast. Als der kann man dann fröhlich schmausen, dies freilich nur bis 22:00 Uhr, also dem Zeitpunkt, zu dem der normale Spanier – pardon – Katalane – gerade vom Aperitif zur Vorspeise übergeht.

Reisen im Widerstand gegen das Maskentragen

Um 22 Uhr sei nämlich Ausgangssperre, die tatsächlich auch von den Katalanen ernst genommen würde. Die Straßen und Plätze seien dann wie leergefegt, so Ronald S.. Während also der Restaurantbetrieb beinahe schon die Normalität erreicht, wird um das Maskentragen ein großes Aufsehen gemacht. Die Schutzmaske muss in Barcelona nämlich überall getragen werden – auch auf öffentlichen Plätzen. Ronald S. schreibt:

Ich selbst hielt diese Albernheit zunächst für einen Vorschlag, eine Anregung, eine Empfehlung. Weit gefehlt! Höflich aber sehr bestimmt wurde ich von den offiziellen Priestern des neuen Kultes auf mein Fehlverhalten hingewiesen, und alle Beteuerungen meinerseits hinsichtlich Maskenbefreiung, Ausländerschaft ect. vermochten rein gar nichts auszurichten. Die Maske IST zu tragen und das richtig, sauber die Nase bis oben hin bedeckend, das Maul stopfend und das immer und überall.
 
Wer freilich vom lieben Gott mit Hausverstand und geistiger Beweglichkeit gesegnet wurde, kann sich auch angesichts dieser Reglements eine Überlebensnische sichern, den Freiraum für Freidenker, survival of the fittest – und nur für diese. Sehr bald kam ich nämlich dahinter, dass dem Rauchen im öffentlichen Raum nichts entgegensteht und dies geht nun einmal nicht mit Maske. Das heißt: Generelle Maskenbefreiung für Raucher!  Nun ist das Rauchen von Zigaretten auf der Straße seit je her ungehörig und höchst unelegant, dazu als Maskenbefreiungsmethode höchst ineffizient, da eine solche Zigarette sehr bald verbraucht ist. Ich besorgte mir also eine sehr große, sehr dicke Zigarre, rauchte sie kurz an, um die Ernsthaftigkeit meines Rauchbedürfnisses außer Frage zu stellen, ließ sie freilich bald ausgehen und führte sie im Weiteren in der eleganten Fingerhaltung á la Winston Churchill als Vademecum stets am Mann. Wie der Flaneure des 19. Jahrhunderts stets seinen Bummler als unverzichtbares Accessoire stolz über die Promenade führte, tut dies der Kundige in Barcelona anno 2021 mit der Zigarre, verwahrt das angerauchte Ding dann sauber im Etui in Innenräumen, um es dort durch die weit weniger chice Wasserflasche (geöffnet!) zu ersetzen, die ganz genau den gleichen Zweck erfüllt. Zurück im Freien holt man seinen Puro aus dem Futteral und trotzt der Trottelhaftigkeit der Welt, erbaut ob jener schönen Illusion, der Welt und ihrem Fürsten ein Schnippchen geschlagen zu haben.

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