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Die ungarische Justizministerin Judit Varga (rechts, hier im Bild mit der finnischen Europaministerin Tytti Tuppurainen) erteilte Brüssel eine Absage.

EU

2. Juni 2021 / 14:15 Uhr

EU hat nun eine offizielle Staatsanwaltschaft: Widerstand aus dem Osten

Eine neue Behörde der EU, die EPPO (European Public Prosecutor’s Office, zu deutsch: Europäische Staatsanwaltschaft) hat zum 1. Juni offiziell ihre Arbeit aufgenommen. Was still im Schatten der Corona-Krise wenig Anklang in den Nachrichten findet, ist ein weiterer großer Schritt der Souveränitätsabgabe Richtung Brüssel. Einige Staaten wehren sich jedoch.

Machtgewinn mit Ansage

Unangekündigt kam das ganze nicht. Wie es in der EU üblich ist, wurde vor vielen Jahren, in diesem Fall 2017, per Verordnung von Brüssel beschlossen, dass es künftig ein neues Machtinstrument der EU geben soll. Es sollte sich um eine EU-Staatsanwaltschaft handeln, die zunächst für Finanzvergehen der Mitgliedsstaaten zuständig ist. Als Frist für die Aufnahme der Arbeit wurde der 1. Juni 2021 gesetzt. Pünktlich zu diesem Datum nahm am Dienstag die erste EU-Staatsanwältin, die Rumänin Laura Kövesi, ihre Arbeit auf.

Österreich schaut zu

Auch wenn der Zuständigkeitsbereich dieser Staatsanwaltschaft stark auf Finanzthemen mit dem Schwerpunkt der Korruptionsbekämpfung eingeschränkt ist, so ist es doch der Grundstein für etwas, was mit den Jahren aufgewertet werden kann. Zwar gibt es noch kein offizielles Strafgesetzbuch der Europäischen Union, bekanntlich noch nicht einmal eine EU-Verfassung, jedoch bilden solche Einrichtungen die Möglichkeit, scheibchenweise über die Zeit immer mehr staatliche Macht nach Brüssel abzugeben. Die meisten Regierungen, wie jene in Österreich oder Deutschland, schauen dabei zumindest nichtstuend zu und nehmen den Verlust der Souveränität in Kauf.

Aufwertung der Behörde Schritt für Schritt wahrscheinlich

Dass dies keine „rechten Verschwörungstheorien“ sind, ist durch zahlreiche Beispiele belegbar. So wurde die ganze EU, die ursprünglich als reine europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet worden war, genauso scheibchenweise, insbesondere durch eine integrationsfreundliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, zur heutigen EU aufgewertet. Viele zentrale Organe wie das Europäische Parlament hatten anfangs nur wenig Befugnisse und sind heute Machtzentren. Wenn davon die Rede ist, dass man eine Staatsanwaltschaft schafft, die nun offiziell über dem nationalen Recht steht, dann müssten eigentlich alle souveränen Regierungen der Mitgliedsstaaten aufhorchen und sich wehren. Die meisten Staaten jedoch begrüßen händeklatschend die weitere Souveränitätsabgabe.

Widerstand aus Ungarn und Polen

Es gibt jedoch auch Widerstand. Fünf der 27 Mitgliedstaaten erteilten Brüssel eine Absage. Sie werden sich nicht der EPPO unterwerfen. Island, Schweden, Dänemark, Polen und Ungarn sehen darin einen Widerspruch mit den Grundpfeilern ihrer Verfassung. Ein großer Teil des Widerstandes ist damit einmal mehr das christlich-konservative Bündnis aus Ungarn und Polen. Wie Ungarn Heute berichtet, erklärte die ungarische Justizministerin Judit Varga:

Die Korruptionsbekämpfung ist sowohl auf europäischer, als auch auf nationaler Ebene äußerst wichtig, aber die Lösung liegt vielleicht nicht in der Schaffung von immer mehr Institutionen. Es gibt andere Rahmenbedingungen, innerhalb derer Korruption angemessen bekämpft werden kann. […] Wir stehen weiterhin mit beiden Beinen auf dem Boden und folgen bei unseren Entscheidungen dem gesunden Menschenverstand.

Wie die EU mit dem Widerstand aus den eigenen Reihen umgeht, bleibt abzuwarten. Polen und Ungarn werden bereits jetzt schon mit Vertragsverletzungsverfahren in anderen Themen bekämpft. Im Kampf um die Bewahrung der Souveränität der europäischen Vaterländer muss man wohl weiterhin hauptsächlich nach Osten blicken.

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