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Zeitreise durch die Jahrhunderte: Die Wiener Zeitung der Republik Österreich erscheint seit 8. August 1703 mit nur einer fünfjährigen Pause zwischen 1940 und 1945 regelmäßig. Nun könnte sie der ÖVP zum Opfer fallen.

12. Mai 2021 / 17:34 Uhr

Drohendes Aus für “Wiener Zeitung”: Nach Medien-Preis gab es Medien-Schelte für Kanzler Kurz

Am gestrigen Dienstag bekam ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz in den Münchener Bavaria Filmstudios den „Freiheitspreis der Medien“ verliehen und wurde dafür prompt von heimischen Medien wie dem Kurier gestreichelt. Nicht alle sind glücklich mit den medialen Aktivitäten des Kanzlers: Heute, Mittwoch, bekam Kurz eine Petition für den Erhalt der Wiener Zeitung überreicht (Corona-bedingt online), die rund 10.000 Unterstützer, darunter zahlreiche ehemalige Spitzenpolitiker aus allen Parteien, unterzeichnet hatten. Dem an Tageszeitungen ohnehin schwachen, österreichischen Medienmarkt – in Österreich gibt es 14, in der Schweiz 40 Tageszeitungen – würde damit ein weiteres Blatt abhanden kommen. Noch dazu eines mit einer einzigartigen und mehr als drei Jahrhunderte währenden Geschichte quer durch alle Seuchen, Krisen und Kriege.

Pflicht-Einschaltungen sollen ersatzlos gestrichen werden

Konkret geht es darum, dass das Bundeskanzleramt als Herausgeber der Wiener Zeitung deren wichtigste Einnahmequelle, die Pflicht-Einschaltungen im Amtsblatt (das als Beilage der Tageszeitung bundesweit erscheint) ab 2022 abschaffen will. Das würde für die älteste noch bestehende Tageszeitung der Welt (1703 von Prinz Eugen gegründet), die deshalb vom normalen Inseratengeschäft ausgeschlossen ist, den Todesstoß bedeuten.

Redaktion dem schwarzen Kanzler zu “frech”?

Konkrete Pläne für ein Übergangskonzept, um neue Finanzierungsformen zu finden, gibt es seitens des Herausgebers bisher keine. Dabei geht es um keine besonders hohen Beträge, sondern um überschaubare zehn Millionen Euro Jahresbudget. Angesichts der Presseförderungen von 220 Millionen Euro, die im Vorjahr über diverse linientreue Medien ausgeschüttet wurden, keine unüberwindliche Hürde. Das Desinteresse am Weiterbestand kann auch daran liegen, dass die WZ-Redaktion sich nicht als Propaganda-Blatt des Bundeskanzleramts (egal, wer dort das Sagen hat) sieht und durchhaus auch regierungskritische Beiträge bringt.

Ex-Spitzenpolitiker aller Parteien haben unterschrieben

Entsprechend breitgefächert liest sich die Liste an ehemaligen Politikern, die die Einstellung der Wiener Zeitung als mediale Institution verhindern wollen: Von Ex-Innenminister Karl Schlögl (SPÖ), Ex-Bundespräsident Heinz Fischer (SPÖ) oder Ex-Staatssekretärin Brigitte Ederer (SPÖ) über Ex-Vizekanzler Erhard Busek (ÖVP), Ex-Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (ÖVP), Ex-Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) bis zu Ex-Vizekanzler Herbert Haupt (FPÖ), Ex-Nationalratspräsidentin Heide Schmidt (FPÖ/LIF/Neos) oder Ex-Nationalratsabgeordnete und Volksanwältin Terezija Stoisits (Grüne), um nur einige zu nennen.

Zum Thema Qualitätsjournalismus gibt es heute, Mittwoch, ab 18.00 Uhr auch eine Online-Podiumsdiskussion mit dem WZ-Chefredakteur und Kommunikationsexperten.

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