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Laut einem Medium kassiert eine rumänische Pflegerin mehr als 1.500 Euro Pension, obwohl sie nur wenige Monate in Österreich gearbeitet hat.

4. März 2022 / 08:24 Uhr

Nur wenige Monate in Österreich gearbeitet: Pflegerin kassiert fette Mindestpension von über 1.500 Euro

Für große Verwunderung sorgte bei Lesern ein Heute-Artikel, aus dem hervorgeht, dass eine Pflegerin für nur wenige Monate Arbeit in Österreich eine Mindestpension von 1.522,32 Euro kassiert. Dazu kommt, dass ihr auch noch eine großzügige Nachzahlung von 29.304,26 Euro zusteht. Grundsätzlich hätte ihr die in Österreich zuständige Pensionsversicherungsanstalt, die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen, für ihre wenigen Beitragszeiten eine Pension von monatlich 41,40 Euro gewährt, was vollkommen ausreichend ist. Denn ihr steht laut dem Artikel auch eine Pension in Rumänien in der Höhe von 104,21 Euro zu.
Leser fordert Aufklärung
„Unglaublich! Nach nur 6 Jahren casht die ab, als hätte sie Jahrzehnte ins System eingezahlt! Wie geht das? Bitte um Aufklärung lieber Sozialstaat!“, schreibt ein Heute-Leser.
Unzensuriert.at klärt auf. Möglich wird das – wie kann es auch anders sein – durch die EU. Konkret durch die EU-Verordnung 883/2004, die schon bei Familienleistungen für massive Schwierigkeiten sorgt, weshalb das Gesetz in diesem Bereich abgeschafft gehört. Außerdem spielt noch die Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38 eine Rolle.
Von der Anmeldebescheinigung zum Daueraufenthalt
Die Richtlinie besagt, dass ein EU-Bürger drei Monate in einem anderen Mitgliedstaat leben darf – ohne, dass dies ein Problem darstellt. Will die Person länger in dem Staat leben, braucht sie eine Anmeldebescheinigung. Die bekommt man aber nur, wenn man einen Krankenversicherungsschutz hat. Außerdem bedarf es einer Erwerbstätigkeit, oder aber, die Person kann nachweisen, dass sie im Mitgliedstaat leben kann, ohne auf Sozialhilfeleistungen angewiesen zu sein. Andernfalls muss sie das Land verlassen. Man spricht von einer Ausweisung. Schafft es jedoch die Person, fünf Jahre lang im Staat rechtmäßig zu leben, darf sie einen Daueraufenthalt beantragen. Bekommt sie diesen, dann hat sie auch Anspruch auf alle Leistungen des Staats wie alle anderen Bürger. Somit auch der Mindestsicherung.
In der Praxis heißt das:
Eine rumänische Putzfrau arbeitet faktisch ihr ganzes Leben in Rumänien. Fünf Jahre bevor sie plant, in Pension zu gehen, schaut sie, dass sie in Österreich eine Arbeit bekommt. Sie beantragt in Österreich eine Anmeldebescheinigung und nach fünf Jahren den Daueraufenthalt. Von Rumänien bekommt sie eine niedrige Pension, da die dortigen Lohnverhältnisse jenseits von Gut und Böse liegen. Von Österreich bekommt sie auch eine niedrige Pension.
Allerdings steht ihr auch die Ausgleichszulage zu, wenn sie insgesamt 30 Versicherungsjahre vorweisen kann. Sind es 40 Jahre, steht ihr noch mehr Geld zu.
Und damit auch Ausländer wirklich das Geld kassieren dürfen, sorgt die EU-VO 883/2004. Dort heißt es:

Gewährung einer Zulage
(1) Ein Leistungsempfänger, auf den dieses Kapitel Anwendung findet, darf in dem Wohnmitgliedstaat, nach dessen Rechtsvorschriften ihm eine Leistung zusteht, keinen niedrigeren Leistungsbetrag als die Mindestleistung erhalten, die in diesen Rechtsvorschriften für eine Versicherungs- oder Wohnzeit festgelegt ist, die den Zeiten insgesamt entspricht, die bei der Feststellung der Leistung nach diesem Kapitel berücksichtigt wurden.
(2) Der zuständige Träger dieses Mitgliedstaats zahlt der betreffenden Person während der gesamten Zeit, in der sie in dessen Hoheitsgebiet wohnt, eine Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der Summe der nach diesem Kapitel geschuldeten Leistungen und dem Betrag der Mindestleistung.

Da hat die EU wieder etwas angerichtet. Neu ist allerdings im Heute-Artikel über die Pflegerin, dass eine durchgängige Dauer in einem Staat nicht notwendig ist, um einen Daueraufenthalt zu erhalten. Es genügt, wenn man sich sechs (!) Monate im betreffenden Staat pro Jahr aufhält. So haben die Gerichte entschieden.
Problem seit Jahren bekannt
Außerdem soll noch darauf hingewiesen werden, dass immer mehr Ausländer das System durchschaut haben. Unzensuriert.at hat zuletzt im November 2019 darüber berichtet. Denn die FPÖ hat damals die Daten abgefragt. Dank einer Anfrage der FPÖ-Politikerin Rosa Ecker gibt es nun aktuelle Daten.
Mit Stand Dezember waren es 1.184 Personen, denen die sogenannte EWR-Ausgleichszulage zustand. Das ist zwar ein leichter Rückgang, der allerdings nicht unbedingt auf Todesfälle zurückzuführen sein muss. Es gibt zahlreiche Ausländer, die offiziell angeben, in Österreich hauptwohnsitzgemeldet zu sein, allerdings in einen anderen Staat ziehen, wo sie aufgrund der dort niedrigen Kaufkraft wie Gott in Frankreich leben. Kommt Österreich dahinter, drohen harte Strafen.
EU-Gesetze endlich überarbeiten
Am besten wäre es, wenn das Problem an der Wurzel gepackt wird, und die fehlerhaften EU-Gesetze modernisiert werden, damit auch der rumänischen Pflegerin tatsächlich nur jene Leistung zusteht, die sie sich erarbeitet hat.
 
++++ Nachtrag ++++
Unzensuriert.at hat nach langem Suchen das höchstgerichtliche Urteil gefunden, das den aktuellen Fall umfassen dürfte und wie folgt abrufbar ist. Die Pflegerin war jedenfalls nicht fünf Jahre durchgängig in Österreich. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien ist offenbar nicht öffentlich abrufbar. Unzensuriert.at hat Zweifel daran, ob der Pflegerin selbst wenn sie insgesamt 40 Jahre gearbeitet hätte tatsächlich eine solch hohe Pension zusteht.

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