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Besuch des westlich orientierten afghanischen Königs Amanullah Khan 1928 in Berlin, auf dem Foto mit Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Doch der Schein trügt.

30. August 2021 / 11:14 Uhr

Das Bild vom vergangenen „westlichen Afghanistan“ ist trügerisch

Nach dem Abzug der Nato-Truppen hat der Westen in Afghanistan ein zerstörtes Land zurückgelassen, das in wenigen Tagen von den radikal-islamischen Taliban eingenommen wurde. Unzensuriert beleuchtet die Geschichte Afghanistans in einer Serie näher, um zu verstehen, wie es soweit kommen konnte. Heute zeigen wir auf, warum das gern gezeigte Bild vom „westlichen Afghanistan“ aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts trügerisch ist.

Frieden war chaotisch und wechselhaft

Die letzte lange Epoche eines unabhängigen Afghanistan dauerte von 1919 bis 1979 an. Wie unzensuriert berichtete, stand der Staat davor 40 Jahre lang unter britischem Einfluss. Aus der nachfolgenden unabhängigen Zeit werden in Medien oft und gerne Bilder eines westlichen Afghanistan gezeigt. Doch dieser Schein trügt. Die Periode kann insgesamt als chaotisch und wechselhaft beschrieben werden. Zwar gab es immer wieder westliche Herrscher, doch genauso oft wurden diese immer wieder durch radikal-islamische Fundamentalisten gestürzt. Insgesamt waren die Städte mehr der westlichen Kultur zugewandt, das Land jedoch zu keinem Zeitpunkt.

Ein afghanischer König in Berlin

Bereits der erste Herrscher des wieder vollständig unabhängig gewordenen Afghanistan, König Amanullah Khan, versuchte, sein Land stark dem Westen zuzuwenden. In einer ausgedehnten Europareise besuchte er in den 1920er-Jahren zahlreiche Staaten des Westens und kaufte für sein Land Technologie ein. Unvergessen sind die Bilder seines Berlin-Aufenthaltes 1928. Es war der erste Staatsbesuch eines afghanischen Herrschers in Deutschland aller Zeiten.

Medien stellen Afghanistan westlich dar

Auch das Ende des unabhängigen Afghanistan, inzwischen seit 1973 demokratische Republik, wird gerne westlich präsentiert. Es werden Farbbilder aus der Hauptstadt Kabul gezeigt (ähnlich wie aus dem Iran der Siebziger), in denen Menschen in westlicher Bekleidung herumlaufen und keine Frau mit Kopftuch zu sehen ist. Der Zuschauer sieht sogar Frauen in kurzen Röcken. Es wird ein Staat gezeigt, in dem westliche Musik gehört wird, und wo in Kinos westliche Filme laufen. Dieses Idealbild wird dem heutigen radikalen Islam gegenübergestellt.

Strenge Moslems hatten immer Rückhalt

Doch dieser Schein ist mehr als trügerisch. Zwischen den westlichen 1920ern und den 1970ern sind in Afghanistans Geschichte fünfzig Jahre vergangen, über die wenig gesprochen wird. Diese Zeit war geprägt von Chaos und Umstürzen, in der auch deutlich wird, dass ein Großteil der Bevölkerung die Annäherung an den Westen ablehnte. So erhob sich gegen das westliche Herrscherhaus bereits 1929 das Volk. Die streng moslemische Landbevölkerung stürzte den König und errichtete nach Vorbild der Scharia ein streng islamischen Staat. Dieser Umbruch stieß auf keinen großen Widerstand in der Bevölkerung. Nur unter äußerst harter Anwendung von Gewalt und einer Abkehr von westlicher Politik konnte das Herrscherhaus seine Macht wieder erlangen.

Gesellschaft war nie einheitlich westlich

Auch die folgenden Jahrzehnte waren immer wieder von Konflikten um die Orientierung Richtung Westen und von der Stellung des Islam geprägt. Begleiterscheinungen waren ständige Putsche und Systemwechsel. Könige wurden ermordet, schließlich wurde Afghanistan 1973 eine demokratische Republik. Doch auch hier war der Konflikt im Parlament um die Stellung der Religion von Anfang an eines der wichtigsten Themen. Alles in allem kann man festhalten, dass es eine einheitliche westliche Gesellschaft nie gegeben hat. Die Landbevölkerung lebte stets nach streng islamischen Gesetzen. Wenn sich die Herrscher zu sehr von der Religion abkehrten, wurden sie beseitigt.

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